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Aus- und Weiterbildung Mobile Arbeitsgeräte und virtuelles Lernen

Das Führen mobiler Arbeitsgeräte erfordert eine qualifizierte Ausbildung des Fahrpersonals. Simulatoren bieten hier ungeahnte Möglichkeiten. Es ist zu erwarten, dass sie in Zukunft die Realität noch besser als bisher abbilden werden. Voraussichtlich wird auch die Akzeptanz von Simulatoren steigen. Allerdings sind dem virtuellen Lernen bzgl. Bedienen von Maschinen Grenzen gesetzt.

Lesedauer: min | Bildquelle: Tirre; Manitou; Genie
Von: Markus Tischendorf

Qualifizierung der Maschinenführer

Eine Vielzahl mobiler Arbeitsgeräte erleichtert die Arbeit in weiten Teilen der Industrie und der Kommunalwirtschaft. Flurförderzeuge, Teleskopstapler, Hubarbeitsbühnen, Mobilkrane und Ähnliches ersetzen manuelle Hebe- und Tragevorgänge durch Maschinenkraft. Bediener dieser Geräte tragen eine große Verantwortung. Schon kleine Fehler können zum Herabfallen von Lasten, zu Kollisionen oder zum Umstürzen des eigenen Gerätes führen. Der Gesetzgeber und die gesetzlichen Unfallversicherungsträger in Deutschland stellen daher besondere Anforderungen an das Bedienpersonal. Bei der Übertragung von Aufgaben hat der Arbeitgeber je nach Art der Tätigkeit zu berücksichtigen, ob die Beschäftigten befähigt sind, die für Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Aufgabenerfüllung zu beachtenden Bestimmungen einzuhalten. Zusätzlich muss der Arbeitgeber das Personal vor Aufnahme der Gerätebenutzung tätigkeitsbezogen unterweisen. Danach hat er in regelmäßigen Abständen – mindestens einmal jährlich – weitere Unterweisungen abzuhalten.

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Für Maschinenführer gelten strenge Maßstäbe

Bei sicherheitsrelevanten Tätigkeiten wie dem Führen mobiler Arbeitsgeräte ist bei der Beurteilung der Befähigung der Bediener ein strenger Maßstab anzulegen. In der Regel kann der Arbeitgeber davon ausgehen, dass die Anforderungen an das Fahrpersonal erfüllt sind, wenn die Grundsätze der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) eingehalten werden. Solche Regeln gibt es bisher für:

  • Flurförderzeuge mit Fahrersitz oder Fahrerstand,
  • fahrbare Hubarbeitsbühnen,
  • geländegängige Teleskopstapler sowie
  • verschiedene Kranarten.

Alle DGUV-Grundsätze schreiben eine Qualifizierung des Fahrpersonals in Theorie und Praxis vor. Das Regelwerk fordert eine theoretische und praktische Prüfung, mit der die Teilnehmer ihre Befähigung zum Führen der Maschinen gegenüber dem Arbeitgeber nachweisen. Entspricht das Ausbildungsgerät nicht der im Unternehmen vorhandenen Maschine, ist zusätzlich eine gesonderte Einweisung auf dem eigenen Gerät erforderlich.

Trainingserfolg nicht dem Zufall überlassen

Moderne Simulatoren ermöglichen die Nachbildung spezifischer Realitäten für unterschiedliche Zwecke. Ursprünglich für die Ausbildung von Flugzeugpiloten entwickelt und ständig verbessert, hält diese Technologie nun auch in anderen Bereichen Einzug. Bemerkenswert sind die jüngsten Entwicklungen, die die Aus- und Weiterbildung von Maschinenführern ermöglichen. Beim Einsatz von Simulatoren stehen dem Lernenden verschiedene Eingaben zur Verfügung, wie z.B. das Lenken, Bremsen oder Beschleunigen eines Objektes. Gleichzeitig gibt das System dem Lernenden visuelle, akustische, haptische oder andere physikalische Größen zurück, auf die er wiederum reagieren kann. Die Qualität eines Simulators hängt zum einen davon ab, wie realitätsgetreu das System die Wirklichkeit abbildet. Hier sind den technischen Möglichkeiten keine Grenzen gesetzt, allerdings steigen die Investitionskosten für das System mit zunehmender Technisierung stark an. Zum anderen sind die didaktischen Möglichkeiten zu berücksichtigen, die sich durch den Einsatz von Simulatoren in der Erwachsenenbildung ergeben. Vorteile der Simulatoren in der Aus- und Weiterbildung von Bedienern mobiler Arbeitsgeräte liegen auf der Hand:

  • Möglichkeit des gefahrlosen Übens potenziell gefährlicher Situationen
  • freies Lernen ohne Angst vor folgenschweren Bedienungsfehlern
  • weitgehend orts- und zeitungebundenes Training der Lernenden
  • Steigerung der Attraktivität von Aus- und Weiterbildung durch den Einsatz moderner Technologien

Vielfältige virtuelle Lernwelten

Aus der Lernforschung ist bekannt, dass der Lernerfolg stark von der verwendeten Methode abhängt. Wer beispielsweise eine Bedienungsanleitung liest, weiß noch lange nicht, wie eine Baumaschine zu bedienen ist – geschweige denn, wie sie auf einzelne Steuerbefehle reagiert. Wie groß ist der Nachlauf einzelner Komponenten? Wie schnell reagiert die Maschine auf einzelne Steuerbefehle oder Bremsvorgänge? Lernen durch „Begreifen“ ist die bevorzugte Lernmethode, wenn es darum geht, mobile Arbeitsgeräte zuverlässig und sicher zu steuern. Dass es ohne Theorie und das Wissen um physikalische Einflüsse nicht geht, ist unbestritten. Doch welche Möglichkeiten des virtuellen Lernens gibt es? Grundsätzlich unterscheidet man zwischen Virtual Reality und Augmented Reality bzw. Mixed Reality.

