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Nachgehakt bei Holder: Klein, aber oho – Knickgelenkte Geräteträger als Problemlöser

2018 feierte das baden-württembergische Unternehmen sein 130-jähriges Bestehen. Wegen der zahlreichen Anbaugeräte eignen sich die Maschinen für unterschiedlichste Einsätze zu allen Jahreszeiten. Besonders die C-Baureihe ist bei Anwendern sehr beliebt.

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Von: Jessica Gsell

Stark, schmal, genial – diese drei Adjektive reichen aus, um die knickgelenkten Geräteträger der Max Holder GmbH zu beschreiben. Seit mehr als 130 Jahren besteht das Unternehmen. In dieser Zeit hat es so manche Höhen und Tiefen durchgemacht. So musste das Traditionsunternehmen, nach der Übernahme des türkischen Landmaschinenkonzerns Uzel 2005, nur drei Jahre später Insolvenz anmelden. Doch dank der Übernahme dreier Gesellschafter aus Baden-Württemberg kämpfte sich Holder wieder zurück. Und das gleich so erfolgreich, dass, unter anderem aufgrund des stetigen Wachstums, der bisherige Produktionsstandort 2018 von Metzingen nach Reutlingen verlegt wurde. Wir sprachen mit Carine Perrin (44), Leiterin Abteilung Markt & Kunde, sowie Stefan Heinzelmann (50), Leitung Verkaufsförderung, unter anderem über die Besonderheiten der Holder-Maschinen und warum Elektro nicht das Nonplusultra für den Antrieb von Arbeitsmaschinen sein wird.

Frau Perrin, Herr Heinzelmann, im vergangenen Jahr feierte Holder seinen 130. Geburtstag. Welche Geschichte steckt hinter dem Unternehmen?

Heinzelmann: Angefangen hat alles 1898, zehn Jahre nach der Gründung. Damals entwickelte Christian Friedrich Holder die erste selbsttätige Rückenspritze der Welt. Das Tolle an dem Konzept: Damals wie heute steckt immer noch das gleiche Funktionsprinzip dahinter. In den 30er Jahren kamen die ersten Einachstraktoren dazu. Sie waren bereits mit Geräteantrieben ausgestattet. Man konnte mit den Maschinen also nicht nur ziehen, sondern auch Geräte antreiben. In den 50er Jahren wurden dann die ersten Traktoren für die Landwirtschaft gebaut. Max Holder, der heutige Namensgeber, trieb die Weiterentwicklung voran. Es wurden schließlich schmale Geräte mit vier gleichgroßen Rädern und einer Knicklenkung konstruiert. Anfänglich waren diese Traktoren für den Einsatz im Weinbau gedacht, wo man extreme Steillagen bewältigen und damit auch eine enorme Zugkraft auf den Boden bringen muss – genau das, was auch heute noch eine Kernkompetenz unserer Fahrzeuge darstellt. Ein weiterer wichtiger Schritt war in den 90er Jahren die Einführung der MultiPark-Baureihe, damals mit einer Leistungsklasse von 20 bis 40 PS. Sie ist der Vorgänger der heute sehr erfolgreichen C-Reihe, die richtungsweisend im kommunalen Ganzjahreseinsatz ist. Heutzutage stellt Holder Schmalspur-Fahrzeuge in den Leistungsklassen von 45 bis 130 PS her.     

Welche Merkmale zeichnen die Geräteträger von Holder aus?

Perrin: Unsere Fahrzeuge erkennt man sofort an der Knicklenkung und den vier gleichgroßen Rädern. Verbunden mit dem permanenten Allradantrieb ergibt das die berühmte Steigfähigkeit, die wir bei Holder haben. Außerdem legen wir den Fokus bei unseren Maschinen auf die Anwendungen und auf Multifunktionalität – also Einsatzmöglichkeiten für wirklich alle vier Jahreszeiten. Dafür muss man nur die Ausstattungen anschauen, die wir haben. Sowohl die hydraulischen Geräteantriebe als auch die mechanische Frontzapfwelle sind Lösungen für diese Extremeinsätze.

