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WINTERDIENST Feuchtsalz oder Sole

Im Gegensatz zur Vergangenheit spielen reines Streusalz und abstumpfende Mittel im heutigen Winterdienst kaum eine Rolle. Stattdessen setzen die Bauhofleiter auf Feuchtsalz und reine Sole. Doch was sind die Vorteile der Stoffe und welcher ist der bessere?

Lesedauer: min | Bildquelle: Pexels/ Danila Popov; Pixabay/Schauhi
Von: Tim Knott

Die Wahl des richtigen Streumittels für den Winterdienst ist ein umstrittenes Thema. Immerhin existieren allein in Deutschland tausende Bauhöfe, die sich alle mit unterschiedlichen klimatischen und infrastrukturellen Gegebenheiten sowie den Wünschen ihrer Bürger auseinandersetzen müssen. Empfehlungen für das richtige Mittel gibt es dennoch, wie Dr. Horst Hanke, der Vorsitzende des deutschen Fachausschusses Winterdienst, erklärt: „Das Standardverfahren ist heutzutage die Feuchtsalz-Ausbringung. Im Gegensatz zu Trockensalz kann man es viel genauer in der Ausbringung dosieren.“ Und gerade beim Winterdienst ist eine punktgenaue Ausbringung wichtig, damit das Salz nicht in die Natur gelangt, wo es Schäden an Bäumen und anderer Vegetation nach sich zieht. Feuchtsalz verfügt hier über einen Vorteil, da es im Gegensatz zum herkömmlichen Streusalz nicht verwehen kann und vor Ort haften bleibt.

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Neben dieser Methode stellen jedoch immer mehr Bauhöfe ihre Streuer auf FS100 – also reine Sole – um. Die Gründe hierfür sind vielfältig, wie Stefan Fiedler, Geschäftsführer der FIEDLER Maschinenbau und Technikvertrieb GmbH, erklärt: „Wir sehen, dass der Anwender mit Sole deutliche Vorteile gegenüber herkömmlichen Methoden hat. Vorteile wie längere Liegezeiten des Materials auf der Fahrbahnoberfläche, schnellere Tauwirkung, erhebliche Kosteneinsparung im Material von bis zu 75 Prozent und damit auch eine deutlich geringere Umweltbelastung durch das Streugut.“

Sole: Ergänzung statt Ersetzung

Doch welcher Stoff ist dem anderen überlegen? „Da gibt es kein Schwarz oder Weiß, wir werden auf beide angewiesen sein“, so Wolfgang Wetzel, Leiter der Straßenmeisterei Kempten. Die Kommunal-Experten aus dem Allgäu sind strenge Winter gewohnt und haben schon seit mehreren Jahren reine Sole sowie FS30 im Einsatz. Zwar sei FS100 für ein vorbeugendes Streuen ideal, „aber wenn bereits Schnee liegt, kommen wir damit nicht weiter“. Dies bestätigt auch Jochen Ruoff, Leiter des Bauhofs Rottweil, und betont die Vorteile der reinen Sole: „Wenn wir nur präventiv streuen, ist die ideal. Wir können sie bei Tag ausbringen und sie hält die ganze Nacht über.“ So wird nicht nur Material eingespart, sondern auch die Belegschaft des Bauhofs entlastet, da die Kommunal-Experten beim nächtlichen Winterdienst immer in doppelter Besetzung unterwegs sind. Wenn der Schnee allerdings schon liegt und geräumt werden muss, ist FS30 deutlich besser geeignet.

Feuchtsalz und reine Sole ergänzen einander also. Deswegen empfiehlt Horst Hanke Kombistreuer, mit denen die Anwender beide Stoffe ausbringen können. In Kempten sind solche Maschinen schon im Einsatz, sodass die Mitarbeiter der Straßenmeisterei flexibel auf jede Entwicklung des Wetters reagieren können. Auch eine solche Bereitschaft rechnet sich, denn eine vorbeugende Streuung mit FS100 benötigt bis zu 50 Prozent weniger Streumaterial als die Alternative. Neben den wasserhaltigen Streustoffen spielt auch klassisches Streusalz manchmal noch eine Rolle – wenn auch nur in besonders harten Wintern. „Bei Temperaturen um die minus zehn Grad brauchen wir das, aber das ist eher die Ausnahme“, berichtet Wetzel. Hier wird das aggressive Streusalz benötigt, um mit den dicken Schnee- und Eisschichten fertigzuwerden.

Feuchtsalz: noch nicht überall angewendet

Feuchtsalz ist vielerorts vorhanden und die Nachfrage nach Solesprühanlagen gestiegen. Doch sind die Streustoffe noch nicht in allen deutschen Kommunalbetrieben so etabliert wie in Rottweil und Kempten, denn der Großteil der Schneemassen landet tendenziell eher im Süden. Deswegen scheint sich die Einführung von Feuchtsalz oder Sole in anderen Gebieten noch etwas hinzuziehen. So betont ein Bauhofleiter aus dem Rheingebiet, dass Sole und Feuchtsalz aus ökonomischer wie ökologischer Sicht zwar durchaus sinnvoll seien. Allerdings zweifelt er aufgrund des geringen Schneefalls in seiner Region auch daran, dass sich die Anschaffung von Streuern, Mischanlage und -Tank lohnt, wenn diese selten zum Einsatz kommen. Stattdessen setzt er laut eigenen Angaben auf die punktuelle Ausbringung von Streusalz. Dr. Horst Hanke will von solchen Dingen allerdings nichts hören. „Derjenige, der so etwas macht, versteht sein Geschäft nicht, ganz einfach“, so das Urteil des Experten. „Es gibt in Deutschland keine Region, in der es nicht zu Glättebildung kommt.“ Deswegen müssten sich Betriebe auch aus Gründen der Haftung mit dem Stand der Technik ausstatten. „Man muss heute nicht unbedingt flüssig streuen, aber man muss Feuchtsalz streuen.“ Allerdings sei es nicht nötig, sofort eine kostspielige Mischanlage anzuschaffen. Auch mit gebrauchsfertig gemischter Sole oder Feuchtsalz aus dem Handel ließe sich einiges bewerkstelligen, so Hanke. Ebenfalls haben die Hersteller den Bedarf an kleineren Sole-Anlagen erkannt und entsprechende Produkte entwickelt. Weitere Hinweise zu dem Thema können beim VKU bezogen werden.


Eine deutlich geringere Rolle spielen im Winterdienst dagegen die abstumpfenden Streustoffe. In Rottweil ist ihr Einsatz auf die Geh- und Radwege reduziert: „Wir sagen unseren Bürgern ja, dass sie kein Streusalz auf die Wege bringen sollen, dann können wir das schlecht selbst machen“, erklärt Bauhofleiter Ruoff. Um dennoch sichere Wege im Winter zu gewährleisten, kommt in der baden-württembergischen Stadt Lavasplitt zum Einsatz. Ist dieser erst einmal zertreten, wird er in den Grünanlagen zur Bodenverbesserung verwendet. So sparen sich die Kommunal-Experten die Kosten der Entsorgung. Zumindest bis jetzt. Denn mittlerweile haben sich die Kosten für Lavasplitt derartig erhöht, sodass Ruoff überlegt, wieder regulären Splitt einzusetzen. Dieser bringt einen erhöhten Aufwand mit sich, da er nach Abtauen des Schnees aufwendig geräumt, und Sondermüll entsorgt werden muss. Ob das Streumittel mit dem Mehraufwand dennoch günstiger als die Alternative ist, muss der Bauhofleiter noch ermitteln. Immerhin nützt das beste Streumittel wenig, wenn der Preis nicht stimmt.

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