Als Landwirt Leopold Haider aus Steinbach/Steyr am 29. September 1947 den ersten STEYR 180 mit der Fahrgestellnummer 1001 übernahm, konnte wohl noch niemand erahnen, welche Erfolgsgeschichte sich daraus einmal entwickeln würde. 70 Jahre später ist das Unternehmen Marktführer in Österreich, und auch in Deutschland befinden sich die STEYR-Traktoren bei den Zulassungszahlen seit Jahren konstant unter den ersten fünf. Um diesen Anlass zu feiern, lud Andreas Klauser (52), Präsident bei Case IH/STEYR Traktoren, Mitarbeiter, Freunde und Partner zu einer Feier ins Werk nach St. Valentin ein. Eine gute Gelegenheit, um dort mit dem gelernten Maschinenbauingenieur – der bereits seit mehr als 25 Jahren Teil des Unternehmens ist – über die Bedeutung von STEYR-Traktoren im kommunalen Bereich zu sprechen. Im Heimatland Österreich sind bei den Gemeinden Großteils STEYR Traktoren im Einsatz. In Deutschland ist im Bereich Kommunal dagegen noch Luft nach oben. Andreas Klauser verrät außerdem, welche speziellen Ansprüche kommunale Kunden an STEYR-Traktoren stellen, warum er viele der derzeitigen Aktionen in Sachen Elektrifizierung für reine Show hält und welche Ziele sich das Unternehmen für die Zukunft gesteckt hat.
Herr Klauser, seit Jahren stehen bei den Neuzulassungen die Traktoren von STEYR in Österreich an der Spitze, aber auch in Deutschland befinden sie sich stets unter den TOP 5. Was steckt Ihrer Meinung nach hinter dem anhaltenden Erfolg?
Auf jeden Fall das deutsche Verständnis für Qualität, das auch in Österreich vorhanden ist. Dazu kommt, dass wir sowohl bei der Forschung/Entwicklung, aber auch in der Produktion einen hohen Grad an Eigenverantwortung an den Tag legen. Unsere Mitarbeiter wollen das Beste machen und zeigen, dass diese Technologie, dieser Traktor, den sie bauen, ein zuverlässiges Produkt ist. Deshalb nennen wir unser Werk hier in St. Valentin auch ein Team-Werk. Diese Kombination aus persönlichem Einsatz der Mitarbeiter – bis hin zum Management – und Qualitätsverständnis, ist im Prinzip die Erfolgsrezeptur. Wir haben selbst von namhaften Herstellern immer wieder Anfragen für Werkstouren. Aber nicht, weil bei uns das Wetter so schön ist oder das Essen so gut (lacht), sondern weil sie sehen wollen, wie Traktoren in einer „World Class Manufacturing“ produziert werden.
Welches Modell unter den STEYR-Traktoren war bislang das meistverkaufte Produkt?
Früher war natürlich die Modellvielfalt viel geringer. Da haben wir beispielsweise von der 13er-Serie, einem 1-Zylinder-Traktor, 150.000 Stück produziert. So etwas gibt es in heutigen Zeiten, mit dieser Modellvielfalt, nicht mehr. Die jetzigen STEYR-Schlüsselprodukte – besonders auch im Kommunaleinsatz – sind natürlich der Multi, der Profi sowie der CVT.
Stichwort Kommunaleinsatz: STEYR-Traktoren sind vor allem in der Landwirtschaft ein Begriff. Wie groß ist überhaupt der Bekanntheitsgrad im Kommunalen?
