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Elektrifizierung: Mit Strom in die Zukunft der Kommunalmaschinen

Auch bei den Kommunalmaschinen ist der Trend in Richtung E-Antrieb erkennbar. Wir haben uns umgehört, bei welchen Unternehmen die Entwicklungsabteilungen mit Kabeln und Trafos hantieren oder sogar schon Maschinen und Geräte auf dem Markt sind

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Von: Tobias Meyer

Bei Arbeitsbühnen und Kleingeräten ist er schon Standard: Inzwischen kommt der E-Antrieb aber immer mehr auch bei den größeren Kalibern zum Einsatz. Die Initiative AEF (Agricultural Industry Electronics Foundation) treibt neben der Standardisierung des Isobus auch die Entwicklung der allgemeinen Stromschnittstelle Powerbus an Off-Highway-Fahrzeugen voran. Unter den knapp 200 AEF-Mitglieder finden sich alle großen Traktorenhersteller (Steyr, Fendt, John Deere, Deutz Fahr, Kubota und deren Mutterkonzerne sowie einige Gerätehersteller), denn das Thema Elektrifizierung kommt nur voran, wenn die Big Player der Branche zusammen einheitliche Standards schaffen. Künftig sollen Fahrzeuge neben Zapfwelle und Hydraulik auch eine Steckdose für starken Gleich- und Wechselstrom an Bord haben.

Bei einfacheren Geräten kann die intelligente Steuerelektronik dann ganz simpel vom Traktor übernommen werden, die Steckdose liefert direkt 480-V-Wechselstrom an das angebaute Gerät. Kompliziertere Maschinen steuern ihre Stromverteilung selbst, sie bekommen quasi ungefilterten 700-V-Gleichstrom und verfügen über mehrere eigene Wechselrichter, die den Strom so umspannen, wie ihn die jeweiligen Verbraucher an der Maschine benötigen. Die Steuerung kann wie bisher bequem über den Isobus und dessen Terminal ablaufen.

Der Vorteil von elektrischen Antrieben: Sie sind einfacher zu steuern, da sie nicht an der Drehzahl einer Zapfwelle hängen, deren Drehzahl wiederum vom Gaspedal des Fahrers abhängt. Egal was die Zugmaschine gerade macht, der E-Motor kann ein- oder ausgeschaltet werden, langsamer oder schneller laufen. Ähnlich bei der Hydraulik: Auch hier könnten künftige elektrische Systeme, die sensorbasiert gesteuert sind, nach Ansicht von Experten aus der zuständigen AEF-Gruppe „High Voltage“ wesentlich präziser und effizienter arbeiten. An einem Fahrzeug im Mäheinsatz muss aktuell beispielsweise die Motordrehzahl nur für den mechanischen Zapfwellenantrieb der Messer hochgehalten werden, der Fahrantrieb wird dann zwangsläufig niedrig übersetzt, um die maximal verkraftbare Geschwindigkeit nicht zu überschreiten. Ein E-Antrieb würde hier dafür sorgen, dass das Fahrzeug sparsam mit niedriger Drehzahl fährt, der Mähantrieb aber unabhängig davon im eigenen Idealbereich arbeitet.

Mechanik ist sperrig
Ein Problem bei Zapfwellenantrieben ist vor allem ihr Platzbedarf, da sie für Umlenkwellen und Drehzahländerungen Zwischengetriebe und klobige Gelenke in der Maschine benötigen. Ein E-Motor dagegen benötigt nur ein flexibel verlegbares Kabel und kann dann präzise gesteuert werden. Wird ein Teil der Maschine nicht benötigt, kann der entsprechende Motor einfach abgeschaltet werden – bei mechanischen Antrieben schwer möglich. Daher ist auch die Automatisierung solcher Systeme schwerer umzusetzen. Denn durch computergesteuerte Technik können neue Funktionen und somit erhebliche Arbeitserleichterungen in Geräten eingeführt werden. Dafür ist aber passende Antriebstechnik nötig.
John Deere ging vor einigen Jahren einen ersten Schritt mit einem integrierten 20-kW-Generator im 7030e. Die Firma Rauch hat dafür auch einen elektrisch angetriebenen Streuer entwickelt, sieht aber auch, dass der Markt noch sehr klein ist, da entsprechende Traktoren noch selten sind. „Prinzipiell ist der elektrische Antrieb der Hydraulik in Sachen Effizienz aber stark überlegen“, so Jens Hille von Rauch. Eine Zwischenlösung sind Generatoren, die an der herkömmlichen Zapfwelle angeflanscht werden und so Strom auch unterwegs direkt an jedem Fahrzeug ermöglichen. Verschiedene Hersteller wie Endress oder Soga können so bis zu 100 kVA erzeugen. Auf das Konzept setzt auch der französische Hersteller Roussau, er baut seinen Auslegemulcher mit hydraulischem oder elektrischem Antrieb. Den Strom für den E-Kastor erzeugt dabei die Zapfwelle. Der Ausleger des Randstreifenmähers wird weiterhin hydraulisch gesteuert.

