Die Anwendung von Flüssig- und Kombinationsstreuung wird laut Wilmers Kommunaltechnik immer beliebter – nicht nur im Norden Europas, wo der Trend begann, sondern auch in anderen europäischen Ländern: „Sole wird von immer mehr Kunden akzeptiert. Der Anteil der Streuer, die diese Technologien verwenden, nimmt im Gesamtverkauf stetig zu“, sagt Geschäftsführer Maximilian Wilmers. Das bestätigt auch Achim Fritzke, Verkaufsleiter von Hilltip Deutschland. Seiner Einschätzung nach lag der Marktanteil für Soletechnik vor wenigen Jahren noch bei 40 Prozent, heute wünschen dies bereits 70 Prozent seiner Kunden: „Nicht nur Kommunen, auch Dienstleister mit kleinen Pick-ups kaufen die Solefähigkeit oft gleich mit.“ Ecotech-Produktionsleiter Jörg Hackl ergänzt, dass der große Sole-Hype bereits zwischen 2013 und 2017 begann: „Inzwischen ist auch die Ökologie ein wichtiger Aspekt für die FS100-Technik, denn mit Sole kommt bis zu 80 Prozent weniger Salz in die Umwelt.“
Auch bei Fiedler sieht man gegenüber Trockenstoff- und FS-30-Streuern einen Marktanteil von 30 Prozent für Solegeräte, 80 Prozent der Kunden gehen präventiv mit FS100 in den Winterdienst und fahren nicht mehr erst bei Glatteis. Dafür müssen aber dementsprechende Strategien erarbeitet werden, was sich beispielsweise auch auf die Dienstpläne auswirkt. Zunehmend kommt FS100 auch auf Fahrradwegen zum Einsatz, denn klassischer Trockenstoff braucht immer auch Verkehr, um wirklich homogen in Schnee und Eis eingearbeitet und verteilt zu werden. Radwege bieten diesen Effekt nicht, weshalb FS100 dort vorteilhaft ist. In Hannover etwa arbeite man laut Fiedler seit zehn Jahren entsprechend: Vorne kehrt das Kompaktfahrzeug die Decke schwarz, hinten sitzen 1.800 Liter Sole samt Ausbringtechnik.
Auch Aebi Schmidt bietet mit dem TSS ein ähnliches System: Es wird z.B. von einem Kompakt-Traktor gezogen, an dem vorne ein Schneeschild arbeitet. Hinten am TSS erledigt dann ein Besen den Rest, da sonst der noch verbliebene Schnee die aufgesprühte Sole zu stark verdünnt und die Wirkung dann geringer ausfällt. Bei zu starkem Niederschlag ist das Verfahren daher ebenfalls nicht das Mittel der Wahl. Übrigens bietet Ecotech auch rückengetragene Sprüher mit 15-Liter-Tank an, die auf Gehwegen den klassischen Streukübel samt Handschaufel ersetzen können.
Kanadier verwenden spezielle Zuckerlösung
Als Richtwert geben Hersteller wie Bucher maximal minus sechs Grad an, bei tieferen Temperaturen kommt das herkömmliche FS100 aus Natriumchlorid-Salz (NaCl) an seine Grenze. „Wir hüten uns aber vor Angaben zu Temperaturen, da wir diese Verantwortung nicht gewährleisten können. Das müssen entsprechende Fachleute für die Sole selbst angeben, wir liefern nur die Ausbringtechnik“, sagt Bucher-Produktmanager Oliver Münch. Magnesiumchlorid (MgCl2) kostet deutlich mehr, funktioniert dafür aber bis unter minus 20 Grad. Stefan Fiedler, Geschäftsführer des gleichnamigen Kommunaltechnikherstellers, ergänzt, dass seinen Kunden in Kanada bei bis zu minus 40 Grad auch diese Sole nicht mehr reicht, sie aber dennoch flüssig arbeiten können: Mit einer speziellen Zuckerlösung.