Laut eigenen Angaben ist eine der Stärken von Holder der „spürbare Innovationsvorsprung“ bei seinen Produkten. Bei welchen Maschinen wird das deutlich?

Heinzelmann: Als wir in den 80er Jahren mit dem Kommunalgeschäft angefangen haben, um ein weiteres Standbein zu bekommen, wurden die ersten hydrostatischen Fahrantriebe am Markt eingeführt – darunter auch beim Park70 und C30. Der MultiPark als Nachfolgermodell war zudem das erste Fahrzeug in seiner Klasse mit der Kabine vorne. Das kam daher, weil in der Kommune und im Dienstleisterbereich sehr viel mit Frontanbau gearbeitet wird. Dabei ist es wichtig, dass man direkt am Arbeitsgerät sitzt, um einen guten Überblick zu bekommen. Es folgte die Zwei-Mann-Kabine. Innovativ sind auch unsere drei Anbauräume – frontseitig, über dem Motor und natürlich heckseitig. Mit der X-Baureihe, die 2016 auf den Markt kam, hatten wir außerdem das erste Kommunalfahrzeug mit Benzinmotor. Auch unsere S-Baureihe mit hydrostatischem Fahrantrieb über den Getriebeunterbau und einem sogenannten Dual-Drive ist etwas Besonderes. Denn bei einer erhöhten Geschwindigkeit wechselt das Fahrzeug vom hydrostatischen Fahrantrieb in den direkten Gang, um nochmal Geräusche zu reduzieren und Sprit einzusparen.

Welche Produkte von Holder kamen zuletzt auf den Markt?

Perrin: Wir haben im Juli 2018 das neueste Modell der X-Baureihe mit 45 PS vorgestellt. Mit dem Vorteil, dass wir zwei Modelle anbieten: Diesel und Benzin. Hier gibt es auch einen Eco-Modus, mit der Möglichkeit, mit weniger Drehzahl zu arbeiten. In Richtung Fahreranwendung haben wir viele Optimierungen bei den Themen Bedienkonzept und Komfort eingebaut. Bereits 2017 haben wir den S 130 eingeführt – den Stärksten seiner Klasse mit 130 PS. Der vorhin erwähnte Dual-Drive-Antrieb ist bei dieser Maschine unschlagbar. Das haben wir in diesem Winter erneut bewiesen. Und last but not least haben wir den MUVO seit Januar bereits auf Euro 6 C umgestellt.

Setzt Holder beim Thema Umweltfreundlichkeit ausschließlich auf Benzin oder auch Elektro?

Perrin: Benzin sehen wir als Zwischenschritt. Damit hat Holder schon sehr früh, im Jahr 2015, angefangen. Zu der Zeit war die Diesel-Diskussion noch nicht so aktuell wie heute. Grund dafür war damals ein Sonderprojekt für Paris. Denn die Stadt hatte sich schon sehr frühzeitig dafür entschieden, bei Kommunalfahrzeugen den Fokus auf Benzin zu legen. Der Vorteil beim Benzin ist, dass man in der Klasse von 40 bis 50 PS überhaupt keine Nachteile gegenüber dem Diesel hat – was Verbrauch, Leistung oder Drehmoment angeht. Und auch die geringe Lautstärke ist ein Vorteil für die Anwohner. Aber natürlich entwickelt Holder ebenso in Richtung Elektro. Allerdings glauben wir, dass die Zukunft vielseitiger als nur Elektro ist – man denke nur an Hybrid oder Wasserstoff. Außerdem muss man sich nur anschauen, wo unsere Maschinen überall im Einsatz sind, z.B. in Kanada. Dort ist es sehr kalt, es liegt zwei Meter Schnee – da werden wir auch in fünf Jahren noch unmöglich stundenlang elektrisch arbeiten können. Deshalb haben wir uns in der Vorentwicklung sehr breit aufgestellt, um stets den Kunden und seinen Nutzen im Fokus zu behalten.

