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Interview-Reihe 2018: Mehr als nur der Standard – Kehrmaschinen von bema ähneln einem Baukasten

Das Familienunternehmen produziert seit knapp 30 Jahren Anbaugeräte zum Kehren, Schieben und Wildkraut beseitigen. Individuelle Kundenwünsche werden besonders berücksichtigt. Und manchmal wird aus einer Sonderanfertigung auch ein Serienprodukt

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Von: Jessica Gsell

Ob Weltkonzern oder mittelständisches Unternehmen – es ist gerade die Vielfalt an Herstellern von kommunalen Maschinen und Geräten, die den Markt für die Nutzer so interessant macht. Doch welche Erfolgsgeschichte steckt eigentlich hinter dem Unternehmen? Wo nehmen sie ihre Ideen und Inspirationen her? Und auf welche Produkte können sich unsere Leser in Zukunft freuen? In unserer Interview-Reihe 2018 stellen wir Ihnen dazu in regelmäßigen Abständen die unterschiedlichsten Betriebe vor. Diesmal richtet sich unser Blick in die niedersächsische Gemeinde Voltlage-Weese. Hier sitzt die bema GmbH Maschinenfabrik, die für ihr breites Produktportfolio an Anbaumaschinen bekannt ist. 2017 brachte das Familienunternehmen mit ihrem Baukasten-Prinzip etwas völlig Neues auf den Markt. Über den Erfolg dieser Innovation sprachen wir mit bema-Geschäftsführerin Sonja Koopmann (45). Im Interview verrät sie außerdem, wie der Weg von der Hufschmiede zum Kehrmaschinenbau aussah, weshalb das Thema umweltschonende Wildkrautbeseitigung noch immer auf der Agenda steht und warum ein Onlineshop für die Anbauprodukte eher kontraproduktiv wäre.

Frau Koopmann, welche Geschichte steckt hinter dem Familienunternehmen bema?

1940 fing mein Großvater mit einer Hufschlagschmiede an. Es war Krieg und er hatte sozusagen Heimatfrontdienst als Schmied. Nach dem Krieg gab es für ihn bei den Landwirten viel zu reparieren. Anfang der 70er Jahre ist dann mein Vater, Günther Berens, mit in die Firma eingestiegen. Zu diesem Zeitpunkt hatte mein Großvater aber bereits in eine elektrische Drehmaschine investiert, um auch hochwertigere Arbeiten verrichten zu können. Außerdem wurden schon hier und da Landmaschinen an die Bauern verkauft. Diesen Bereich hat mein Vater weiter ausgebaut, was Anfang der 70er Jahre ein großer Meilenstein war. Es folgte der Bau einer Ausstellungshalle, die später als Produktionshalle diente. Es wurden dann auch Zulieferarbeiten für diverse Landtechnikhersteller sowie die deutsche Bahn verrichtet. Zudem hat man den Landmaschinenhandel weiter aufgebaut. Mitte der 80er bis Anfang der 90er Jahre war es für bema sehr schwierig in der Landtechnik und im -handel, da es zu dieser Zeit sehr viele kleine Händler gab, die alle irgendwo aus einer Schmiede hervorgegangen sind. Durch einen Zufall erhielt meine Familie irgendwann die Anfrage für eine Kehrmaschine, die man dem Landwirt dann auch ausgeliefert hat. Mein Vater hat sich nach diesem Auftrag ein bisschen umgesehen. Er kam zu dem Schluss, dass man an der Kehrmaschine noch etwas verbessern und den Bereich noch größer aufziehen kann. Anfangs liefen der Landmaschinenhandel und die Herstellung von Kehrmaschinen noch parallel. 1993/94 wurde dann aber die gesamte Landmaschinenschiene beendet. Man konzentrierte sich ab da voll und ganz auf die Herstellung von Anbaukehrmaschinen. Im Jahr 2003 folgten dann die Anbauschneeschilder.

Wo finden Ihre Anbaumaschinen heute überall Verwendung?

