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WINTERDIENST Smart unterwegs

Bei der Hamburger Mavox GmbH kommen die vielleicht ungewöhnlichsten Winterdienstgeräte der Branche zum Einsatz. Statt Unimogs und Lkw setzt Geschäftsführer Thomas Bierwagen auf den Smart Fortwo. Doch kann so ein Konzept funktionieren?

Lesedauer: min | Bildquelle: Tim Knott
Von: Tim Knott

Wenn Unbeteiligte nach dem typischen Hamburger Wetter gefragt werden, fallen oftmals Begriffe wie „regnerisch“, „bewölkt“ oder „zugezogen“. Vielleicht handelt es sich dabei um haltlose Vorurteile und vielleicht gibt es in der Hansestadt auch ab und zu Tage mit nennenswerter Sonneneinstrahlung – der heutige gehört allerdings nicht dazu. Graue Wolken verdunkeln den Himmel und Sturzregen fällt auf die Straßen des kanaldurchzogenen Bezirks Billbrook, während kalte Böen aus Richtung der Norderelbe wehen. „Aber immerhin kommt kein Schnee runter, sonst wäre es hier bei uns um einiges hektischer“, berichtet Thomas Bierwagen, der Geschäftsführer der Mavox GmbH, heiter. So haben die Mitarbeiter noch genug Zeit, um die Vorbereitungen für die heiße Phase des Winterdienstes abzuschließen. Dafür ist ein 40-Tonner auf dem Firmengelände im Osten Hamburgs aufgefahren, randvoll mit Streugut.

„Blähton“, erklärt er mit einer Geste auf den rasant wachsenden Haufen kleiner Tonkügelchen, der sich beim Abladevorgang in der Mitte des Hofes bildet. „Aufgrund seines geringen Gewichts ist das für unsere Maschinen das ideale Streumaterial.“ Besagte Maschinen sind eine kleine Besonderheit. Denn während beim Schneeräumen normalerweise Radlader, Kleintraktoren oder Größeres zum Einsatz kommen, setzen die Hamburger auf den Smart Fortwo. Mittlerweile verfügt das Unternehmen über 57 der kleinen Cityflitzer, allesamt mit ecoplow-Schneeschildern der Firma Rontex und Lehner-Streuern ausgestattet. Ein Mittel der Wahl, denn die Einsatzgebiete von Mavox sind kleiner als die einer typischen Kommune. So kommen die Smarts auf Gehwegen, Privatstraßen, Parkplätzen und vielen der Brücken zum Einsatz, die die Elbestadt durchziehen. „Es ist eine Nische, aber dafür eine sehr große“, so Bierwagen. 

Wieso ein Smart?

Angefangen hat der große Plan mit den kleinen Autos im Jahr 2015. „Das war im Sommer, da hat man als Winterdienstler ja ein bisschen mehr Ruhe“, erinnert sich der Hamburger, wobei er zugibt, die Smart-Schneeräumer am Anfang für einen PR-Gag gehalten zu haben. Nach einem Besuch bei Rontex-Erfinder Ronny Friedrich und einer Testfahrt änderte sich seine Meinung aber schnell. „Durch die Hydraulik des ecoplow-Schilds, die Druck auf die Straßenoberfläche auswirkt, wird das Gewicht auf die Heckachse gelenkt, sodass selbst Fahrzeuge ohne Heckantrieb damit ein gutes Räumergebnis erzielen können“, berichtet er.

Darüber hinaus bietet die Smart-Schneeschild-Kombi eine gute Übersicht und Wendigkeit. Das ecoplow ist nahe am Fahrzeug angebracht, sodass es im Einsatz kaum zu sehen ist. Außerdem verfügt es in der Schrägstellung über dieselbe Breite wie das Trägerfahrzeug. „Das heißt, wenn ich mit schräggestelltem Schild durch Lücken komme, komme ich auch mit dem Smart durch. Das sind alles Kleinigkeiten, die im Betrieb aber wichtig sind.“ Zusätzlich sind die Fahrzeuge ebenfalls mit einem 110-Liter-Streuer ausgestattet, der Streusalz oder Blähton auswirft. Als entscheidender Vorteil habe sich die Halbautomatik des Smarts erwiesen. So komme es zu deutlich weniger Kupplungsschäden, darüber hinaus müssten weniger Mechatroniker beschäftigt werden als bei anderen Maschinen, so Bierwagens Einschätzung.
 