  • Virtuelle Realität (VR): Hier bewegen sich die Lernenden in einer vollständig simulierten Umgebung. Sie sehen, bewegen Objekte und z. B. Maschinen, die meistens der späteren Arbeitsumgebung nachempfunden sind. Durch eigenes Handeln können Maschinen und Geräte gesteuert werden – Konsequenzen werden direkt erfahrbar. Für die Interaktion benötigen die Lernenden eigene Eingabegeräte, die realen Bedienelementen oder sogar kompletten Fahrerkabinen nachgebildet sind.
  • Augmented Reality (AR) bzw. Mixed Reality (MR): Von erweiterter oder gemischter Realität spricht man, wenn die virtuelle Wahrnehmung und die objektive, d. h. reale Welt miteinander verschmelzen. Die reale Welt wird also um zusätzliche Informationen wie technische Daten, Wartungs- und Bedienungsanleitungen etc. erweitert.

Welche virtuellen Lernsysteme letztlich für die Aus- und Weiterbildung von Maschinenführern geeignet sind, hängt vom jeweiligen Einstiegsniveau des Lernenden, dem späteren Arbeitsumfeld sowie der tatsächlichen Tätigkeit ab. Veränderte Umgebungsbedingungen wie Sturm, Gewitter oder Dunkelheit können in einer virtuellen Lernumgebung problemlos simuliert werden, während dies in der Realität nicht der Fall ist.


 

Virtuelle Versprechen haben Grenzen

Der Arbeitsschutz in Deutschland ist zum Teil stark reglementiert, gleichsam aber auch sehr liberal. Durch die Pflicht zur Gefährdungsbeurteilung hat der Arbeitgeber einen gewissen Spielraum, wenn es um die Festlegung und Umsetzung von Schutzmaßnahmen im eigenen Unternehmen geht. Dies gilt auch für die Qualifizierung der Bediener von mobilen Arbeitsgeräten. Dennoch ist der Arbeitgeber gut beraten, den anerkannten Stand der Technik zu berücksichtigen. Den Versprechungen von Anbietern und Dienstleistern, die mit den Vorteilen von Simulatoren werben, steht die Frage gegenüber, inwieweit die derzeit verfügbaren Simulatoren die Aus- und Weiterbildung von Maschinenführern ergänzen oder vollständig ersetzen können.

Hierzu hat der Fachbereich „Handel und Logistik“ der DGUV in seiner Mitteilung FBHL-019 „Einsatz von Simulationssystemen zur Qualifizierung von Bediener/innen mobiler Arbeitsmittel“ Stellung genommen. Experten kommen zu dem Schluss, dass Simulatoren durchaus geeignet sind, die Aus- und Weiterbildung zu verbessern. Der Anteil simulatorgestützter Ausbildungsinhalte hänge jedoch entscheidend von der Qualität des Systems ab. Je höher die Systemqualität ist, desto höher wird der Anteil der simulatorgestützten Ausbildung sein. Jedoch sollte die Einbindung von Simulatoren in die Bedienerqualifikation von erfahrenen Trainern des jeweiligen Wissensgebietes begleitet werden. Eine Einschränkung gibt es außerdem: Nach Einschätzung der DGUV-Gutachter können Simulatoren in der Ausbildung von Kranführern derzeit nur zu Übungszwecken eingesetzt werden, da sie die geforderten Praxiskriterien des DGUV Grundsatzes 309-003 bis heute noch nicht erfüllen.

Abschließende Bemerkungen

Mobile Arbeitsgeräte wie Hubarbeitsbühnen, Flurförderzeuge, Teleskopstapler und Mobilkrane sind komplexe Maschinen, die von den Herstellern ständig weiterentwickelt werden. Der technische Fortschritt und eine zunehmende Sicherheitstechnik führen zu einer Steigerung der Komplexität der Maschinen und dadurch zu erhöhten Bedieneranforderungen. Simulatoren können helfen, die Qualität und Attraktivität der Ausbildung zu steigern. Handgriffe können so oft wiederholt werden, bis das Arbeitsgerät vollständig beherrscht wird. Ein wesentlicher Vorteil von Simulatoren ist zudem, dass auch potenziell gefährliche Arbeitssituationen ohne reale Unfallgefahren trainiert werden können. Selbst typische Unfallszenarien (z.B. das Umkippen der Maschine) durch Bedienfehler des Lernenden werden in der virtuellen Lernumgebung erlebbar und führen so zu einer Stärkung des sicheren Verhaltens. Es ist bekannt, dass ein Großteil der Arbeitsunfälle in Deutschland durch Fehlverhalten der Beschäftigten verursacht wird. Daher reicht das Beherrschen komplexer Steuerbefehle eines Arbeitsgerätes nicht aus, um Unfälle zu vermeiden. Es sollte stets auch ein Verständnis für die Arbeitssicherheit vermittelt werden, was wiederum erfahrene Ausbilder mit entsprechender Vorbildfunktion voraussetzt.

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