Die Kommunen und vor allem die Lohnunternehmer, die kommunale Leistungen anbieten, kennen unsere STEYR-Traktoren. Sicher ist der Bekanntheitsgrad in Österreich größer, als in Deutschland. Wir sind sehr stolz auf unsere langjährige Partnerschaft mit der Bundesbeschaffungsgesellschaft Österreich. Hier zeigt sich, dass wir wirklich als richtiger Partner im Kommunalbereich wahrgenommen werden. Und das nicht nur aufgrund unserer Qualität, sondern auch wegen der Kompatibilität mit anderen Maschinenanbietern. Durch unseren standardisierten Kommunalrahmen mit EURO III System Adapter sind wir in der Lage, Anbaugeräte ohne große Umbauarbeiten traktorseitig anzubauen. Alle STEYR-Kommunaltraktoren sind außerdem mit Multicontroller verfügbar, der perfekt auf die Bedienung der verschiedenen Modellreihen abgestimmt ist. Wir haben auch namhafte Firmen wie Hydrac, Kahlbacher, Dücker oder Mulag mit an Bord, deren Anbautechnik wir mitbringen können. Wie man sieht, berücksichtigen wir den Kommunaleinsatz bereits in der Produktentwicklung und bieten so Lösungen ab Werk an. Der Kunde kann sich bei STEYR also sicher sein, dass aufgrund dieses EURO III System Adapters der gesamte Kommunalanbau praktisch so dimensioniert ist, dass die Geräte beim Händler schnell und einfach angebaut werden können. Auf der anderen Seite sind wir natürlich auch ein Nischenanbieter. Unser Ziel ist es deshalb – nachdem wir in Deutschland bereits ein gutes Agrarnetz haben – dieses auszunützen, um auch Kommunen in Zukunft noch besser zu betreuen und hier einen Schritt vorwärts zu gehen.
Hand aufs Herz: Wie lukrativ ist der Kommunalbereich derzeit für Ihr Unternehmen?
Speziell in den traditionellen STEYR-Märkten, wie z.B. Österreich, Deutschland, der Schweiz aber auch in den osteuropäischen Ländern, macht der Kommunalbereich einen signifikanten Anteil aus – nicht nur vom Umsatz her, sondern auch wegen der spezifischen Lösungen, die wir anbieten. Wir sprechen hier also vom Potential des gesamten Geschäftsfeldes: nicht nur die Zahl an verkauften Traktoren, sondern auch der gesamte Service sowie die Fülle an Anbaugeräten. Um eine Zahl zu nennen: Man kann durchaus sagen, dass das Volumen hier mittlerweile bis zu 15 Prozent ausmacht.
Gibt es einen STEYR-Traktor, bei dem man sagen kann, damit begann der Start im Kommunalbereich?
STEYR-Traktoren werden seit Beginn der Marke von Forst- und Kommunalkunden verwendet. Aber ganz klar, ab der Baureihe „80“ sind spezifische Ausrüstungen wie Kommunalanbaurahmen, beheizte Scheiben für Kabinen oder Forstschutzausrahmen fixer Bestandteil des Produktangebotes für unsere Kunden. Damals hat auch das Bundesherr im Jahr zwischen 20 und 30 Traktoren zur Pflege der Truppenübungsplätze gekauft. Die 80er-Serie war schon ein „Renner“, auch bei Gemeinden und Dienstleistern. Heute beobachten wir wieder vermehrt, dass die Kommunen sicherstellen möchten, jederzeit auf Maschinen zurückgreifen zu können.
Mit Blick auf die Arbeiten in einer Kommune: Gibt es Unterschiede bei den Ansprüchen, die Landwirte und kommunale Dienstleister an Ihre Maschinen stellen?
Es gibt zwar keine gravierenden, aber es gibt durchaus Unterschiede. Effizienz und Leistung wollen natürlich alle haben. Der Kommunalbereich ist aber sicher noch um einiges abgassensibler. Nur gibt es für dieses Einsatzgebiet, mit einer solchen Maschine, derzeit noch keine andere Lösung, als den Dieselmotor. STEYR hat hier wiederum den Vorteil, dass wir mit FPT – also unserem Motoren-Hersteller – einen Hochleistungsmotor haben, der wirklich die höchsten Abgasnormen erfüllt. Diese Technologie kommt natürlich auch wieder zum großen Teil aus dem Bereich LKW, wo man schon vor zwei Jahren auf Euro 6 übergegangen ist. Dort waren bereits ähnliche Motorenkomponenten im Einsatz und wurden getestet – auch was die Abgaswerte betrifft. Die FPT-Motoren sind im Vergleich mit anderen Mitbewerbern im Bereich Traktoren doch um einiges besser. Und auch vor dem Vergleich mit Mitbewerbern aus dem Bereich LKW scheuen wir uns nicht mehr. Hier wurde ja speziell immer gegen Traktoren opponiert, mit der Argumentation, dass diese Maschinen nicht dieselben Abgasstandards aufweisen würden, wie ein LKW. Doch da STEYR die FPT-Motoren in der gesamten Nutzfahrzeugpalette einsetzt, erfüllen wir nun auch dort dieselben Abgasstandards, wie man es heute beim LKW gewohnt ist. Und genau hier ist eben die Kommune sensibler – in Bezug auf Feinstaubbelastung und die ganze Thematik – als vielleicht ein Landwirt.