Auch die Zapfwelle in der Zugmaschine selbst kann vom Getriebe abgekoppelt und direkt per E-Motor angetrieben werden. Herkömmliche Geräte werden so effizienter eingesetzt, da Fahrzeug und Gerät im jeweils idealen Bereich laufen. Auf ein ähnliches Konzept setzt der elektrische Einachser @MTrac des niederländischen Herstellers Matador. Statt Verbrenner hat er einen leisen E-Motor verbaut und eine Zapfwelle an der Front, die es erlaubt, jegliche Anbaugeräte wie Mäher, Kehrmaschine oder Mulcher anzutreiben. Lipco bietet das 14-PS-Gefährt in Deutschland samt Wechselflansch an, so können die Geräte auch an anderen Maschinen genutzt werden. Ohne Abgase und nahezu geräuschlos ist es vor allem für Parkanlagen, Friedhöfe, Krankenhäuser, Altenheime und Wohngebiete geeignet.

Vielfältiger Einsatz
Ähnliche Gründe hatte auch die Firma Avant, wie uns der für Deutschland zuständige Geschäftsführer Thomas Sterkel erklärt: „Es gibt immer mehr Einsätze in Hallen oder anderen Lärm- und Abgassensitiven Bereichen. Der E-Antrieb war für uns daher der nächste logische Schritt.“ Bereits erhältlich ist der Avant e5, ein Radlader mit zwei Elektromotoren: ein 6-kW-Motor zum Fahren und ein 2-kW-Motor für Hubarm (900 kg) und Zusatzhydraulik (30 l/min). So können von Schneefräse über Kehrmaschine bis Baggerarm viele verschiedene Geräte betrieben werden – natürlich auch diverse Schaufeltypen oder Gabeln. Ans integrierte Ladegerät (230-V-Steckdose) muss der e5 je nach Anstrengung nach ein bis vier Stunden. Das vollständige Laden dauert ebenfalls bis zu vier Stunden. Nächstes Jahr folgt der e6: Er bringt die gleiche Leistung, hat aber statt Blei einen Lithium-Ionen-Akku im Bauch und kann daher zwei bis sechs Stunden arbeiten und innerhalb einer Stunde geladen werden.

Eine Nummer größer gibt es bei Kramer: In der Größenklasse von 0,55 m³ Schaufelinhalt bringt der 5055e die Leistungsparameter Geländegängigkeit und Bedienkomfort des konventionellen Modells – nur eben voll elektrisch. Er hebt bis zu 1750 kg, die Hydraulik kann bis zu 22 kW leisten und 54 l/min in die Schläuche schicken. Gearbeitet werden kann drei bis sechs Stunden, das Laden dauert etwa sieben Stunden. „Der Bauma-Innovationspreis ist eine hohe Auszeichnung und würdigt unsere Entwicklungsarbeit. Wir sind uns sicher, dass dieses Produkt einen wichtigen Beitrag zur Ressourcenschonung und Effizienzerhöhung unserer Kunden leistet“, so Karl Friedrich Hauri, Geschäftsführer bei Kramer.

