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Wetter extrem in Seelow: Wasserwagen statt Wildkrautbekämpfung

Seit April hat es in der brandenburgischen Stadt nicht mehr ausgiebig geregnet. Dafür herrschen schwüle 30 Grad. Das wirkt sich auch auf die Tätigkeiten der Bauhofmitarbeiter aus: Während sie vor Unkraut verschont bleiben, muss dafür täglich gegossen werden.

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Von: Jessica Gsell

„Extrem und komisch“ – so beschreibt Astrid Gellenthin die derzeitige Witterungslage in Seelow, der kleinsten kreisfreien Stadt im Landkreis Märkisch-Oderland (Brandenburg), unweit der polnischen Grenze. Die 47-Jährige hat seit Oktober 2012 die Leitung des dortigen Bauhofs inne. Doch was das Wetter in Seelow momentan zum Besten gibt, hat die Bauhofleiterin so auch noch nicht erlebt: Seit April fiel an keinem einzigen Tag ausgiebig Regen. „Wenn mal vier Liter heruntergekommen sind, dann war das auch schon alles“, berichtet Gellenthin und fügt lachend hinzu: „Das Wasser hat gerade mal ausgereicht, um den Staub von der Straße zu spülen.“ Kein Regen, dafür halten sich die Temperaturen konsequent bei schwülen 30 Grad. Bereits der Start ins Jahr 2018 hatte ungewöhnlich begonnen. „Es gab schon Jahre, da erfolgte bei uns die erste Mahd Ende März“, erinnert sich die 47-Jährige. Doch in diesem Jahr war der gesamte März durch ständigen Frost geprägt und auch Anfang April musste immer wieder mit Nachtfrost gerechnet werden. Nach den Startschwierigkeiten wurde der Frühling in Seelow dann einfach übersprungen. „Man hatte das Gefühl, dass die Temperaturen von -5 Grad gleich auf 25 Grad angestiegen sind“, sagt Gellenthin.   

Diese ungewöhnliche Wetterlage beeinflusst auch die Tätigkeiten der Bauhofmitarbeiter, besonders im Bereich der Grünflächenpflege. Kaum mit dem Beseitigen des Streuguts durch den Winterdienst fertig, wucherte das Gras Ende April bereits so hoch, dass die Bauhofmitarbeiter mit dem Mähen der rund 14 Hektar Rasenfläche nicht mehr hinterherkamen. Doch jetzt, Mitte des Jahres, wächst das Gras aufgrund der andauernden Trockenheit kaum noch. Stattdessen ist man in Seelow gerade intensiv mit Bewässerungsarbeiten beschäftigt. Denn in den vergangenen zwei Jahren haben die Männer und Frauen des Bauhofs eine ganze Menge an neuem Grün gepflanzt. Auch, um den Innenstadtbereich attraktiver zu gestalten. So schmückt unter anderem eine Wechselbepflanzung für Frühling und Sommer den Kreisverkehr in Seelow. Außerdem wurden entlang der Hauptdurchfahrtsstraße Blumenkaskaden angebracht. „Bei der derzeitigen Wasserknappheit versuchen wir jetzt, die Pflanzen am Leben zu erhalten“, sagt Gellenthin. Dafür ist ein Mitarbeiter den kompletten und ein weiterer den halben Tag mit Wasserwagen – zwei Multicar, jeder ausgestattet mit einem 1.000-Liter-Fass und einer Wasserpumpe – unterwegs, um die Pflanzen zu gießen.   