Feinstaubbelastung und Abgasnormen sind zwei gute Stichworte. Gibt es denn auch bei STEYR Überlegungen in Richtung Elektrifizierung? Macht so eine Entwicklung überhaupt Sinn?
Prinzipiell macht Elektrifizierung Sinn. Aber zum einen kann Elektrifizierung auch damit beginnen, dass gewisse Anbaugeräte in Zukunft nicht mehr hydraulisch, sondern elektrisch bedient werden können. Auf diese Weise hätte man hier keine Leistungsverluste mehr. Zum anderen ist die Reichweite der aktuellen Elektrotechnologie leider noch nicht ausreichend. Beim Schneeräumen oder anderen Arbeiten in der Kommune kann der Fahrer der Maschine nicht permanent zum Betanken oder Aufladen zurückfahren bzw. Batterien mitschleppen. Aber ja, auch wir bei STEYR denken über Elektrifizierung nach, jedoch eben erst einmal von Antriebssystemen. Außerdem forscht und entwickelt STEYR beispielsweise auch vermehrt in Richtung Gaseinsatz. Was man allerdings auch sagen muss ist, dass diese ganze Dieseldiskussion der gesamten Industrie geschadet hat. Es ist einfach ein Negativimage entstand. Dazu kommt, dass aus meiner Sicht, mehr als 50 Prozent der Aktionen, die man jetzt bei den Herstellern in Richtung Elektro sieht, kosmetischer Natur sind – da ist derzeit viel Show mit dabei. Außerdem muss man die Thematik stets realistisch betrachten: Und da hat sicher der Dieselmotor auch die nächsten 20 Jahre noch immer seine Daseins-Berechtigung bei den Nutzfahrzeugen. Denn wenn ich heute zu einem Winterdienstunternehmen sage, dass es aufgrund der Autonomie der Elektromotoren nach zwei Stunden zum Aufladen fahren muss und dadurch die Straßen eventuell nicht rechtzeitig geräumt werden können, hat sich die Frage schnell erübrigt.
Welche Themen will STEYR, neben der Elektrifizierung, in den kommenden Jahren noch in Angriff nehmen?
Ein wichtiges Thema ist weiterhin die Effizienzsteigerung, sowohl in der Technik, als auch im Service und Datenmanagement.
Sehen Sie also eher gelassen oder mit einem besorgten Gefühl in die Zukunft?
Ich bin von Haus aus kein besorgter Mensch. (lacht) Es werden immer wieder neue Herausforderungen auf uns zukommen, aber die sind alle zu bewältigen. Außerdem gibt es da ja auch noch das Zusammenspiel mit der CNH Industrial im Hintergrund. Hier kann STEYR auf Komponenten zurückgreifen, von denen man weiß, dass sie wirklich funktionieren. Und gleichzeitig haben wir das Markt-Know-how, d.h. wir wissen genau, wie ein Produkt aussehen muss, damit es erfolgreich ist. Genau das macht eigentlich die Mischung CNH Industrial/STEYR-Traktoren aus. Auf der anderen Seite sind wir aber auch eigenständig und können dem Kunden dahingehend eigene Lösung anzubieten. Hier meine ich nicht nur Lösungen in Bezug auf die Hardware des Produkts, sondern ebenso im Bereich Service, beispielsweise in Form von Wartungsverträgen, Garantieverlängerungen bis hin zur Miete. Damit hat der Kunde stets die Kosten fix im Griff und ist trotzdem schlagkräftig genug, um sein eigenes Fahrzeug in der Kommune anzubieten.
Text: JG – Redaktion Bauhof-online.de
Bilder: STEYR/Bauhof-online.de
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