Zugegeben: Es ist schon etwas ungewohnt, in einen MAN-12-Tonner zu steigen und als Beifahrer links Platz zu nehmen, während sich der Fahrer rechts ans Steuer setzt. Seit Anfang des Jahres ist diese Situation für Thomas Kreß von der Stadtreinigung Neu-Ulm Arbeitsalltag – schließlich befindet sich nur an der rechten Seite seiner Großkehrmaschine ein Tellerbesen. Beinahe täglich lenkt der 50-Jährige das große, orangefarbene Gefährt, ausgestattet mit einem FAUN Viajet, durch die Straßen und über die Plätze der schwäbischen Kreisstadt. „Ich putze überall da, wo ich mit der Großkehrmaschine hinkomme“, erklärt Kreß. An diesem Vormittag geht es vom Gelände des Baubetriebshofs in Richtung Innenstadt. Dort angekommen schaltet der 50-Jährige an seinem Bedienpult auf den Kehrmodus: Der seitliche Tellerbesen der Großkehrmaschine positioniert sich am rechten Fahrbahnrand. „Jetzt nehmen wir noch ein bisschen Wasser dazu, damit es nicht staubt“, erklärt Kreß. Gesagt, getan. Schon setzt sich das Fahrzeug wieder in Bewegung. „Es ist jetzt halt ein bisschen laut“, entschuldigt sich der Familienvater und lenkt seinen LKW mit rund acht Kilometer die Stunde die Straße entlang.
„Je schneller ich fahre, desto ungenauer wird gereinigt“, weiß Kreß. Doch wegen dieser langsamen Geschwindigkeit ist er für viele Autofahrer an diesem Vormittag oftmals eines: ein Hindernis, das ihrem zügigen Vorankommen im Weg steht. Immer wieder wird der 50-Jährige bei seiner Arbeit haarscharf überholt. Doch Kreß lässt sich dadurch nicht aus der Ruhe bringen. „Die Autofahrer stören mich nicht“, sagt er und fügt hinzu: „Außer, wenn sie aus unübersichtlichen Stellen kommen und dann an mir vorbeifahren.“ Nicht umsonst ist er die ganze Fahrt über voll und ganz auf seine zahlreichen Außenspiegel rechts und links konzentriert. Auf diese Weise hat Kreß nicht nur den Verkehr im Blick. Er sieht auch genau, ob seine Großkehrmaschine den Müll und Splitt auf der Straße ordentlich entfernt. Während der seitliche Tellerbesen den Dreck weg vom Straßenrand zum Fahrzeug transportiert, führt die Kehrwalze dahinter den Unrat direkt dem Saugschacht zu. Rund fünf Kubikmeter an Schmutz fasst der FAUN-Sammelbehälter. Die Öffnung hat dabei die Größe eines Kopfes. Kurzum: Die Großkehrmaschine kann so ziemlich alles aufsaugen. Nur einmal musste sie kapitulieren. „Da hat sich beim Reinigen vom Pflaster ein Knochenstein gelöst. Und der hat sich dann im Schlauch verheddert“, erinnert sich der 50-Jährige. Da daraufhin die Saugleistung nachließ, bemerkte er das Problem sofort.