Ist der Fahrer auf der Straße, muss er im Vergleich zu anderen Streuverfahren nichts an seiner Fahrweise oder seinen Gewohnheiten ändern. Die Fahrgeschwindigkeit während des Streuvorgangs wird durch den Europäischen Standard DIN EN 15597-1 definiert, der eine Geschwindigkeit von 5 bis 80 km/h je nach Dosierung der Streuflüssigkeit und Streubreite vorsieht. Zum Beispiel ergibt sich für eine maximale Streubreite von zwölf Metern und eine Dosierung von 70 g/m² die erwartete Geschwindigkeit von 52,5 km/h. Dies ist auch mit Solestreuern problemlos machbar.
Im Detail unterscheiden sich die Methoden der einzelnen Hersteller. Die wichtigste Frage ist dabei: Düse oder Teller? Wilmers verdeutlicht das anhand der vertriebenen Rasco-Produkte: Der kroatische Hersteller bietet in seiner Produktpalette zwei verschiedene FS100-Systeme an. Über einen Balken mit speziell entwickelten Düsen arbeitet die Liquid-Serie, wobei eine Breite von bis zu zwölf Metern in Schritten von 0,5 Metern erreicht werden kann. Dabei kann auch die Symmetrie/Asymmetrie des Streubilds geändert werden. Solid-C-Streuer dagegen können neben trockenem und feuchtem Material über einen Standardstreuteller auch Sole über einen Düsenbalken oder einen Streuteller ausbringen – je nach den Bedürfnissen. Per Teller sei eine Streubreite von sechs bis acht Metern bei einem guten Streubild zu erreichen. „Der Streuteller ist wartungstechnisch sicherer, da es nicht zu Verstopfungen kommt. Wenn der Benutzer jedoch eine Streubreite von mehr als acht Metern benötigt, muss er einen Balken mit Düsen verwenden. Streuer mit einem Düsenbalken ermöglichen zudem eine höhere Präzision, auch bei hohen Fahrzeuggeschwindigkeiten. Die Balken und Düsen müssen allerdings häufiger gewartet werden als das Streuteller-System“, so Wilmers.
Gesteuerte Düsen sind von Vorteil
Ähnlich sieht es auch Fiedler: „20 ml Sole auf einen m2 homogen zu verteilen, ist schwer mit dem Teller machbar. Daher wird ja auch in der Landtechnik Pflanzenschutzmittel nur per Düsenbalken ausgebracht, weil das hinsichtlich Genauigkeit anders nicht möglich ist. Ansonsten würden alle relevanten Hersteller dort auch sofort auf die günstigere Tellertechnik umstellen.“ Auf Flughäfen sei es zudem auch oft nötig, einzelne Düsen abzuschalten, um Überlappung zu vermeiden. Auch das geht mit dem Teller nur halbwegs gut. Wichtig seien dabei aber die speziellen Düsen, denn einfache vom Schwemmbalken etwa brächten keine zufriedenstellenden Ergebnisse: „Solche günstigen Düsen können nur bei nur bei der richtigen Durchflussmenge sauber sprühen. Bei acht bar braucht eine 45-Grad-Düse mindestens drei l/min, um ein homogenes Streubild zu erzeugen. Bei höheren Geschwindigkeiten geht das eventuell, auf Gehwegen ist man aber eher mit einem Sole-Schwemmgerät unterwegs. Die Salz-Einsparung ist dann dahin.“ Daher braucht es gesteuerte Düsen, die auf den Druck reagieren, am besten via Membrane. Denn Federn können bei der Kristallisation des Salzes in der Düse ihre Funktion verlieren, die Düse schließt oder öffnet dann nicht mehr korrekt.
