Ob Weltkonzern oder mittelständisches Unternehmen – es ist gerade die Vielfalt an Herstellern von kommunalen Maschinen und Geräten, die den Markt für die Nutzer so interessant macht. Doch welche Erfolgsgeschichte steckt eigentlich hinter dem Unternehmen? Wo nehmen sie ihre Ideen und Inspirationen her? Und auf welche Produkte können sich unsere Leser in Zukunft freuen? In unserer Interview-Reihe 2018 stellen wir Ihnen dazu in regelmäßigen Abständen die unterschiedlichsten Betriebe vor. Diesmal liegt unser Fokus auf einer Firma, die auf eine 50-jährige Historie zurückblicken kann, in ihrer heutigen Form aber erst seit 2005 besteht: die matev GmbH (kurz für Maschinen-Technik-Verkauf). Vormals unter dem Namen Sperber bekannt, war das Unternehmen mit Sitz im bayrischen Langenzenn das erste, das Mitte der 70er Jahre ein Anbaugerät entwickelte, mit dessen Hilfe Mähen und Aufnehmen in einem Arbeitsgang möglich wurde. Nicht umsonst ist ihr Maskottchen Willi das wohl älteste Grasaufnahmegerät der Welt – ein Schaf. Anfänglich nur für John Deere Traktoren hergestellt, finden sich die Produkte der matev GmbH heute auch an einer ganzen Reihe weiterer Traktoren- sowie Geräteträgerhersteller. Wir sprachen mit einem der beiden Geschäftsführer Georg Hemmerlein (43) über die Entwicklung hin zur heutigen matev GmbH, den Gedanken des One-Stop-Shoppings, die Startschwierigkeiten beim ersten Kastenstreuer, aber auch darüber, welche Rolle die Feinstaub-Thematik für die zukünftige Entwicklung spielt.
Herr Hemmerlein, mit der Firma Sperber fing 1885 alles an. Was waren rückblickend die wichtigsten Entwicklungsschritte hin zum heutigen Unternehmen, der matev GmbH?
Die Firma Sperber war 1885 eine Hufschmiede, die sich damit beschäftigt hat, dem damaligen Traktor neue Reifen zu verpassen (lacht). Aus ganz vielen Hufschmieden wurden anschließend Traktorenhändler oder Reparaturwerkstätten – bei der Firma Sperber war es ein Landmaschinenhändler. Im Jahr 1965 flog Fritz Sperber im Rahmen einer von John Deere organisierten Reise in die USA, wo er das erste Mal Kompakttraktoren gesehen hat, die dort zur Grundstückspflege eingesetzt wurden. Da er die Maschinen auch für Deutschland interessant fand, um Grünflächen zu bearbeiten oder für den Winterdiensteinsatz, hat er gleich ein paar Container von den kleinen Traktoren nach Europa schiffen lassen. Da begannen dann schon die Probleme, denn die technischen Vorschriften in Amerika waren anders, die Maschinen mussten für die europäische Straßentauglichkeit modifiziert werden, was die Firma Sperber selbst bewerkstelligte. Anschließend fiel Fritz Sperber auf, dass er jetzt zwar kleine Traktoren hat, aber keine Anbaugeräte. Zu der Zeit gab es nur ein Mähwerk von John Deere. Zusammen mit qualifizierten Mitarbeitern entstand dann der Sperber Maschinenbau. Währenddessen funktionierte das Konzept mit dem Import der Kommunaltraktoren so gut, dass es weiter ausgebaut wurde, bis auch John Deere auf die Idee kam, die Kleintraktoren in Europa zu vertreiben. In dieser Zeit sind die Stückzahlen dermaßen gestiegen, dass man die Geräte und Maschinen nicht mehr in den eigenen Räumlichkeiten herstellen konnte. Es wurde der Sperber Maschinenbau am Standort Langenzenn gegründet. Weiteres Wachstum erforderte die Suche nach einem geeigneten Produktionsstandort und man wurde 1989/90 in Ungarn fündig. Später kam die gesamte Firma Sperber in finanzielle Schieflage. Im Laufe des Sanierungskonzepts, bei dem wir alle Arbeitsplätze erhalten konnten, kam ich 2005 dann gemeinsam mit dem Sperber Urgestein Wilhelm Dürschinger auf die Idee, den Sperber Maschinenbau auszugründen und selbst zu übernehmen.
Was ist Ihr Erfolgsgeheimnis?
Ich glaube, unser ganz großes Erfolgsgeheimnis besteht darin, dass die Firma sich schon immer sehr nah am Kundennutzen orientiert hat. D.h. man hat sich nie technisch verkünstelt oder wahnsinnig aufwendige und teure Maschinen entwickelt, die dann am Ende keiner bezahlen konnte oder wollte. Man hat sich zudem immer mit einem gewissen Qualitätsversprechen auseinandergesetzt, mit einer Service- und Liefertreue, aber auch Loyalität. Außerdem binden wir uns sehr stark an unsere Wiederverkäufer, sprich wir verkaufen nur über Händler. Und wir versuchen seit 2005 den Gedanken des One-Stop-Shoppings zu verfolgen, d.h. wir sind darauf fokussiert, dass der Händler die wichtigsten Anbaugeräte, die er benötigt, um den Traktor den er verkauft, zur Arbeitsmaschine auszustatten, alle bei der matev bekommt. Das funktioniert natürlich nicht alles auf einmal. Wir versuchen deshalb, jedes Jahr unser Produktprogramm zu vergrößern.