Zugeparkte Straßen erschweren Arbeit mit Großkehrmaschine
Die Großkehrmaschine biegt in ein Industriegebiet ein. „Hier gibt es bekannte Straßen, wo viel Müll liegt“, berichtet Kreß. Heute hält sich die Verschmutzung allerdings in Grenzen. „Eigentlich sieht es hier überall immer so aus“, sagt er und zeigt auf die weggeworfenen Plastikbecher und den Verpackungsmüll am Straßenrand. Da die Autos Stoßstange an Stoßstange parken, ist es für den Straßenreiniger fast unmöglich, hier sauber zu machen. Solche Gebiete fährt der 50-Jährige deshalb am liebsten gleich in der Früh ab, wenn kaum Autos im Weg stehen. Je nach Witterung startet die Stadtreinigung Neu-Ulm meist ab Mitte März ihren Frühjahrsputz. „Wir geben dann in den Ortsteilen Bescheid, in der Hoffnung, dass die Straßen weniger zugeparkt sind“, sagt Kreß. Damit die Sauberkeit in der Stadt auch bei Krankheitsausfällen oder in der Urlaubszeit durch die Vertretungen gewährleistet werden kann, hat jeder der insgesamt 17 Straßenreiniger – egal ob bei der maschinellen oder Handreinigung – sein festes Einsatzgebiet. Am Tag reinigt Kreß rund 30 bis 35 Kilometer an Straßen. „Früher wäre mir der ganze Dreck in den Städten gar nicht aufgefallen“, gibt der 50-Jährige zu. Seit er aber bei der Straßenreinigung Neu-Ulm angestellt ist, achte er in anderen Städte auch auf die Sauberkeit, vor allem in den Parks. An der Einfahrt zu einem Kreisverkehr fällt ihm links am Fußgängerübergang eine ganze Ansammlung an weggeworfenen Zigarettenkippen auf. „Die kann ich leider nicht aufsammeln“, sagt er. Dafür müsste seine FAUN-Kehrmaschine auch links mit einem Tellerbesen ausgestattet sein. „Das muss dann eine der Kleinkehrmaschinen machen.“ Zu gerne hätte Kreß an seiner Großkehrmaschine sowohl rechts als auch links einen Kehrbesen. „Und einen anderen Spiegel links, wegen der Sicherheit. Man sieht hier teilweise wenig, weil hinten alles verbaut ist“, berichtet Kreß, während wie aus dem Nichts von hinten ein Fußgänger auftaucht und vorbeiläuft.
So unkompliziert das Arbeiten mit seiner Großkehrmaschine auch ist, bei einer bestimmten Wetterlage gibt es dann doch Probleme: bei Regen. „Da die Maschine kein Ablaufventil besitzt, wäre der Behälter in kürzester Zeit voll“, erklärt Kreß. Denn die Saugleistung der FAUN Viajet sei so stark, dass damit sogar ganze Pfützen geleert werden können. „Deshalb fahre ich lieber, wenn es trocken ist“, sagt der 50-Jährige. Im Normalbetrieb muss er in der Regel täglich zweimal seinen Sammelbehälter leeren. Dies geschieht auf dem Gelände eines Fachbetriebs für Entsorgung. Mit dem Bedienelement, das sich in einem kleinen Fach im Kehrmaschinenaufbau befindet, öffnet Kreß die hintere Klappe und beginnt damit, den Behälter zu kippen, so dass der gesammelte Müll und Dreck hinausfallen kann. Wieder zurück beim Baubetriebshof Neu-Ulm wartet dort schon Stefano Sercis mit seiner blauen Kleinkehrmaschine von Mathieu. Der 46-Jährige ist für die engen Straßen und Wege im Zentrum zuständig. „In der Innenstadt liegt der meiste Dreck, deswegen hat man eine Kleinkehrmaschine dort drei Tage fest eingeteilt“, erzählt er, während es mit 50 Kilometer pro Stunde an den Busbahnhof im Zentrum geht.