Reinigung, Heckenschnitt und Spielplatzkontrolle – es gibt einiges zu tun in Seelow  

Die restlichen der insgesamt 28 Mitarbeiter des Bauhofs kümmern sich derweil unter anderem um die Gehölzpflege. „Gerade ist ein guter Zeitpunkt für den Heckenschnitt“, erklärt die Bauhofleiterin. Auch Reinigungsarbeiten stehen zu dieser Jahreszeit auf dem Programm. Zum einen werden mit einem Multicar, ausgerüstet als Kompaktkehrmaschine, Geh- und Radwege sowie Straßen gesäubert. Zum anderen erhalten auch Straßeneinläufe, -rinnen und -schächte eine Reinigung. Die Männer und Frauen des Bauhofs, die auf der Stadtrunde unterwegs sind, kümmern sich zudem um das Entleeren der Mülleimer und sammeln weggeworfenen Unrat – mitunter sogar Speermüll – auf. Ein Teil der Mitarbeiterinnen ist außerdem in der Gebäudereinigung tätig: Sie sind dabei für die tägliche Unterhaltsreinigung der Schulen und Horte in Seelow verantwortlich. In regelmäßigen Abständen werden auch die Spielplätze einer Kontrolle unterzogen – steht der Austausch eines Gerätes an, übernimmt diese Arbeit ebenfalls der Bauhof. Besonders froh, wenn auch anfänglich etwas skeptisch, sei man über die erstmals in diesem Jahr aufgestellte Hunde-WC-Station. „Sie wird gut angenommen und die Hinterlassenschaften in den Grünanlagen sind schon deutlich weniger geworden“, berichtet Gellenthin. Eine Entwicklung, die vor allem die Mitarbeiter in der Grünflächenpflege freut.

Trotz der andauernden Trockenheit versucht die 47-Jährige diesem Zustand auch etwas Positives abzugewinnen: „Wildkraut haben wir aktuell nicht so viel“, berichtet Gellenthin mit einem Lachen. Dabei hat sich der Bauhof in diesem Jahr extra ein neues Heißwasser-Unkrautvernichtungsgerät von Waterkracht, dessen Wassertank 1.000 Liter fasst, zugelegt, um dem Wildkraut auf den Gehwegen chemiefrei zu Leibe rücken zu können. Derzeit sei man noch in der „Ausprobierphase“. „Sonst wurde immer mit Freischneidern gearbeitet“, so die Bauhofleiterin. Doch auch wenn diese handgeführten Geräte nur noch mit einem Ersatzkraftstoff betrieben wurden, seien die gesundheitsschädlichen Aspekte dennoch nicht wegzudiskutieren. Ob die Heißwassermethoden wirklich den versprochenen zeitlichen und wirtschaftlichen Vorteil bringen, kann die Bauhofleiterin nach so kurzer Zeit noch nicht sagen. „Der Materialeinsatz ist beim neuen Gerät momentan höher, und vom Zeitfaktor her nehmen sich beide Methoden derzeit noch nichts“, so Gellenthin. Sie hofft aber, dass schon in der darauffolgenden Saison die Abstände zwischen den Einsätzen größer werden.

Bauhof setzt bei handgeführten Arbeitsgeräten verstärkt auf Akkutechnologie

Was die 47-Jährige allerdings bereits beim Einsatz des Heißwassergerätes feststellen kann, ist die Arbeitserleichterung. Auf diesen Punkt legt die Bauhofleiterin großen Wert. So werden in den Grünanlagen in Seelow die Rabatte und Gehölzflächen allesamt manuell bearbeitet. Zur Erleichterung hat der Bauhof im vergangenen Jahr eine akkubetriebene Motorhacke von Pellenc angeschafft. Allgemein versucht Gellenthin bei den handgeführten Arbeitsgeräten vermehrt auf Akkutechnik umzustellen. Neben einem Laubbläser von Stihl kamen im vergangenen Jahr noch eine Heckenschere, ein Handrasenmäher und ein Heckenschneider von Pellenc dazu. Noch können sich allerdings nicht alle Bauhofmitarbeiter mit der neuen Technik anfreunden. „Momentan greifen noch einige, wenn man nicht hinschaut, wieder auf die benzinbetriebenen Geräte zurück“, erzählt Gellenthin mit einem Schmunzeln. Ginge es nach der Bauhofleiterin, würde sie auch gerne Elektrofahrzeuge in ihren Fuhrpark aufnehmen. Es seien schon einige Modelle zum Testen dagewesen. Allerdings fällt das Fazit der 47-Jährigen momentan noch verhalten aus: „Wir brauchen diese Fahrzeuge dann auch für den Winterdienst. Aber das schaffen die Maschinen mit dem Einsatz der Heizung und Kommunalhydraulik einfach noch nicht.“