Wir sind in allen Wirtschaftszweigen vertreten. Überall dort, wo ein Trägerfahrzeug und eine Fläche zum Säubern bereitstehen. Das kann in einer Kommune sein, in der Landwirtschaft, der Bauwirtschaft, auf Flughäfen, Pferdehöfen oder auch in Industriebetrieben, wie wir einer sind – wir haben ja auch sehr viele Flächen, die gereinigt werden müssen.

Welche Bedeutung hat für bema unter allen Wirtschaftszweigen der Kommunalbereich?

Unsere Anbaugeräte kommen häufig in kleineren Kommunen zum Einsatz und hier vor allem bei der Reinigung von Geh- und Radwegen. Gerade in diesem Kleinfahrzeugbereich legte das Kommunale an Bedeutung zu. Insgesamt hat sich in den letzten 15 Jahren die Gewichtung verändert. Anfänglich lag der Schwerpunkt bei bema noch auf der Land- und Bauwirtschaft. Heute sind alle Bereiche ziemlich gleich. Unsere Kehrmaschinen kann man beispielsweise auch sehr gut im Winterdienst einsetzen, vor allem in Norddeutschland, wo es in der Regel kaum große Schneemassen gibt. Hier lässt sich der Schnee besser mit einer Kehrmaschine wegfegen, als mit einem Schneeschild räumen.

Welche Produkte von bema kamen zuletzt auf den Markt?

Das letzte, was wir vergangenes Jahr auf der Agritechnica als Neuheit vorgestellt haben, war das Baukasten-Prinzip mit den Produkten bema 20 und 25, welche wir so verändert haben, dass man dort jetzt auch ein Dualsystem einsetzen kann. Wir haben hier Kehrmaschinen mit einer Sammelwanne, in die man den Schmutz hineinkehren kann – das ist aber noch nichts Besonderes. Beim Dualsystem lässt sich die Sammelwanne öffnen, so dass der Kunde dann sofort freikehrend arbeiten kann. Das war bei diesen beiden Modellen, die bei uns schon länger im Portfolio sind, bislang nicht der Fall – hier musste die Sammelwanne immer abgebaut werden und stand dann irgendwo herum. Mit dem Dualsystem lässt es sich jetzt flexibler arbeiten. Welche Ausstattung der Kunde bei der bema 20 oder 25 wünscht, kann er frei entscheiden – deshalb auch die Bezeichnung Baukasten. Er kann ganz einfach mit einer freikehrenden Maschine ohne Sammelwanne starten und dann sukzessiv aufrüsten – beispielsweise mit der einfachsten Variante, bestehend aus einer normalen Sammelwanne und einer Seilzugentleerung. Einen größeren Komfort erhält er mit der Entleerung über einen Hydraulikzylinder, die man auch vom Trägerfahrzeug aus bedienen kann. Und die dritte Stufe ist dann das Dualsystem: Hier gibt es nicht nur eine neue Wanne, auch die Funktionen Freikehren und Schmutzaufnahme lassen sich in einer Maschine vereinen. Der Kunde kann auch hinterher jederzeit um- oder nachrüsten. Die Resonanz auf das Baukastenprinzip ist sehr gut.

Und wie sieht die Resonanz beim bema Groby light aus, der vor zwei Jahren auf den Markt kam?