Kleinkehrmaschine oder auch „größter Aschenbecher Neu-Ulms“
Hier justiert Sercis ebenfalls zunächst einmal die beiden vorderen Tellerbesen seiner Maschine. „Sie sind jetzt auf ‚schwimmend‘ eingestellt. Das heißt, die Besen gehen mit den Unebenheiten des Bodens mit“, erklärt der gebürtige Italiener. Noch schnell den Hydrostat-Antrieb eingeschalten, schon schlängelt er sich mit seiner Kleinkehrmaschine zwischen den Passanten hindurch und sammelt jede Menge Zigarettenkippen ein. „Ich sage immer: Meine Maschine ist der größte Aschenbecher Neu-Ulms“, erzählt Sercis und lacht. Für die Sicherheit bei dieser Arbeit sorgen gleich mehrere Ausstattungsdetails des Fahrzeugs, angefangen von einer Rückfahrkamera, über Seitenspiegel bis hin zu den großen Scheiben des Fahrerhauses. Auf einem Monitor, der den Blick unter die Maschine zeigt, kann der 46-Jährige genau beobachten, ob auch sämtlicher Dreck von der Mathieu aufgenommen wird. Insgesamt 1,5 Kubikmeter fasst der Sammelbehälter seiner Kleinkehrmaschine. „Es kann einen Tag dauern, bis er voll ist, aber auch nur fünf Minuten“, weiß Sercis. Vor allem im Frühjahr, wenn der gesamte Wintersplitt von den Geh- und Radwegen entfernt werden muss, ist er nonstop mit Ausleeren beschäftigt. Doch die Anweisung dafür hat er noch nicht erhalten – der Splitt muss also weiter liegenbleiben. „Die Öffnung zum Sammelbehälter ist bei meiner Maschine genauso groß wie bei einer Großkehrmaschine“, sagt Sercis und fügt hinzu: „Da passt alles rein: Flaschen, größere Papierbecher, etc. “ Zusätzlich ist die Mathieu noch mit zwei Wassertanks ausgestattet. „Ich arbeite viel mit Wasser, wegen des Feinstaubs“, berichtet er. Das sei vor allem bei Einsätzen in der Innenstadt, wo viele Passanten direkt an der Maschine vorbeilaufen, ungemein wichtig. Doch gerade der Gebrauch von so viel Wasser, macht den Einsatz bei Minusgraden beinahe unmöglich. Laut Hersteller könne man die Maschine bis -5 Grad verwenden. „Ansonsten gefrieren Wassertank und Pumpe ein“, sagt Sercis.
Nach dem Busbahnhof geht es weiter in eine Seitenstraße. Dort entdeckt der 46-Jährige in einer Parkbucht jede Menge Glasscherben, direkt am Rand des Gehsteigs. Er fährt mit seiner Kompaktkehrmaschine zwischen den parkenden Autos bis ganz nach vorne und schalten die beiden vorderen Besen ein. Über den Monitor sieht man alle Scherben im inneren der Kleinkehrmaschine verschwinden. Immer wieder zwängt sich Sercis an diesem Nachmittag mit seinem blauen Gefährt in die engsten Lücken hinein, um sie zu säubern. „Das geht nur, weil ich zwei, statt drei Besen vorne habe“, berichtet er stolz. Vor allem auch deshalb, weil ihm der Baubetriebshof bei der Wahl der Maschine vor zwei Jahren ein großes Mitspracherecht einräumte. Mehrere Vorführmodelle hat er damals ausprobiert. Seine Wahl fiel schließlich auf den kleinen Franzosen. „Der hat alles was ich brauche: Klimaanlage, Servolenkung, gefederter Sitz, Freisprecheinrichtung, Rückfahrkamera, Euro 6 mit AdBlue“, zählt der 46-Jährige auf. Da bei der Stadtreinigung Neu-Ulm jede Maschine fest einem Mitarbeiter zugeteilt wird, darf dieser bei einer Neuanschaffung auch mitentscheiden. Gleichzeitig ist er dann aber auch für „sein“ Arbeitsgerät verantwortlich. Einen kleinen Wunsch hinsichtlich der Ausstattung verrät Sercis dann doch noch: „Ich hätte gerne einen kleinen Monitor über dem jetzigen, der die ganze Zeit den Blick nach hinten zeigt.“ Denn der Bildschirm im Mathieu schaltet nur dann auf die Rückfahrkamera um, wenn er den Rückwärtsgang einlegt. Sollte er dafür eine Genehmigung erhalten, will Sercis den Monitor dann zusammen mit seinen ehemaligen Kollegen aus der Baubetriebshof-Werkstatt selbst einbauen.