Auch der diesjährige Winter ließ in Seelow zu wünschen übrig. „Vergangene Saison sind wir genau vier Mal wegen Schneeräumung ausgerückt“, berichtet Gellenthin. Die restlichen Einsätze beschränkten sich auf Reifglätte und überfrierende Nässe. Dabei war der Bauhof mit neun Winterdienstfahrzeugen, 200 Tonnen an Kies sowie rund 50 Tonnen an Salz gut ausgerüstet. Auch der Winter davor fiel nicht gerade heftig aus – doch darüber ist die 47-Jährige sogar ein bisschen froh: Denn in dieser Zeit konnte der Bauhof, der bis vor zwei Jahren noch auf drei Standorte in Seelow aufgeteilt war, in Ruhe auf ein gemeinsames 8.000 Quadratmeter umfassendes Areal ziehen.

Neuanschaffungen werden in Seelow zeitnah umgesetzt

Da der Bauhof in Seelow ein Eigenbetrieb der Stadt ist, können die Mitarbeiter zusätzlich auch Leistungen an Dritte erbringen. „Das ist für uns natürlich entspannter, weil die Kosten auf mehrere Töpfe verteilt sind“, erklärt Gellenthin. Die allgemeine gute Wirtschaftslage der vergangenen Jahre spiegelt sich auch beim Bauhof wider – vor allem bei der Ausstattung. „Alles, was die Kollegen an Neuanschaffung im Hinterkopf haben, wird bei uns zeitnah umgesetzt“, berichtet die Bauhofleiterin stolz. Neben dem neuen Heißwassergerät gab es in diesem Jahr auch noch eine Fernbedienung für den vor zwei Jahren erworbenen Multicar mit Ladekran. Des Weiteren steht heuer noch eine bessere Ausstattung der Werkstatt auf dem Programm. Und der acht Jahre alte Hako Citymaster 2000 soll durch ein neues Fahrzeug ersetzt werden.

Fakten zum Bauhof Seelow:

Leitung des Bauhofs: Astrid Gellenthin

Anzahl der Mitarbeiter: 28; davon 20 in Voll- oder Teilzeit sowie 8 geringfügig Beschäftigte

Aufgabenbereich des Bauhofs: Grünflächen- und Gehölzpflege, Winterdienst, Reinigungsarbeiten (darunter auch Straßeneinläufen, -schächten und -rinnen), Garten- und Landschaftsbauarbeiten, Instandhaltung von Gehwegen, Wartung und Pflege von Spielplätzen, Friedhofspflege, Gebäudereinigung von Schulen und Horten

Ausstattung des Fuhrparks: 1 MAN LKW, 1 Pfau Rexter Geräteträger, 7 Multicar, 1 Kubota Kommunaltraktor, 1 VW Transporter, 1 Piaggio Transporter, 1 Hako Citymaster 2000, 1 Shell Aufsitzmäher (mit Kabine und Klimaanlage), 2 Aufsitzmäher (ohne Kabine), Häcksler, handgeführte Akkugeräte von Stihl und Pellenc

Verantwortungsbereich: 14,3 Hektar Rasenfläche, 1,5 Hektar Gehölzfläche und Rabatte; im Winterdienst werden ca. 100 km an Straßen und 110.000 Quadratmeter an Geh- und Radwegen sowie Parkplätzen betreut; in der Sommerreinigung sind es rund 27 km an Straßen und 77.000 Quadratmeter an Geh- und Radwegen sowie Parkplätzen

Größe der zu betreuenden Fläche: Der Bauhof ist zuständig für die Stadt Seelow mit ihren drei Ortsteilen mit einer Fläche von knapp 43 Quadratkilometern.

Text: JG – Redaktion Bauhof-online.de
Bilder: Bauhof Seelow


 

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