Und wo nehmen Sie Ihre Ideen für diese Vielzahl an Entwicklungen her?
Es ist ganz wichtig, das Ohr beim Kunden zu haben. Nehmen wir unsere „Kratz-Ratz“ WRM-M 145/200 als Beispiel. Wir wollten nicht zwingend eine Wildkrautbürste herstellen, aber die Kunden haben danach gefragt, denn sonst hätten sie sich das Anbaugerät bei einem anderen Hersteller zulegen müssen. Genau auf diese Weise, im Dialog mit den Kunden, entstehen bei uns die meisten Produkte. Es kam aber auch schon vor, dass wir Produkte bei Kunden gesehen haben, die sie entwickelt haben, wie beispielsweise einen Rasenstriegel. Wir fanden die Idee so toll, dass wir den Rasenstriegel optimiert, getestet und als SCA-M 130 ins Produktprogramm mit aufgenommen haben. Mittlerweile ist er der Verkaufsschlager schlechthin. Statt aufwendiger Technik für das richtige Vertikutieren und Pflegen von Sportplätzen, hängt der Kunde bei uns einfach den Rasenstriegel vor das matev-Mähwerk. Zusammen mit unserer Grasaufnahme erledigt er alles in einem Arbeitsgang.
Welche Produkte von matev kamen neben der „Kratz-Ratz“ sonst noch zuletzt auf den Markt?
Vor zwei Jahren haben wir unseren Kastenstreuer SPR-H/M 80/100/120 entwickelt und zunächst als Kleinstserien an ausgewählte Kunden verkauft, um ein bisschen eine Null-Serien-Erfahrung zu bekommen. Wir haben immer schon Sand- und Salzstreuer produziert, die super ankamen. Allerdings bekamen wir das Feedback, dass unsere Kunden auch einen Kastenstreuer bräuchten. Also haben wir einen solchen entwickelt, indem wir uns einfach angeschaut haben, was der Kunde will und was der Wettbewerb macht. Dabei haben wir wieder versucht, das Optimum herauszuholen.
Gibt es zum Kastenstreuer Angaben hinsichtlich der verkauften Stückzahlen?
Im ersten Jahr haben wir von den Kastenstreuern an zehn ausgewählte Kunden jeweils zehn Einheiten verkauft. Im Jahr darauf war das Gerät serienreif und wurde im freien Verkauf angeboten. Verkauft haben wir da rund 40 Kastenstreuer. In dieser Saison werden wir sicher bei 70 bis 80 Stück landen.
Gibt es Produkte aus dem Hause matev, die in ihrem Bereich Vorreiter auf dem Markt waren?
Auf jeden Fall das Mähen und Aufnehmen in einem Arbeitsgang. Aus heutiger Sicht ist das zwar nichts Neues. Aber Mitte der 70er Jahre war das die erste Lösung dieser Art auf dem europäischen Markt und ich glaube sogar weltweit – und sie kam aus dem Hause matev bzw. Sperber. Früher wurde wie in der Landtechnik einfach gemäht und danach das Mähgut weggekehrt oder gerecht. Deshalb ging 1976 auch der neue Geschäftsbereich „Mähen und Aufnehmen in einem Arbeitsgang“ an den Markt. Wenn wir heute rein das Mähen und Aufnehmen als Produktgruppe in der Praxis sehen, dann liegt hier der Umsatzanteil immer noch bei ungefähr 35 Prozent. Außerdem sind wir im Bereich der Grasaufnahmegeräte, die ein Fassungsvolumen größer als 1.000 Liter haben, eindeutig Marktführer. Hier kriegen wir ja immer die Zahlen vom VDMA und die besagen, dass matev von den Stückzahlen her teilweise einen Marktanteil von über 45 Prozent besitzt.
Ist der Produktbereich „Mähen und Aufnehmen“ damit Ihr umsatzstärkster?
Der Bereich Mähen und Aufnehmen steht sicherlich an erster Stelle. Den zweiten Block macht das ganze Thema Basics aus, also alles, was man direkt an den Traktor baut. Dazu gehören unter anderem unsere Fronthydrauliken, Kotflügel oder auch Hydrauliksätze. Danach kommt schon der Bereich Winter. In Zahlen gesagt umfasst der Bereich Grasaufnahme 35 Prozent, die Basics 30 Prozent und der Bereich Winter ebenfalls 30 Prozent des Umsatzes. Der Rest verteilt sich auf die anderen Produkte wie beispielsweise Kehrmaschine oder Wildkrautbürste. Allerdings muss hier zwischen Umsatz nach Geld und nach Stückzahlen unterschieden werden. Denn nach Stückzahlen sind es sicherlich die Fronthydrauliken, die matev am meisten verkauft.