Das Thema Wildkrautbeseitigung ist nach wie vor ein großes Thema. Nicht nur die unterschiedlichen Anbieter, sondern auch verschiedenste Systeme werden von den Anwendern gegenübergestellt. Im Vergleich zum Spritzen mit Gift ist jedoch jede andere Lösung mit einem höheren und wiederholten Pflegeaufwand verbunden. Durch Vorführungen lassen sich daher Kommunen und andere Interessenten das Handling und die Reinigungsergebnisse häufig erst demonstrieren. Ein hoher Aufwand, der sich für uns aber in den meisten Fällen lohnt. Mit den Vorführungen allein ist die Entscheidung meistens jedoch noch nicht gefallen. Kommunen beleuchten neben den Anschaffungskosten auch den benötigten Personalbedarf. So ist es nicht verwunderlich, dass der Entscheidungsprozess in diesem Produktbereich leider länger dauert. Der bema Groby light hat sich seit der Markteinführung bereits an den unterschiedlichsten Trägerfahrzeugen bewährt: am Kompaktschlepper, Hoflader, Stapler oder an Kommunalfahrzeugen. Aufgrund der wachsenden Nachfrage haben wir daher die Anbauvarianten und die Ausstattungskomponenten des bema Groby light stetig erweitert. So bieten wir seit dem letzten Jahr auch Lösungen für Minibagger und Frontmäher an. Bei größeren Radladern und Baggern kommt dann der bema Groby, die größere Variante, zum Einsatz. Darüber hinaus haben wir noch eine Wildkrautbürste im Programm, die als optionale Ausstattung in unsere Kehrmaschinen eingebaut werden kann. Hier schafft der Kunde dann natürlich eine größere Flächenleistung. Mit unserer bema Wildkrautbürste lässt sich außerdem der Dreck, den die Bürste zuvor ausgekehrt hat, sofort aufsammeln. Diese Möglichkeit besitzt keine andere Lösung.

Wo nehmen Sie überhaupt Ihre Ideen für solche Neuentwicklungen her?

Da gibt es verschiedene Wege. Wir vertreiben unsere Produkte nur über den Handel und haben oft nicht den direkten Kontakt zum Endkunden. Deshalb sind wir auf vielen Messen vertreten. Wir haben dort die Möglichkeit, mit dem Endkunden direkt zu sprechen. Zudem schauen wir natürlich, was es an gesetzlichen Vorgaben gibt, wie das z.B. beim bema Groby im Hinblick auf die chemiefreie Wildkrautvernichtung der Fall war. Außerdem stehen wir bei fast jedem Geschäft im Dialog mit dem Kunden bzw. mit dessen Händler. Denn im Alltag ergeben sich oftmals besondere Problematiken. Hier versuchen wir dann, für den Kunden individuelle Lösungen zu finden. Aus diesen individuellen Sonderlösungen ergeben sich dann sogar Serienprodukte.

Gibt es ein Beispiel für ein solches Produkt, das bema anschließend in Serie produziert hat?

Beispielsweise unsere Aufkratzvorrichtung, die man anstatt der Sammelwanne vor eine Kehrmaschine bauen kann. Die kommt hauptsächlich im Baubereich zum Einsatz: Wenn die LKW z.B. aus einem Steinbruch herausfahren, nehmen sie immer Dreck mit. Anschließend muss dort die Straße gereinigt werden. Früher hat man das einfach mit einem Radlader gemacht und mit der Schaufel über die Straße gekratzt. Den Dreck hat man damit zwar weggeschoben, richtig sauber war es aber nicht. Unsere Aufkratzvorrichtung arbeitet im Grunde ähnlich. Der Unterschied ist jedoch, dass sich die Zinken der Aufkratzvorrichtung optimal an die Oberfläche anpassen. Für eine gründliche Reinigung kann der Dreck zudem sofort zur Seite weggefegt werden. Die Aufkratzvorrichtung war zunächst nur eine Sonderanfrage. Mittlerweile haben wir sie in die Standardpreisliste aufgenommen. Man kann das Ganze noch mit einer Hochdruckspülanlage ergänzen, bei der Wasser mit bis zu 120 bar pro Düse auf die Straße ausgebracht werden kann. So wird die Fläche porentief gereinigt.

Haben sich die Produktansprüche der Kunden in den vergangenen Jahren verändert?

