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Reportage: Hinter den Kulissen der Stadtgärtnerei Lindau

Wenn kurz vor Pfingsten der Frühjahrs- durch den Sommerflor ersetzt wird, gibt es für die Mitarbeiter viel zu tun. Wir haben der Stadtgärtnerei am Bodensee einen Besuch abgestattet und unter anderem erfahren, welche Neuerungen in naher Zukunft anstehen

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Von: Jessica Gsell

Rund 4 Millionen Tagesgäste besuchen jährlich Lindau. Da wundert es niemanden, dass die bayerische Stadt am Bodensee großen Wert auf ein schönes Erscheinungsbild legt. Für den grünen Daumen in Lindau sind maßgeblich die 43 Mitarbeiter der Stadtgärtnerei verantwortlich. Und die haben einiges zu tun – müssen doch unter anderem 135 Hektar Grünfläche, 20.000 Bäume sowie rund 7 Kilometer Hecke gepflegt werden. Neben Ostern ist gerade die Zeit um Pfingsten eine sehr arbeitsintensive für die Stadtgärtnerei. Denn dann wird der gesamte Frühjahrsflor durch einen Sommerflor ersetzt. Doch alleine mit dem Ausbringen der neuen Pflanzen ist es nicht getan. Bei einem Besuch in der Stadtgärtnerei Lindau hat uns Betriebsmeister Jan Wragge einmal gezeigt, welche Aufgaben dort das ganze Jahr über anfallen.

Von ihrer Lage her könnte es die Stadtgärtnerei nicht schöner treffen: Das 15.000 Quadratmeter große Areal befindet sich inmitten einer Parkanlage. Platz für Fuhrpark, Gewächshäuser und Frühbeete gibt es hier ausreichend. Doch das könnte sich bald ändern, wie Wragge erzählt: „In der Stadtratssitzung heute Abend wird entschieden, ob wir umziehen.“ Um Platz für neuen Wohnraum im Zentrum Lindaus zu schaffen, sollen Stadtgärtnerei und Bauhof auf das Gelände der Kläranlage ziehen. Hier stünde ihnen dann allerdings weniger Fläche zur Verfügung. Wragge und sein Team haben sich bereits mit einem Umzug abgefunden. Und der Betriebsmeister soll Recht behalten: Noch am selben Abend stimmt die Mehrheit des Stadtrates für einen Standortwechsel. Seit die Stadtgärtnerei als größte Abteilung vor zwei Jahren der GTL (Garten- und Tiefbaubetriebe Lindau) untergeordnet wurde, ist so einiges im Umbruch.

Anschaffung eines eigenen Hubsteigers für die Baumpflege

Wragge ist froh, dass die einzelnen Abteilungen derzeit noch dezentral organisiert sind – beispielsweise beim Thema Fuhrpark. Wie üblich, befindet sich auch heute kaum eines der rund 30 Fahrzeuge noch auf dem Gelände. „Die sind bei uns eigentlich ständig im Einsatz“, berichtet Wragge. Einzig ihr Hubsteiger, ausgestattet mit einem 30-Meter-Baumpflegekorb, ist vom Büro des 50-Jährigen aus zu sehen. Auf den sind die Mitarbeiter besonders stolz: Im vergangenen Jahr haben sie sich endlich eine neue Maschine zugelegt. Bislang mussten Arbeiten, wie die Kontrolle der Baumkronen, von Kletterern ausgeführt werden. „Die mussten dann eine Kletterausbildung haben“, erklärt Wragge. Und auch die Absicherung der Mitarbeiter sowie der Einsatzstelle sei stets mit einem großen Aufwand verbunden gewesen. „Mit dem Hubsteiger geht das jetzt viel leichter“, freut sich der Betriebsmeister. In den kommenden fünf Jahren will man auch noch den Rest des Fuhrparks unter die Lupe nehmen und entscheiden, welche Maschinen und Geräte gegen neuere ersetzt werden müssen. Im selben Gebäude wie das Büro des Betriebsmeisters finden sich auch Kalt- und Warmhaus. „Als Lehrbetrieb produzieren wir die meisten unsere Pflanzen noch selbst“, sagt Wragge. Für den Frühjahrsflor – der um Ostern ausgebracht wird -  werden hier knapp 70.000 Pflanzen angezogen. Um Pfingsten herum wird dann auf den Sommerflor umgestellt – dafür werden noch einmal 45.000 Pflanzen produziert. Zusätzlich kauft die Stadtgärtnerei rund 15.000 Gewächse aus Holland ein. Jetzt, so kurz vor Pfingsten, sind die beiden Gewächshäuser bereits recht leer. Immer wieder versucht sich die Stadtgärtnerei aber auch an neuen Pflanzensorten – so werden gerade in zwei selbstgebastelten Treibhäusern aus alten Fußballtoren Veilchen herangezogen. Bei seinen Mitarbeitern setzt Wragge sehr auf Eigenverantwortung. „Jeder Vorarbeiter leitet seine Gruppe, bestehend aus fünf bis sechs Mann, eigenständig“, berichtet der Betriebsmeister. Gerade ist ein Trupp dabei, Pflanzen auf seine Pritschenfahrzeuge zu laden.