Wo kommen ihre Produkte überall zum Einsatz?
Unsere Geräte sind zu 90 Prozent im Kommunalbereich im Einsatz. Die restlichen rund 10 Prozent macht der Industriebereich aus, sprich größere Werksanlagen, die mit unseren Produkten gepflegt werden. Aber die Kommune an sich, das ist unser Spielfeld. Wir haben die Einsatzbereiche hier mal für uns ein bisschen genauer analysiert: Es hält sich ungefähr die Waage zwischen Dienstleistern und der Kommune direkt. Aber die Dienstleiter sind dann natürlich auch für die Kommune tätig.
Wo auf der Welt findet man Ihre Geräte?
Auf der einen Seite haben wir die gebrandeten Produkte, wo der Markenname matev im Vordergrund steht. Die können wir auf Europa beschränken. Wir haben da auch bislang keine Anstrengungen unternommen, uns weiter auszuweiten, weil wir in Europa noch viele Möglichkeiten haben. Im ganz großen Fokus stehen hier Deutschland, Österreich sowie die Schweiz. Und neuerdings auch die osteuropäischen Länder, da dort in der Kommune langsam eine Mechanisierung stattfindet. Skandinavien ist sicherlich ein Thema für gewisse Nischenprodukte und den Winterbereich. Auf der anderen Seite gibt es die sogenannten OEM-Produkte, wo wir nicht als Marke auftreten, sondern für diverse Hersteller Lieferant sind. Wir haben z.B. für einen Frontmäher von John Deere ein Grasaufnahmegerät entwickelt – und das ist tatsächlich auch seit diesem Jahr in Australien verfügbar.
Was schätzen Kunden an den Produkten der matev GmbH?
Ich sage immer, wenn der Kunde sich nicht rührt, dann ist alles gut gelaufen (lacht). Was sie aber besonders schätzen ist, dass unsere Produkte sehr flexibel einsetzbar sind und wir diverse Lösungen für diverseste Traktoren und Anwendungen haben. Außerdem bieten wir eine ganz spezielle Dienstleistung an: Viele Wettbewerber verschicken ihre Produkte teilmontiert. Wir dagegen montieren das Produkt bei uns vor und verschicken es erst dann. So wissen wir zum einen, dass keine Fehlmontage passieren kann. Zum anderen ist es eine Arbeitserleichterung für den Händler.
Gibt es ein Beispiel für ein Produkt, das aufgrund eines Kundenfeedbacks verändert wurde?
Das gibt es in der Tat. Als wir angefangen haben, die Schleuderstreuer zu produzieren, hatten wir noch keine Erfahrung und wollten mal alles anders als der Wettbewerb machen. Also haben wir ein Edelstahlgerüst genommen und den Streuertrichter aus Kunststoff gefertigt. Wir waren total stolz, da Edelstahl und Plastik beim Einsatz von Salz nicht rosten. Später mussten wir allerdings feststellen, dass der Rührfinger sich mit dem Plastik nicht so gut verträgt (lacht). Nach einer gewissen Zeit waren die Plastikbehälter aufgerieben. Hier mussten wir dann schnell reagieren, dem Kunden eine Nachrüstlösung in Form eines Verschleißrings zur Verfügung stellen und in Windeseile das Produkt dahingehend überarbeiten. Die Automobilindustrie macht in solchen Fällen eine Rückrufaktion. Wir haben proaktiv gehandelt und allen Kunden, an die die Streuer bereits geliefert wurden – das war Gott sei Dank in den Anfängen, d.h. die Stückzahlen waren auch noch überschaubar – diesen Kit zum Selbsteinbau zusammen mit einer Gutschrift für die Stunden zugeschickt, so dass sie die Produkte dann updaten konnten.
An welcher Technologie forscht matev derzeit? Darf man schon etwas verraten?
Mittlerweile ist das Thema Feinstaub in aller Munde. Wenn man öffentliche Flächen reinigt oder mäht, dann entsteht zwangsläufig Staub. Deshalb beschäftigen wir uns im Moment mit der Frage, wie man den Staub trotz einer gleichbleibenden Reinigungsleistung gebunden bekommt. Bis zur nächsten demopark werden wir sicherlich noch kein serienreifes Produkt präsentieren können – das wird es frühestens übernächste Saison geben. Aber unser Plan ist es, dort bereits eine Studie vorzustellen zu können, um vom Kunden ein Feedback zu bekommen.
Fakten zur matev GmbH
Anzahl der Mitarbeiter: 35 in Deutschland, ca. 120 in Ungarn
Geschäftsführer: Georg Hemmerlein, Michael Volz
Sitz: Langenzenn (Bayern)
Gründungsjahr: 2005
Produktionsfläche: 2.500 Quadratmeter (Langenzenn), 40.000 Quadratmeter davon 5.000 Quadratmeter Hallenfläche (Ungarn)
Interview: Jessica Gsell – Redaktion Bauhof-online.de
Bilder: matev GmbH