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BEAUFTRAGTE IM ARBEITSSCHUTZ Gemeinsam für mehr Sicherheit

Die Funktionen von Sicherheitsfachkräften (Sifa) und Sicherheitsbeauftragten (Sibe) müssen klar voneinander abgegrenzt werden, denn nicht jedem sind die Unterschiede aufgrund der ähnlich klingenden Begriffe klar. Bauhof-online.de will hier Licht ins Dunkel bringen und die notwendige rechtliche Differenzierung zwischen Sifa und Sibe vornehmen.

Lesedauer: min | Bildquelle: AdobeStock, ©Peter Atkins; AdobeStock; iStock, ©pojoslaw
Von: Markus Tischendorf

Fachkräfte für Arbeitssicherheit – meist Sicherheitsfachkräfte genannt – und Sicherheitsbeauftragte setzen sich täglich für die Sicherheit und Gesundheit ihrer Kollegen ein. Keine leichte Aufgabe, denn nicht immer liegen die Lösungen für Verbesserungen im Arbeitsschutz auf der Hand. Bei der Erarbeitung von Lösungen für komplexe Sachverhalte sind meist viele Einzelaspekte und Interessen zu berücksichtigen. Gute Fachkenntnisse allein reichen daher nicht aus, um die gesetzten Arbeitsschutzziele zu erreichen. Nur durch einen konstruktiven, sachlichen Umgang mit allen betrieblichen Akteuren können Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten nachhaltig verbessert werden. Ein realistisches Selbstbild der Sifa und Sibe sowie ein angemessenes Rollenverständnis sind hierfür unerlässlich. Die Funktionen von Sifa und Sibe sind aus rechtlicher und betrieblicher Sicht unterschiedlich, eine klare Trennung ist deshalb notwendig. Arbeitgeber und Vorgesetzte kennen den Unterschied manchmal nicht, was oft zu Missverständnissen führt. Aussagen wie „Dafür haben wir doch unseren Sicherheitsbeauftragten, der muss sich darum kümmern“ sind ebenso falsch wie „Die Gefährdungsbeurteilung macht bei uns die Sicherheitsfachkraft“. Manche Betriebsvertreter leugnen gar ihre eigene Verantwortung für den Arbeitsschutz. Ob aus Unwissen oder aus anderen Gründen, sei hier nicht weiter ausgeführt.

Aufgaben von Sifa und Sibe

Sicherheitsfachkräfte beraten den Arbeitgeber in allen Fragen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes. Insbesondere diese Handlungsfelder umfassen die Beratungsleistungen der Sifa:

  • Planung, Ausführung und Instandhaltung von Betriebsanlagen
  • Beschaffung von sicheren Anlagen und Maschinen
  • Einführung neuer Arbeitsverfahren und Arbeitsstoffe
  • Fachkundige Auswahl von persönlicher Schutzausrüstung
  • Berücksichtigung ergonomischer Grundsätze bei der Gestaltung von Arbeitsplätzen
  • Mitwirkung bei der Erstellung und Dokumentation der Gefährdungsbeurteilung
  • Kontrolle von Einrichtungen vor Inbetriebnahme
  • Mitwirkung bei der Unterweisung der Beschäftigten

Es ist ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass es sich hierbei ausschließlich um eine Beratungsleistung der Sifa handelt. Nach dem Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG) ist die Sifa bei der Ausübung ihrer sicherheitstechnischen Fachkunde weisungsfrei, d. h. sie unterliegt keinen Weisungen von oben. Gleichzeitig dürfen der Sifa keine Nachteile wegen der Ausübung ihrer Tätigkeit entstehen.

Sicherheitsbeauftragte sind dagegen in Betrieben zu bestellen, in denen ständig mehr als 20 Personen beschäftigt sind. Die Funktion des Sibe ist ein Ehrenamt, dessen Ausübung im Regelfall unentgeltlich erfolgt. Nach § 22 (2) des „Siebten Buches Sozialgesetzbuch“ (SGB VII) hat der Sibe den Arbeitgeber

  • bei der Durchführung von Maßnahmen zur Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten zu unterstützen,
  • sich insbesondere vom Vorhandensein und der ordnungsgemäßen Benutzung der vorgeschriebenen Schutzeinrichtungen und persönlichen Schutzausrüstungen (PSA) zu überzeugen und
  • auf Unfall- und Gesundheitsgefahren für die Beschäftigten hinzuweisen.