Auf der anschließenden Stadtrundfahrt durch Lindau wird klar: Über zu wenig Arbeiten können sich die Mitarbeiter der Stadtgärtnerei gerade nicht beklagen. Auf dem Festland sowie der dazugehörigen Insel, sind sie immerhin für insgesamt 16 öffentliche Parkanlagen verantwortlich. Wragge macht am Stadtgarten in der Oskar-Groll-Anlage Halt. Hier waren seine Mitarbeiter heute schon damit beschäftigt, die dortigen Beete neu zu bepflanzen. Jetzt lädt ein Arrangement aus indischem Blumenrohr, Strelizien, Ageratum, Salvien und Gräsern die Besucher zu verweilen ein. Es werden auch rund 250 verschiedene Überwinterungspflanzen und nochmals über 150 Palmen mit in die Beete der Sommerpflanzung integriert, darunter unter anderem Engelstrompeten, Hammersträucher, aber auch über 50 zum Teil sehr alte Fuchsienstämme und Eibische. „Eine Besonderheit sind hier 16 zum Teil über 2,50 Meter hohe und sehr alte Korallensträucher“, berichtet Wragge. Die frisch eingesetzten Pflanzen werden zum Abschluss noch gegossen. Es sind aber nicht nur die Parkanlagen, die in den Aufgabenbereich der Stadtgärtnerei fallen. Die Mitarbeiter kümmern sich zudem in der 25.000-Einwohner-Stadt um Bäder und Badestrände, Friedhöfe, Brunnen, aber auch das Straßenbegleitgrün. Ebenfalls ein großer Bereich ist die Baumpflege. Die Stadt Lindau besitzt mitunter Gewächse, die bereits mehr als 150 Jahre alt sind – wie der große Mammutbaum, der direkt vor dem Bauamt wächst.

Verdichteter Boden und hoher Wasserstand bereiten mitunter Schwierigkeiten

Nach einem tödlichen Unfall 2010, bei dem ein 14-Jähriger damals ums Leben kam, liegt ein besonderes Augenmerk bei der Stadtgärtnerei auf der Kontrolle der 52 Freizeitflächen mit über 700 Spielgeräten. „Einmal in der Woche führen wir eine optische Kontrolle durch, einmal im Monat eine funktionale. Und einmal jährlich erfolgt eine TÜV-Abnahme“, erklärt Wragge die Vorgehensweise. Mittlerweile haben wir die Strandpromenade erreicht. Wie in der gesamten Innenstadt stehen auch hier überall bepflanzte Hochbeete. Während in einigen noch die Überreste des Frühjahrsflors – bestehend aus Mohn, Vergissmeinnicht, Tulpen, Osterglocken und Goldlack – zu sehen sind, sprießt in anderen bereits der Sommerflor aus Margeriten, Fuchsien, Tagetes, verschiedenen Begonienarten, Gaura und vielen weiteren einjährigen Pflanzen. Immer wieder gibt es auch Kooperationen zwischen dem Lindauer Kulturamt und der Stadtgärtnerei. Die kümmern sich dann nicht nur um die Bepflanzung am Stadtmuseum, sondern binden die aktuelle Ausstellung dort in ihre Pflanzen-Arrangements mit ein.