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Doch lässt sich das Fahrzeug auch in anderen klimatischen Bedingungen als dem Hamburger Winter einsetzen oder eignet sich das Konzept eher für die nördliche Hemisphäre der Bundesrepublik? „Schwer zu sagen. Sicherlich hat der Smart nicht die Kraft wie ein anderes Fahrzeug, aber man muss dann halt seinen Betrieb darauf umstellen. Mit einem Smart warte ich nicht erst, bis 20 cm Schnee liegen. Dann steht eine Zwischenräumung an.“ Aus diesem Grund müssen Anwender bei schwerem Schneefall abwägen, ob ein entsprechender Einsatz wirtschaftlich profitabel ist. In Hamburg seien Zwischenräumungen aber noch nicht nötig gewesen.

Das Ende des Tourenbuchs

Um ihre Kleinwagen-Flotte aus 57 Fahrzeugen zu koordinieren, kommt bei Mavox eine selbstentwickelte App zum Einsatz. Hintergrund war eigentlich nur der Wunsch, die Zettelwirtschaft der Tourenbücher zu beenden, in denen jedes Objekt, das die Hamburger pflegen, eingetragen werden musste. „Um alle neuen und gekündigten Objekte in unsere zahlreichen Tourenbücher ein- und auszusortieren, hätten wir am 
Ende der Saison nicht nur viel Zeit, sondern auch einen Tapeziertisch gebraucht, um genügend Platz für das ganze Material zu schaffen.“ Ebenfalls können neue Aufträge nur sehr umständlich in das Zettelsystem eingefügt werden, wenn die Tourenbücher immer bei den Fahrern sind. Wie so oft hat die Digitalisierung diesen Sachverhalt ein wenig erleichtert. So haben die Hamburger eine Verwaltungs-Software programmiert, die jeder Mitarbeiter auf dem Smartphone installiert und damit seine Aufgaben managt. Neben GPS-Tracking werden die geleisteten Arbeiten mit Vorher-Nachher-Bildern dokumentiert. „Dadurch entfällt auch das Einholen von Unterschriften für geleistete Einsätze. Das hat manchmal länger gedauert als die Einsätze selbst“, erinnert sich der Geschäftsführer.  Neben GPS-Tracking werden die geleisteten Arbeiten mit Vorher-Nachher-Bildern dokumentiert. „Dadurch entfällt auch das Einholen von Unterschriften für geleistete Einsätze. Das hat manchmal länger gedauert als die Einsätze selbst“, erinnert sich der Geschäftsführer.

Doch zurück zum Smart Fortwo: So neuartig das Konzept wirkt, ist die Zukunft des Winterdienst-Cityflitzers alles andere als gesichert. Dies hängt auch mit dem Generationswechsel der Fahrzeuge zusammen. „Die neue Version ist mindestens zehn cm breiter als die Fahrzeuge, die wir bis jetzt in unserem Portfolio haben. Im täglichen Betrieb ist das für uns schon ausschlaggebend.“ Ganz abgesehen davon wird die Produktion Mitte 2024 eingestellt. Weitere Smarts wird es zwar noch geben – allerdings nur als elektrifizierte Version. Das ist für die Hamburger keine Option, da sich die Aufladung der Akkus im Betrieb nicht immer realisieren lässt. Deswegen müssen für die Firma früher oder später neue Konzepte her. Noch ist das Problem nicht drängend. „Wahrscheinlich können wir unsere bestehenden Wagen noch bis zu zehn Jahre nutzen. Bis dahin heißt es: Pflegen, pflegen, pflegen“, fasst Bierwagen zusammen. Welche Fahrzeuge die Smarts ersetzen werden, weiß er noch nicht, Kleintraktoren vielleicht. Hauptsache ausreichend robust, denn mit dem Hamburger Wetter ist immerhin nicht zu spaßen.
 

Fakten zur Mavox-GmbH:

Geschäftsleitung: Thomas Bierwagen

Tätigkeiten: Winterdienst

Maschinenpark: Großtraktor, 2 x Kubota RTVs, 57 x Smarts; alle Fahrzeuge mit Schild und Streuer ausgerüstet

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