Ebenso sieht man es auch bei Aebi Schmidt, wo man ebenfalls auf selbst entwickelte Membran-Technik setzt und so das Verstopfungsproblem beseitigt. Hilltip gibt zudem entsprechende Anweisungen, wie mit den Sole-Geräten nach getaner Arbeit vorgegangen werden muss. Kristallisiert das Salz dennoch einmal und sorgt für Verstopfung, könne die entsprechende Düse einfach abgeschraubt und mit Wasser gereinigt werden. Auch Ecotech – Sole-Pionier und damit bereits seit mehr als 20 Jahren im Markt – setzt seit Beginn ausschließlich auf die Düse: „Wir legen Wert auf hohe Präzision, die Tellerausbringung ist uns zu ungenau. Unsere Maschinen sind zudem vom Rahmen bis zur Abdeckung zu großen Teilen aus Edelstahl gefertigt, womit wir unseren Anspruch an Qualität verdeutlichen. Dass das eventuell einen Hauch teurer ist, nehmen unsere Kunden durch die lange Haltbarkeit gerne in Kauf“, erklärt Hackl.
Bei Bucher habe man die Düsentechnik, mit der man vor gut zehn Jahren in den Markt eingestiegen ist, zwar ebenfalls noch im Programm, der Trend gehe aber absolut in Richtung Teller: „Die Düse ist zu teuer in der Wartung und benötigt zusätzliche Ventile im Gerätekasten. Wir haben diese Technik im letzten Jahr kein einziges Mal mehr verkauft, nur noch Teller“, sagt Münch. Für die Acht-bis-Zwölfmeter-Klasse verbaut man den BrineStar genannten Verteilstern zusätzlich unten am Teller. „Psychologisch kommt der Teller auch bei der Bevölkerung besser an, denn Düsen vermitteln den Eindruck, man würde Wasser auf die kalte Straße ausbringen.“
Streubild für flüssige Applikation optimieren
Aebi Schmidt arbeitet mit einem Doppelteller auf zwei Ebenen: einer für FS100, einer für FS30. Bei Letzterem werden Sole und Salz auf die gleiche Stelle des Tellers gebracht, bei FS100 ist eine andere Stelle des Tellers besser geeignet, um das Streubild für die flüssige Applikation zu optimieren. Hier ist aber der Teller ebenfalls in der Arbeitsbreite eingeschränkt. Kugelmann setzt komplett auf den Teller und kommt dank eines speziellen Designs damit auch auf bis zu zwölf Meter Arbeitsbreite: „Bei einer Fahrgeschwindigkeit von 30 bis 40 km/h am Lkw sieht man praktisch keine Tropfen mehr, sie werden durch den Luftzug gleichmäßig verteilt. Beim Einsatz auf Gehwegen sieht man aber eher noch Tropfen“, sagt Andreas Wörner, bei Kugelmann für den Kommunaltechnik-Vertrieb zuständig.
Eine weitere Möglichkeit sind Kombigeräte, die sowohl FS100 als auch FS30 und alles dazwischen ausbringen können. Dabei sei aber dann die Tankkapazität eingeschränkt. Reine Soletechnik verfügt über große Flüssigkeitstanks und kommt daher auf entsprechende Reichweiten. Mit dem Kombiflex von Aebi Schmidt kann auch die entsprechende Ladekapazität der jeweiligen Tanks verstellt werden, je nachdem wie viel Trockensalz und wie viel Sole mit auf die Straße kommen sollen. Wenn genügend Budget vorhanden ist, empfiehlt Bucher verschiedene Geräte für FS30 und FS100, die je nach Wetter gewechselt werden. Es sei aber auch möglich, den FS30-Streuer in einer FS100-fähigen Variante zu kaufen, was sich gut als Einstieg in die Sole-Thematik eigne. Dafür werden eine größere Solepumpe sowie ein optimierter Streuteller montiert und die Steuersoftware bis FS100 freigeschaltet. Bei Hilltip können sämtliche Geräte bereits alles von Vorbefeuchtung bis FS100, auch als Nachrüstung.
Ebenfalls immer häufiger nachgefragt sind ganzjährig nutzbare Kombinationen, um im Sommer dann mit Gießarm oder Schwemmbalken arbeiten zu können. Laut Fiedler kostet das einen vergleichsweise geringen Aufpreis. Kugelmann wechselt dafür das komplette Heck der Streumaschine werkzeuglos in wenigen Minuten, da im Sommer andere Drücke und Volumen benötigt werden. Bei Ecotech werden dafür passende Hochdruckpumpen montiert.