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E-MASCHINEN Das Problem mit der Hydraulik

E-Baumaschinen haben sich auf dem Markt etabliert. Allerdings lässt die Leistung immer noch zu wünschen übrig. Der Grund dafür liegt oftmals nicht im Akku, sondern in der Hydraulik, die ineffizient konstruiert und mit den falschen Betriebsmitteln gefüllt ist. Doch aus welchem Grund werden die Maschinen so hergestellt und welche Optionen bleiben, um den Betrieb zu verbessern?

Lesedauer: min | Bildquelle: Tim Knott; Justus Menke/unsplash; Gerold Hinzen/unsplash
Von: Tim Knott

Mittlerweile sind elektrifizierte Maschinen in zahlreichen Betrieben im Einsatz. Keine Selbstverständlichkeit, immerhin sind die nachhaltigen Alternativen meist weniger leistungsfähig als Verbrenner. Dies wird umso deutlicher, wenn Anwender nach der Nutzung gefragt werden. Häufig steht bei den Antworten eine Funktion im Vordergrund: der Transport. Für diesen lassen sich die Maschinen im Kommunalen gut einsetzen. Bei Anwendungen, in denen jedoch eine Hydraulik zum Einsatz kommt – wie z.B. bei einem elektrifizierten Geräteträger – sieht der Fall schon anders aus. Hier dauert es nicht lange, bis die Akkuladung aufgrund der Mehrbelastung verbraucht ist, so die Einschätzung der Bediener. Doch liegt der Grund dafür wirklich in einer zu geringen Leistungsfähigkeit der Batterien?

„Nein“, sagt Jörg Gerstel von der CLASSIC Schmierstoff GmbH. Vielmehr sei das Problem in der Mobilhydraulik zu finden. „Darin wird die gesamte Akkuleistung vergeudet“, erklärt er. „Das Handicap ist systemimmanent, denn es besteht ein Transportverlust der Energie.“ In der Tat sind Hydrauliken keine besonders effizienten Systeme. Um die Hydraulikflüssigkeit durch die dünnen Leitungen zu bewegen, muss viel Energie für die Pumpe aufgewendet werden, damit der erforderliche Druck zur Verfügung steht. Ebenfalls suboptimal: die Drosselverluste, die nötig sind, um den von einer Pumpe erzeugten Volumenstrom auf mehrere Funktionen mit verschiedenen Lastdruckniveaus zu verteilen. Wenn eine Funktion mit 50 bar, die andere jedoch mit 200 bar arbeitet, wird dieser Unterschied an den Steuerventilen ausgeglichen, abgedrosselt und in Wärme umgesetzt. Wärme, die mittels Akkuleistung wieder gekühlt werden muss, um eine Überhitzung des Systems zu verhindern. Alles in allem nicht besonders produktiv. „Das hat die vergangenen Jahrzehnte aber keinen interessiert, weil keiner wusste, wie Energieeffizienz überhaupt geschrieben wird“, so Gerstel.

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Neben den diversen Transportverlusten sei auch die Wahl einer ungeeigneten Hydraulikflüssigkeit ein erheblicher Teil des Problems. Oftmals werde zu dickes Öl in den Maschinen eingesetzt. So dauert es länger, bis die Hydraulik einsatzfähig ist, d.h. bis sich die Flüssigkeit durch Reibung erwärmt, dadurch dünner wird und ihre Bremswirkung nachlässt. Bis dahin muss die Pumpe stärker arbeiten als eigentlich nötig, was bei niedrigen Temperaturen im Einsatzgebiet noch verstärkt wird. Denn hier dauert es logischerweise länger, die Flüssigkeit in der Hydraulik auf Betriebstemperatur zu bringen. „Doch was, wenn das Öl überhaupt nicht warm wird?“, fragt Gerstel. „Dann müssen die Anwender mit der Pumpe Honig fördern, und das durch meterlange dünne Schläuche.“ Das sei der Grund, warum manche E-Maschinen in Gebieten mit strengen Wintern überhaupt nicht eingesetzt werden könnten.

Falsches Öl ab Werk

Grund für die unzureichende Öl-Wahl ist das Bestreben der Hersteller, Leckagen und Verschleiß innerhalb der Hydraulik auszuschließen. Dabei schießen sie jedoch laut Gerstel über das Ziel hinaus. „Von einem Energiestandpunkt ist das katastrophal. Das wird nur noch eingesetzt, weil die Hydraulik so eine Behandlung überlebt. Jedes mechanische oder elektrische Getriebesystem mit solch einem Mehraufwand würde innerhalb weniger Momente zerstört werden.“ In einer Verbrennermaschine fällt dieses Ungleichgewicht nicht weiter auf, da Energie zur Genüge zur Verfügung steht, um die Hydraulik zu betreiben. Bei E-Maschinen, die aufgrund begrenzter Akkuleistung sehr effizient arbeiten müssen, sieht die Sache schon anders aus, insbesondere bei niedrigen Außentemperaturen.