Im Vergleich zum Beratungsumfang der Sifa sind die Aufgaben des Sibe weitaus weniger umfassend, aber nicht weniger anspruchsvoll. Vor allem der positiven Verhaltensbeeinflussung der Beschäftigten dient die Tätigkeit des Sibe. Er wird gerne auch als Unterstützer des Arbeitsschutzes an der Basis bezeichnet. Mit geschultem Auge nimmt er Defizite am Arbeitsplatz frühzeitig wahr und wirkt darauf hin, diese zu beseitigen. Durch den direkten Kontakt zu den Arbeitskollegen ist er zugleich Vorbild und Ansprechpartner im Arbeitsschutz.

Verhältnis- und Verhaltensprävention

Eine Unterscheidung zwischen Verhältnis- und Verhaltensprävention geht auf die im Arbeitsschutzgesetz genannten Schutzziele „Gefahren an der Quelle bekämpfen“ und „individuelle Schutzmaßnahmen nachrangig zu anderen Maßnahmen“ im Betrieb zurück. Unter Verhältnisprävention versteht man vorbeugende Maßnahmen, die zu einer sicheren und gesundheitsgerechten Gestaltung der Arbeitsbedingungen führen. Dabei kommen sowohl technische als auch organisatorische Maßnahmen in Betracht. Im Gegensatz dazu werden unter Verhaltensprävention Maßnahmen verstanden, die auf ein sicheres Verhalten der Beschäftigten abzielen. Durch Information, Beratung, Schulung und Motivation soll das individuelle Verhalten gefördert werden. Unter Berücksichtigung der Aufgaben und des Rollenverständnisses von Sifa und Sibe lassen sich folgende betriebliche Arbeitsschwerpunkte formulieren: Die Sifa ist vorrangig im verhältnispräventiven Bereich durch Beratung des Arbeitgebers tätig. Aufgrund seines direkten täglichen Kontakt mit den Kollegen liegen die Stärken des Sibe in der betrieblichen Verhaltensprävention.


Handlungskompetenzen stärken

Es ist bekannt, dass heute die meisten Unfälle nicht durch unsichere Maschinen, sondern durch menschliches Fehlverhalten verursacht werden. Umso wichtiger ist der positive Einfluss der Sifa und des Sibe auf seine Kollegen. Dass sie dafür nicht nur fachlich geeignet sein müssen, sondern ein hohes Maß an Beratungskompetenz und Fingerspitzengefühl mitbringen müssen, versteht sich von selbst. Denn nicht jeder Mitarbeiter, der sich sicherheitswidrig verhält und darauf aufmerksam gemacht wird, ist auch offen für Kritik. Mit der richtigen Handlungskompetenz werden Sifa und Sibe trotzdem erfolgreich sein. Regelmäßige Betriebsbegehungen sind ein probates Mittel, um den Stand des Arbeitsschutzes im Betrieb zu überprüfen. Dabei sollte keinesfalls die Kontrolle der Beschäftigten im Vordergrund stehen, dies wäre ein falsches Signal an die Belegschaft. Vielmehr bieten Betriebsbegehungen eine hervorragende Möglichkeit, sich selbst ein realistisches Bild vom Stand des Arbeitsschutzes vor Ort zu machen. Auf der Grundlage der eigenen Beobachtungen ist anschließend ein sogenannter Soll-Ist-Vergleich möglich. Betriebsbegehungen können angemeldet oder unangemeldet ausgeführt werden.