Letzter Akt des Tages: Kehrmaschinenreinigung
Der 46-Jährige setzt seine Fahrt durch Neu-Ulm fort. Es geht entlang des Donau-Ufers, in den Glacispark und hinein in Unterführungen. Mit seinem geschulten Blick entdeckt der Straßenreiniger jeden noch so kleinen Dreck. „Es ist ein gewisser Ehrgeiz, den man entwickelt“, sagt er. „Man will sein Gebiet sauber halten und gute Arbeit leisten.“ Schließlich seien die Ergebnisse ja für jedermann sichtbar. Kurz vor Feierabend muss dann auch der 46-Jährige mit seiner Kompaktkehrmaschine zum Entsorgungsfachbetrieb, um den Sammelbehälter zu entleeren. Wieder am Baubetriebshof angekommen, steht der letzte Akt des Tages auf dem Programm: die Reinigung der Kehrmaschine. Dafür wurde auf dem Gelände extra ein separater Platz mit einem Feuerwehrschlauch eingerichtet. Hier treffen wir auch wieder auf Thomas Kreß und seine FAUN-Kehrmaschine. Er ist gerade dabei, den Sammelbehälter gründlich auszuspülen. „Die Reinigung dauert immer so rund 20 Minuten“, sagt Kreß. Anschließend füllt er auch seinen 900-Liter-fassenden Wassertank wieder auf. Einmal wöchentlich werden zudem sämtliche Schmierstellen der Maschine behandelt und in regelmäßigen Abständen auch die Wasserdüse sowie der Filter der Kehrmaschine gereinigt. Denn nur so sind Groß- und Kleinkehrmaschine am nächsten Tag wieder einsatzbereit, um für saubere Straßen, Wege und Plätze in Neu-Ulm zu sorgen.
Fakten zur Stadtreinigung Neu-Ulm
Leitung der Stadtreinigung: Hans-Jürgen Friede
Anzahl der Mitarbeiter: 18; 5 bei der maschinellen Reinigung, 12 Handreiniger und 1 Person in der Verwaltung
Aufgabenbereich: Die Handreiniger erledigen das Reinigen von 207 Bushaltestellen, 59 Buswartehallen, 72 Kinderspiel-, Skater- und Volleyballplätzen, 4 Naherholungsgebieten (Glacispark, Ludwigsfeld, Pfuhl, Offenhausen), 92 km Wanderwegen mit den dazugehörigen Einrichtungen, 8 Unterführungen sowie 5 städtischen Infotafeln. Zudem sind sie für das Entleeren von 379 Abfallbehälter im Stadtgebiet zuständig. Die Fahrer der Kehrmaschinen säubern 103 km an Straßen als gebührenpflichtige und 121 km als hoheitliche Aufgabe von Unrat. Zudem reinigen sie rund 82 km Radwege. Weitere Einsätze erfolgen beim Reinigen der städtischen Friedhöfe mit Parkplätzen, der städtischen Schulhöfe, des Jugendverkehrsübungsplatzes, des Parkplatzes beim Edwin-Scharff-Haus sowie beim Sportzentrum, von Baustellenverschmutzungen sowie von Ölspuren und Unfällen zusammen mit der Feuerwehr (Tag- und Nachteinsätze). Zudem kümmern sie sich um das Abkehren des Wintersplitts im ganzen Stadtgebiet. Während der Sommermonate beseitigt zudem ein Mitarbeiter mit einem Heißwassergerät den Grünbewuchs in Straßenkanten und auf Radwegen.
Ausstattung des Fuhrparks: 2 Mercedes-Doppelkabiner, 3 Fiat Doblo-Pritschenfahrzeuge, 1 Piaggio Kleintransporter, 4 Kehrmaschinen (Mathieu, MAN mit Faun Viajet, Bucher-Schörling, Ladog) mit Sammelbehältern von 1,5 bis 5 Kubikmeter sowie 1 Tremo mit Wasserfass und Kehrwalze.
Verantwortungsbereich: Neu-Ulm umfasst eine Fläche von knapp 81 Quadratkilometer. Das Stadtgebiet ist in 7 Reinigungsbezirke unterteilt, plus einen Mitarbeiter für flexible Soforteinsätze (Feuerwehr) und einen Springer.
Text/Bilder: JG – Redaktion Bauhof-online.de