Auch Agria hat bereits auf elektrischen Hybridantrieb gesetzt: Zwei Varianten des ferngesteuerten Hochgras-Sichelmulchers 9600 sind bereits im Markt. Der Elektrofahrantrieb erlaubt ein sehr feinfühliges und direktes Steuern der Maschine für das Mähen von Steilhängen bis ca. 50 Grad (120%), der Mäher selbst wird von einem Verbrenner angetrieben. „Das System ist viel leichter als eine Hydraulik, hat einen hohen Wirkungsgrad und keine Probleme mit Wärme. Wir werden auch in Zukunft weiter in diese Richtung entwickeln“, so Gralf-Edzard Michalsky von Agria Deutschland.
Ingenieur Walter Papst und sein Team installieren jährlich über 200 Mähroboter in den unterschiedlichsten Anlagen. Da viele der am Markt angebotenen Verlege-Maschinen für die Führungsdrähte der Roboter ihren Anforderungen nicht gerecht wurden, begannen sie mit der Entwicklung einer eigenen Maschine mit nur einem Anforderungsprofil: Geringe Lautstärke, um in der Saison die volle Tageslänge nutzen und auch an Sonn- und Feiertagen Verlegearbeiten ohne Lärmbelästigung durchführen zu können. Um Kabel problemlos auch in schweren Böden verlegen zu können, wurde der KV-1 mit einem 20 kg Zusatzgewicht ausgerüstet.

Dass der E-Antrieb inzwischen auch bei richtig leistungshungrigen Boliden möglich ist, zeigt Kässbohrer mit dem elektrischen PistenBully 600E+ samt Schneefräse. Die Energie erzeugt weiterhin ein Dieselmotor, der aber nur den Generator antreibt und so immer im Idealbereich laufen kann. Fahrantrieb und Schneefräse können bis zu 140 kW elektrische Leistung abgreifen. Bergab wirken die Motoren als Bremse und erzeugen Strom für die Fräse. Der Diesel läuft dann im Leerlauf: Insgesamt sollen gegenüber herkömmlichen Raupen 30% Kraftstoff gespart werden können, CO2 und Stickoxide konnten um 20% reduziert werden, Rußpartikel sogar um 99%.

Auch die Geräteträger sind natürlich eine Klasse, die von E-Antrieben stark profitieren können, da auch sie häufig in Wohngebieten oder Parks unterwegs sind. Das Bokimobil mini ist ein mit 1.100 mm wendiger Geräteträger, der sich gut für den Einsatz im Friedhof eignet. Es ist serienmäßig mit einem hydraulisch betätigten 3-Seitenkipper ausgestattet, kann aber auch mit Gießanlage und Wasserfass, mit einem Vorbaubesen, Winterdienst-Anbaugeräten oder einem Sinkkastenreiniger ausgestattet werden. Kürzlich hat der Hersteller Kiefer das Fahrzeug auch mit einem 6-kW-Elektroantrieb vorgestellt: Der Hinterachsantrieb mittels Differenzialachse bringt den Mini auf 25 km/h. Bucher hat eine elektrische 2m3-Kehrmaschine im Programm. Die CityCat 2020ev verursacht bis zu 75 % weniger Lärm als ein vergleichbares Dieselfahrzeug, man hört eigentlich nur den Kehrbesen. Daher kann das Fahrzeug bereits ab 6 Uhr morgens im Innenstadtbereich eingesetzt werden. Nach zwei bis drei Stunden ist die Lithium-Ionen-Batterie geladen, die Kapazität reicht für sechs bis acht Stunden Kehreinsatz.

Wer etwas größer unterwegs ist, kann mit dem vollelektrischen Leicht-Lkw eCanter von Fuso (Daimler AG) je nach Aufbau und Nutzung eine Reichweite von 100 km schaffen und dabei eine Nutzlast von zwei bis drei Tonnen schultern. Der elektrische Antriebsstrang des Fahrzeugs umfasst sechs Hochvolt-Lithium-Ionen-Batterien mit je 420 V und 13,8 kWh.

Einige Firmen konnten die Stromtechnik also bereits gut integrieren, viele Anbaugerätehersteller warten aber noch auf den oben erwähnten Normanschluss für die Stromversorgung, bevor sie auf den Elektroantrieb setzen können. So hat etwa die Firma Dücker bei ihren Häckslern noch keine E-Motoren verbaut, da die Stromversorgung im Feld oft nicht gegeben sei, man wisse aber natürlich nicht, was morgen ist. Auch bei Greenmech ist noch nichts Konkretes in Planung, das Thema E-Antrieb sei aber auch hier immer wieder in der Diskussion. Auch der Mäh- und Landschaftspflegegeräte-Hersteller Irus sagt ganz offen: „Wer denkt nicht über E-Antriebe nach?“

Text: TM – Redaktion Bauhof-online.de
Bilder: Hersteller

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