Eine ähnliche Beobachtung macht auch Björn-Martin Rathke von der Fluid Competence GmbH. Das Unternehmen entwickelt Hydraulikflüssigkeiten und berät Kunden bei der Auswahl des richtigen Betriebsmittels. „Meines Erachtens wird von den Herstellern viel zu wenig darauf geachtet, mit welchem Öl so ein Produkt ausgeliefert wird. Da gibt es dann Richtlinien, die seit 30 Jahren existieren, auf die zurückgegriffen wird“, erklärt der Fachmann. In der Praxis fänden sich immer wieder Maschinen, die nach einem Ölwechsel auf bessere Leistungen kämen, als zuvor. In der Gesamtzahl seien diese zwar eher ein kleinerer Teil der Beratungen, „aber nichtsdestotrotz ein Teil, dem man Beachtung schenken muss“.

Deswegen schlägt Gerstel zur Auswahl des richtigen Betriebsstoffes folgendes vor: Anwender sollten eine Hydraulikflüssigkeit aussuchen, die so dünnflüssig wie möglich ist, dazu jedoch einen höchstmöglichen Viskositätsindex aufweist. Der Viskositätsindex gibt an, wie stark sich das Öl bei einer Temperaturänderung verändert. Je höher, desto weniger Veränderung. So könnten Anwender besonders in kalten Regionen den Betrieb ihrer Maschine verstärken.


Ineffiziente Hydraulik: Öl ist nicht das einzige Problem

Eine Ergänzung gibt es von der Herstellerseite: „Dünnflüssigeres Öl hilft zwar, aber die Wurzel des Übels ist damit nicht gepackt“, so Dierk Peitsmeyer von Bucher Hydraulics. Zwar sei die Wahl der Hydraulikflüssigkeit eine wichtige Stellschraube für einen wirkungsvollen Maschineneinsatz, allerdings würde die ineffiziente Bauart vieler Hydrauliksysteme ein weitaus größeres Problem darstellen, da diese nicht auf den Einsatz in E-Maschinen angepasst seien: „Wir fahren dabei sozusagen mit Vollgas und steuern die Funktion mit der Bremse. Die Verluste sind groß und Ventile sowie Leitungen zu klein.“

Das Problem ist also bekannt, doch warum werden solche Hydrauliken dann überhaupt noch eingesetzt? „Als in den 50er- und 60er-Jahren die Hydraulik entwickelt wurde, wurde das eben so gemacht“, berichtet der Fachmann. „Seitdem hat sich das nicht wesentlich geändert. Oft wird bei der Konstruktion solcher Maschinen einfach der Dieselmotor herausgenommen, ein Elektromotor hereingesetzt und die Hydraulik unverändert gelassen. Und dann wird sich gewundert, warum die Batterie so schnell leer ist.“ Stattdessen bei null anzufangen und eine Maschine von Grund auf neu aufzubauen werde aufgrund der Kosten von vielen Herstellern gescheut.

Klingt, als hätten die E-Maschinen noch einige Entwicklungsschritte vor sich. „Der Hydraulikzylinder bleibt aber, den kann man hinsichtlich der ausgeübten Kraft und Robustheit nicht ersetzen“, erläutert Peitsmeyer. Zwar gibt es schon Hydrauliksysteme, in denen mehrere Ölpumpen die Verluste minimieren, allerdings sind diese so teuer, dass sie sich für den Einsatz in manchen Anwendungen nicht lohnen. Um die Leistung der aktuellen Hydrauliken in E-Maschinen zu verbessern, rät Peitsmeyer stattdessen zu sogenannten „Power on demand“-Lösungen. Dabei handelt es sich um nachrüstbare Elemente, die den E-Antrieb der Pumpe effizienter machen, sodass diese nur so viel Leistung aus dem Netz zieht, wie sie gerade braucht. Solche Lösungen seien auch für die Anforderungen verschiedenster Anbaugeräte anpassbar und damit für den Bauhof interessant.

Bis die E-Maschinen vom Hersteller aus effizienter werden, gibt es also durchaus Maßnahmen, mit denen sich der Betrieb verbessern lässt. Abschreiben müssen Anwender die nachhaltigen Alternativen deswegen noch nicht.

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