Sicheres Verhalten unterstützen

Unsicheres Verhalten ist nicht nur auf Unwissenheit, Leichtsinn, Fehleinschätzung der eigenen Fähigkeiten oder Übermut zurückzuführen. Aus psychologischer Sicht lässt sich unsicheres Verhalten anhand einer Verhaltenskette beschreiben, die in fünf Schritten abläuft. Zum näheren Verständnis folgendes Beispiel: Ein Mitarbeiter ist bereit, sich entsprechend der Gefährdungsbeurteilung und der Unterweisung durch den Vorgesetzten sicher zu verhalten. Was passiert, wenn er beispielsweise die entfernt stehende Leiter heranholt, um Ware aus dem Regal zu entnehmen? Es liegt auf der Hand, dass er dafür mehr Zeit benötigt als für das Besteigen einer Kiste, die sich direkt vor Ort befindet. Mehrarbeit, Zeitverlust oder andere Unannehmlichkeiten werden als persönliche Nachteile empfunden. Solche Erfahrungen schwächen die Tendenz, sich weiterhin sicher zu verhalten. Auf Dauer führen sie zu einer Änderung des ursprünglichen Verhaltens. Sicheres Verhalten wird in unsicheres Verhalten umgewandelt. Diese Verhaltensänderung wird nun vom Mitarbeiter als vorteilhaft empfunden. Die Bestätigung des unsicheren Verhaltens wirkt zunächst verstärkend. Häufige Wiederholungen führen schließlich dazu, dass das neu erworbene negative Verhaltensmuster zur Gewohnheit wird.

Eine Intervention bei unsicheren Verhaltensweisen allein reicht demnach nicht aus. Vielmehr muss sicheres Verhalten regelmäßig trainiert und konsequent gefördert werden. Grundsätzlich folgt die Verhaltenskette zum sicheren Verhalten den gleichen Prinzipien wie bisher beschrieben. Sicheres Verhalten soll möglichst zeitnah zu konkreten Vorteilen für den Mitarbeiter führen. Dabei muss es sich nicht unbedingt um materielle Vorteile handeln. Beispielsweise nimmt die positive Tendenz zu sicherem Verhalten nach Beendigung eines zuvor eingeführten Prämiensystems in Form von Sachwerten oder Gutscheinen schnell wieder ab. Als persönlicher Erfolg wird Lob und Anerkennung durch die Sifa und den Sibe empfunden. Wird sicheres Arbeiten im eigenen Betrieb tatsächlich anerkannt und deutlich zum Ausdruck gebracht, wirkt dies verstärkend auf das zielkonforme Handeln. Im Vergleich zu Prämiensystemen sind Lob und Anerkennung zudem kostenlos. Durch positive Wertschätzung von außen wird die Wiederholung des sicheren Verhaltens angeregt. Weitere Erfolge vorausgesetzt, führt dieses wiederholte Durchlaufen der Verhaltenskette schließlich zu sicheren Gewohnheiten.

Bedeutung der Unterweisung nicht unterschätzen

Aber auch die beste Motivation der Beschäftigten allein reicht nicht aus, um sicheres Arbeiten dauerhaft zu etablieren. Für den Erfolg verhaltensorientierter Präventionsmaßnahmen ist es unerlässlich, die Mitarbeiter

  • über die Gefährdungen am Arbeitsplatz sowie über die erforderlichen Schutz- und Verhaltensmaßnahmen zu informieren und
  • die für ein zielkonformes Arbeitsschutzhandeln erforderlichen Fertigkeiten intensiv zu trainieren.
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Einer wiederkehrenden Unterweisung der Beschäftigten kommt dabei eine zentrale Bedeutung zu. Nach den Vorgaben des Gesetzgebers hat der Arbeitgeber die Beschäftigten regelmäßig zu unterweisen und dies zu belegen. Anlässe und Inhalte der Unterweisung sind entweder durch Gesetze, Verordnungen etc. vorgegeben oder ergeben sich aus der Gefährdungsbeurteilung. Für die Art und Weise der Unterweisung geben Gesetzgeber und Unfallversicherungsträger lediglich unverbindliche Empfehlungen. Neben der Erstunterweisung neuer Beschäftigter sind in zahlreichen Unternehmen jährliche Unterweisungen fester Bestandteil des betrieblichen Arbeitsschutzkonzeptes. Dennoch empfinden Arbeitgeber, Vorgesetzte und Beschäftigte oftmals ein gewisses Unbehagen, wenn sie mit der Thematik konfrontiert werden. Am Ende scheinen alle Beteiligten froh zu sein, wenn die aktuelle Unterweisung überstanden ist. Sifa und Sibe sollten daher in die Unterweisung der Beschäftigten einbezogen werden, ohne ihnen jedoch eine eigenständige Verantwortung zu übertragen. Schließlich obliegt die Verantwortung für die Unterweisung nach wie vor dem Arbeitgeber bzw. den Vorgesetzten.

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