Wo, neben Kanada, sind Ihre Maschinen noch überall zu finden?

Perrin: Wir haben eine hohe Exportquote von 70 Prozent. Natürlich ist der deutsche Markt für uns sehr wichtig. Aber grundsätzlich sind unsere Maschinen in Europa im Einsatz und weltweit zuhause, gerade auch in sehr schneereichen Gebieten, sei es in Russland, USA, Kanada oder auch in Australien oder Nah- und Fernost.

Für welche Einsatzbereiche sind die Maschinen von Holder prädestiniert?

Heinzelmann: Das ist ganz unterschiedlich, je nach Baureihe und Region. Beim MUVO beispielsweise liegt der Fokus auf einer hohen Transportgeschwindigkeit sowie Zuladung. Deshalb sprechen wir hier gerne von einem On-Road-Bereich. Der Knicklenker dagegen, als Arbeitstier mit all seinen Vorteilen, gehört dem Off-Road-Bereich an. Grundsätzlich sind aber alle Maschinen für den Ganzjahreseinsatz geeignet. Hier sprechen wir von den Bereichen Reinigen, Kehren, Grünpflege, Mähen, Mulchen, Gießen, Auslegereinsätze und Winterdienst. Ein ganz aktuelles Thema ist die chemiefreie Wildkrautbeseitigung. Hier arbeiten wir mit unserem Partner Heatweed zusammen. Dabei wird das Wildkraut allein mit 98 Grad heißem Wasser von oben weg verbrüht. Aufgrund der hohen Temperatur erreicht das heiße Wasser auch den Wurzelstock.

Welches Produkt von Holder ist bislang das am meisten verkaufte?

Heinzelmann: Ganz klar die C-Baureihe. Die Maschinen befinden sich bereits mehrtausendfach auf dem Markt. Der Grund dafür liegt auf der Hand: Die Gehwege werden nicht breiter, die Parkanlagen nicht größer – ganz im Gegenteil. Mit der C-Reihe bieten wir Fahrzeuge mit einer Leistungsklasse von 65 PS an, und das ab einer Gesamtaußenbreite von 1,10 Meter. Mit dem Knickgelenk können sich die Maschinen überall problemlos bewegen. Ergänzt wird das Ganze durch das Bedienkonzept sowie die mechanische Frontzapfwelle, die für die härteren Einsätze wie Mulchen oder Schneefräsen benötigt wird. Außerdem haben wir eine umfangreiche Hydraulikausstattung in den Fahrzeugen. Dazu kommt die hohe Standfestigkeit durch den Radlastausgleich. Mit dem Holder Power-Drive beim C 70 haben wir letztlich noch einen draufgesetzt.


„Vier Jahreszeiten – ein Holder“, heißt es in Ihrem Slogan. Damit diese Multifunktionalität erreicht werden kann, müssen auch die Anbaugeräte stimmen. Worauf legt Holder hier besonderen Wert?

Perrin: Es gibt unterschiedliche Kategorien. Zum einen haben wir eigene Anbaugeräte, wie die Kehr-Saug-Kombination beim X. Zum anderen unterscheiden wir zwischen Anbaugeräteherstellern und Premiumpartnern. Letztere zeichnen sich durch eine langfristige Partnerschaft aus. Mit manchen von ihnen arbeiten wir schon seit über 60 Jahren zusammen. Der Vorteil bei den Premiumpartnern ist, dass wir auch gemeinsam in Richtung Kundennutzen entwickeln können. Innovationsführer zu sein ist zwar schön, Nutzenführer finde ich aber besser. Bei der Entwicklung neuer Baureihen sind dann permanente technische Anpassungen möglich. Wir begrenzen die Anbaumöglichkeiten aber nicht nur auf die Premiumpartner. Solange die Anbaugeräte technische Aspekte wie die Achslast oder das zulässige Gesamtgewicht respektieren, können sie ohne Probleme an einen Holder angebracht werden. Da wir weltweit unterwegs sind, müssen wir unseren Kunden diese Flexibilität bieten.