Doch trotz der wunderschönen Lage am Bodensee haben die Gärtner in Lindau mit einigen Problemen zu kämpfen. „Wir haben an vielen Stellen einen verdichteten Boden mit einem sehr hohen Wasserstand“, bringt es Wragge auf den Punkt. Das würde auch die Auswahl der Pflanzen recht einschränken. Die größte Furcht, die bei den Mitarbeitern der Stadtgärtnerei, mitschwingt, ist das Auftauchen des Asiatischen Laubholzbockkäfers. Wenn das geschieht, müssten in einem Radius von 100 Metern sämtliche Gewächse zum Schutz gefällt werden.

Was macht eine Stadtgärtnerei im Winter?

Wenn der Sommer vorbei ist, welche Arbeiten stehe dann eigentlich noch bei der Stadtgärtnerei an? Der Betriebsmeister schmunzelt. Die Frage stellt man ihm nicht zum ersten Mal, sagt er. Bis September werden die Zwiebeln des ausrangierten Frühjahrsflors geputzt, damit sie noch vor dem Winter wieder ausgebracht werden können. Bis zum Ende des Jahres sind die Mitarbeiter dann hauptsächlich mit dem Schneiden von Begleitgrün, Sträuchern und Hecken beschäftigt. Zudem wird im Oktober eine Baumfällliste erstellt. Wird diese vom Ausschuss genehmigt, werden die Arbeiten, ebenso wie die Baumkronensicherung, über die Wintermonate ausgeführt. Gleichzeitig werden in den Treibhäusern wieder neue Jungpflanzen herangezogen, die die bayerische Stadt dann im kommenden Frühjahr wieder in die buntesten Farben hüllen.

Fakten zur Stadtgärtnerei Lindau

Struktur: Die Stadtgärtnerei Lindau ist seit 2015 der Garten- und Tiefbaubetriebe Lindau (GTL) untergeordnet.

Leitung: Meinrad Gfall

Betriebsmeister: Jan Wragge

Mitarbeiter: 40 sowie 3 Auszubildende

Aufgaben: Hege und Pflege von 135 Hektar Grünfläche, 20.000 Bäumen, 7 Kilometer Hecke, 52 Freizeitflächen (darunter Spiel- und Bolzplätze, Schulhöfe, Skate-Anlagen), 3 Bäder und Badestrände, 16 öffentliche Parkanlagen, 3 Sportplätze, Brunnen, Bänke, Einfriedungen sowie Straßenbegleitgrün; Produktion von rund 115.000 Pflanzen; Pflege von 250 nicht winterharten Gewächsen; Pflege von 3 Friedhöfen samt Durchführung der Bestattungen; Sammlung und Entsorgung von rund 30 Tonnen Hausmüll in den Parkanlagen und Grünflächen.

Fuhrpark: 1 LKW 2-Achser mit Kran und absetzbarer Lademulde für Grünschnitt, 8 Transporter/Pritschenwagen; 1 Transporter/Kastenwagen, 3 kleine PKW Kastenkombi, 1 Hubsteiger LKW 30m mit Baumpflegekorb, 1 Großtraktor MB-Trac, 3 Kleintraktoren, 1 Radlader, 2 Boki-Friedhofsbagger, 3 Leiber-Fahrzeuge, 3 Einachsschlepper, 1 Minibagger 1,5 Tonner, 3 Erdzerkleinerungs-/Erdmisch/Erddämpfgeräte, 6 Anhänger in verschiedenen Größen, zahlreiche Anbaugeräte sowie Kleingeräte (Laubbläser, Handrasenmäher, Freischneider, Hochentaster, Heckenschere, Druckluftschere, Kombigeräte etc.).    

Verantwortungsbereich: Die Stadt Lindau weißt eine Fläche von 33,18 Quadratkilometern auf.

Text: Jessica Gsell – Redaktion Bauhof-online.de
Bilder: Bauhof-online.de/Stadtgärtnerei Lindau

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