Auf jeden Fall. Wir haben vor fast 30 Jahren angefangen. Damals war das Produkt Kehrmaschine noch ein recht neues. Es gab wohl schon Kehrmaschinen – typischerweise aus der Land- und der Bauwirtschaft. Allerdings nur ein, zwei Modelle von einigen wenigen Anbietern. Dazu kommt, dass erst Ende der 80er, Anfang der 90er Jahre viele Flächen versiegelt wurden, so dass man überhaupt eine Kehrmaschine gebraucht hat. Auch die gesetzlichen Vorgaben sind teilweise erst in den letzten 20 Jahren dazugekommen, wie die, dass eine Baustelle immer sauber gehalten werden muss. Ein schönes Beispiel ist hier der Flughafen München: Da liefern wir schon seit fast 20 Jahren die bema Airport mit einer Kehrbreite von 3,50 Metern hin – eine ganz normale Kehrmaschine, nur eben etwas breiter und mit einer speziellen Schneekehrwalze. Da der Flughafen in München immer größer wurde, kam dann vor rund sechs Jahren die Anforderung nach einer höheren Flächenleistung. Man sollte mit der Kehrmaschine schneller fahren und eine höhere Umdrehung und Geschwindigkeit erzielen können. Also haben wir die bema Jumbo Airport Turbo entwickelt. Ganz allgemein ist der Kunde, was Qualität und Komfort angeht, anspruchsvoller geworden. Gleichzeitig steigt der Preisdruck, weil sich die Kunden im Vorfeld bereits über das Internet informieren. Dennoch bieten wir keinen Onlineshop an, weil der Kauf einer Kehrmaschine eine individuelle Beratung voraussetzt. Man muss den Anwendungsfall, aber auch das Trägerfahrzeug kennen. Denn eine Kehrmaschine ist ein Investitionsgut, das bis zu 15 Jahre im Einsatz sein soll. Wird hier das Falsche gekauft, nur weil es günstiger war, fällt das irgendwann auf den Namen bema zurück.

Welches Ihrer Produkte ist bislang das am meisten verkaufte?

Das ist aktuell in der Tat das Baukasten-Prinzip. Im Jahr produzieren wir 3.000 bis 4.500 Einheiten, davon macht der Bereich „Baukasten“ knapp ein Drittel aus. Das schwankt aber auch immer. Eine Zeit lang waren beispielsweise die Einstiegsmodelle rückläufig. Die haben aber in den letzten Jahren wieder einen Aufwind erfahren, weil sie oft an kleinen Hof- oder Radladern eingesetzt werden. Der Verkauf unserer Schneeschilder ist ein Saisongeschäft und stark von der Witterung abhängig.

Wo auf der Welt kommen Ihre Anbaukehrmaschinen überall zum Einsatz?

Momentan ist so ungefähr 60 Prozent Export und 40 Prozent fürs Inland. Am stärksten sind alle europäischen Länder, die an Deutschland angrenzen. Hier arbeiten wir mit Importeuren zusammen. Zudem gibt es auch Projekte in Ländern wie Russland, China oder auch Neuseeland und Südafrika. In China arbeiten wir z.B. mit einem Händler zusammen, der Flughäfen betreut. Der verkauft unsere bema Jumbo in Winterdienstausführung dorthin, um die Landebahn zu räumen.

Was zeichnet Ihrer Meinung nach die Produkte von bema aus?

Wir bieten das komplette Portfolio. Die größte Maschine die wir bauen ist die Flughafenkehrmaschine mit 5,25 Metern und die kleinste die bema Kommunal 400. Außerdem verkaufen wir nicht von der Stange, sondern gehen auf die individuellen Wünsche des Kunden ein.

Auf welche Produkte können sich Ihre Kunden in naher Zukunft freuen?

Wir nutzen Leitmessen wie in diesem Jahr die GaLaBau und die Eurotier als Plattform, um dort Neuheiten zu präsentieren. Deshalb werden wir auf der GaLaBau im September auch etwas Neues vorstellen – mehr möchte ich darüber aber noch nicht verraten.

Fakten zu bema:

- Anzahl der Mitarbeiter: +/- 50
- Geschäftsführerin: Sonja Koopmann
- Sitz: Voltlage-Weese
- Gründungsjahr: 1940
- Produktionsfläche: ca. 17.000 m2 überdachte Fläche

Interview: JG – Redaktion Bauhof-online.de

Bilder: bema GmbH Maschinenfabrik


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