Haben sich die Ansprüche an die Holder-Maschinen in den vergangenen Jahrzehnten verändert?

Perrin: Als Premiumhersteller „Made in Germany“ ist Zuverlässigkeit das A und O. Das ist der Hauptanspruch, der sich nicht geändert hat. Dasselbe gilt für den Service. Große Bedeutung haben auch schon immer die Multifunktionalität und der hohe Wiederverkaufswert der Maschinen. Heutzutage spielt zudem das Thema Sicherheit eine immer wichtigere Rolle – auch in Bezug auf Kostenplanungssicherheit. Städte und Bauhöfe wollen alle Betriebs- und Wartungskosten ihrer Maschine kennen. Und natürlich ist das Thema Digitalisierung immer mehr auf dem Vormarsch.

Wie wichtig ist Holder das Feedback seiner Endkunden und Anwender?

Heinzelmann: Für uns ist es sehr wichtig, im engen Kontakt zu unseren Endkunden und Anwendern zu stehen. Natürlich auch, um den Verbesserungsprozess im Haus voranzutreiben. Deshalb sind wir sehr häufig beim Kunden mit dabei, wenn Fahrzeuge übergeben werden und fragen einige Wochen später auch noch einmal nach, wie zufrieden der Kunde ist. Aus diesen Terminen vor Ort ziehen aber nicht nur wir einen Benefit, sondern auch der Kunde, wenn wir ihm neue Anwendungsfelder für die Holder-Maschinen aufzeigen können. Dadurch bekommt er nochmal einen viel höheren Auslastungsgrad vom Fahrzeug.

Perrin: Die Kundenfeedbacks fließen über unser Produktmanagement auch in die nachfolgenden Maschinenüberarbeitungen mit ein. Das Produktmanagement ist deshalb der Abteilung Markt und Kunde zugeordnet. In wöchentlichen Feedbackrunden wird immer gemeinsam über Kritik und Anregungen der Anwender gesprochen. Von den Anwendern kam beispielsweise die Anregung, dass es im Holder keine Möglichkeit gibt, sein Smartphone während eines Arbeitstages wieder aufzuladen. Deshalb hat der X 45 nun einen USB-Anschluss, der an der Armlehne fixiert ist. Weitere Ideen für unsere Produktentwicklung erhalten wir aber auch beispielsweise in Workshops, bei denen wir unsere Entwicklung und Handelspartner zusammenbringen. Oder wir führen europaweite Händlerinterviews durch, wie Anfang dieses Jahres.

Welche Pläne hat Holder für 2019/2020?

Heinzelmann: Wir präsentieren uns auf jeden Fall bei internationalen Messen, unter anderem auf der CMS, Interairport oder auch im Juni auf der demopark. In Eisenach werden wir unsere komplette Produktpalette darstellen. Außerdem zeigen wir auf unserem Stand auch Weiterentwicklungen, vorwiegend aus der C-Reihe. Und natürlich präsentieren wir nicht nur unsere Trägerfahrzeuge, sondern zudem die komplette Anbaugeräte-Reihe. Im September dieses Jahres gibt es dann auch noch die Eröffnung unseres neuen Kundencenters in Reutlingen zu feiern. Hier steht allein der Anwender und sein „Problem“ im Fokus – für das Holder dann die passende Lösung vor Ort finden kann.


Fakten zur Max Holder GmbH:

Anzahl der Mitarbeiter: ca. 320 weltweit
Geschäftsführung: Andreas Vorig
Sitz: Reutlingen-Kirchentellinsfurt
Gründung: 1888
Produktionsfläche: 10.000 Quadratmeter

Interview: Jessica Gsell – Redaktion Bauhof-online.de
Bilder: Max Holder GmbH

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