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Maschinelle Kollegen: Autonome Technik im Kommunaleinsatz

Die Großtechnik auf Baustellen oder in Minen agiert zunehmend autonom. Die Technik der großen Bagger färbt aber auch immer auf die kleineren Geschwister für kommunale Einsätze ab. Ein Ausblick.

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Von: Tobias Meyer

Da autonome Maschinen im geschlossenen System einer Baustelle wesentlich einfacher betrieben werden können, als das etwa im vergleichsweise chaotischen Straßenverkehr möglich ist, sind im Off-Highway-Bereich schon einige selbstfahrende Fahrzeuge unterwegs. Transportstrecken mit festen Wegen, wie etwa in großen Tagebaugruben, werden bereits autonom betrieben, der Hersteller CAT hat beispielsweise in australischen Minen seit einigen Jahren ganze Flotten von bis zu 60 autonomen Schwerlastfahrzeugen im Einsatz. Komplexere Aufgaben wie das Ausschachten einer Baugrube aber muss aktuell noch ein erfahrener Bediener erledigen. Aber auch dafür existieren bereits erste Prototypen: Das amerikanische StartUp „Built Robotics“ etwa hat einen kleinen Bob-Cat-Bagger mit GPS und Lidar-Sensoren ausgestattet und lässt ihn damit alleine kleine Gruben ausschieben. „Die Herausforderung dabei ist unter anderem, dass der Bagger seine Umgebung verändert. Ein normales autonomes Fahrzeug tut das nicht“, erklärt Gründer Noah Ready-Campbell.

Größer gedacht wird beim Volvo-Konzern, der zu Forschungszwecken vor Kurzem einen Steinbruch entsprechend umgerüstet und für zehn Wochen in Teilen autonom und elektrisch betrieben hat. Die Aufgabe des Hybrid-Radlader-Prototyp LX1 war es, das ausgebrochene Material aufzuhäufen. Dabei erzielte er eine um mehr als 50 Prozent verbesserte Kraftstoffeffizienz und signifikant weniger Emissionen und Lärmbelästigung als vergleichbare konventionelle Maschinen. Eine solche hat normal einen Diesel mit 13 Litern Hubraum unter der Haube, im LX1 reicht ein 3,6l-Motor, der über einen Generator eine Batterie versorgt, die wiederum Radnabenmotoren und E-Motoren an den Hydraulikantrieben beschickt. So agiert alles entkoppelt und ideal versorgbar: Immer volles Drehmoment am Fahrantrieb und gleichzeitig volle Hubkraft, während der Diesel im effizientesten Bereich läuft. Der Steinshredder wurde vom 70 Tonnen schweren, kabelgebundenen Bagger-Prototyp EX1 beschickt, der neben dem Dieselmotor noch einen Elektromotor an Bord hat. Im Steinbruch wurde er ans Netz angeschlossen, sodass keine lokalen Emissionen entstanden.

Autonom fahrende Dumper im Steinbruch

In dem elektrifizierten Steinbruch arbeiten außerdem acht autonom fahrende und rein elektrisch betriebene HX2-Dumper, die das Material vom Förderband des Shredders abtransportieren. Zwei von einer Lithium-Ionen-Batterie gespeiste Elektromotoren treiben die Räder an, ein weiterer die Hydraulik. Das Konzept sieht dabei verhältnismäßig kleine Akkus vor, die aber in jedem Transportzyklus geladen werden. Der Dumper kann Menschen und Hindernisse in der Nähe erkennen, während er einer mittels GPS vorgegebenen Route folgt, die sich aber jederzeit ändern lässt. Da die Dumper autonom fahren, benötigen sie keine Kabinen, daher kann die Ladefläche von vorne bis hinten durchgehen. Vorteil: Die Mulden können bei in Reihe wartenden Fahrzeugen von einem zum anderen überlappen. Während ein voller Transporter den nächsten nachrücken lässt, entsteht keine Lücke zwischen den Fahrzeugen, wodurch kein Material auf den Boden fällt und das Förderband durchgehend laufen kann.

Auf offenen Flächen – wie etwa einer landwirtschaftlich genutzten Wiese – sind autonome Maschinen wie Traktoren noch nicht komplett ohne Aufsicht zugelassen, schließlich könnte ein Fehler dazu führen, dass versehentlich das junge Getreide auf dem Nachbarfeld gemäht würde, von verletzten Menschen wie spielenden Kindern ganz zu schweigen. Daher kommt autonome Grünlandtechnik vorerst in abgeschlossenen Bereichen zum Einsatz, etwa auf Sport- und Golfplätzen. John Deere hat dafür eine Partnerschaft mit dem niederländischen Unternehmen Precision Makers vereinbart. „In der Rasen- und Grundstückpflege sind nachhaltige Betriebslösungen für die präzise Pflege der Anlagen äußerst wichtig. Davon hängt der Erfolg der Manager der Anlagen maßgeblich ab″, erklärt Manny Gan, Direktor Global Golf bei John Deere. „Aufgrund steigender Lohnkosten und des Fachkräftemangels suchen die Betriebe verstärkt nach autonomen Lösungen.“ Die Auslastung der Geräte steigt zudem, da sie Tag und Nacht genutzt werden können. Das X-Pert-Paket der Holländer macht prinzipiell alle Traktoren oder Mähmaschinen autonom. Dabei bietet das Arbeiten mit dem zentimetergenauen RTK-GPS weitere Vorteile: gerade Linien, genaues Arbeiten, weniger Überlappung. Programmiert wird das System über die Teach & Playback-Technologie: aufnehmen und abspielen. Während einer regulär verrichteten Tätigkeit merkt sich die Maschine alle Handlungen wie Lenken, Gas geben und die Betätigung des Anbaugerätes. Später kann die aufgenommene Route einfach wieder abgespielt werden, die Maschine wiederholt alles genau und dann unbemannt. Die Maschine wird zudem natürlich mit mehreren Sicherheitssystemen ausgestattet und hält an, wenn sich ein Hindernis vor ihr befindet. Bewegt es sich selbst wieder weg, wie z.B. ein Fußgänger oder ein Tier, setzt es die Tätigkeit wieder fort, andernfalls informiert das Steuerungssystem den Verantwortlichen per SMS über das Hindernis. Dass das nicht nur im Kleinen möglich ist, zeigte die Firma bereits 2017 und rüstete einen John Deere 8R – die Serie leistet 250 bis 400 PS – mit ihrem System aus. Der Traktor erledigt nun alleine die Bodenbearbeitung mit Grubber und Scheibenegge, nach dem ihm durch einmaliges Umfahren des Felds gezeigt wurde, wo seine Grenzen sind.

Einmal programmiert: Terratrac mäht selbständig

Auch Aebi Schmidt rüstet seinen Geräteträger Terratrac bereits seit 2016 optional mit autonomen Fähigkeiten aus. Die Route plant die Maschine innerhalb des vordefinierten Arbeitsfeldes automatisch. Bei Bedarf ist der Terratrac auch aus der Distanz per Fernsteuerung  kontrollierbar. Das Fahrzeug eignet sich für die Pflege und den Unterhalt von Grünflächen aller Art – dank Schweizer Genen macht man dabei auch vor steilen Hängen nicht Halt. Einmal programmiert, mäht es selbständig Deiche, Lärmschutzwälle oder Parkanlagen, während der Fahrer parallel andere Aufgaben vor Ort erledigt. Die Arbeits-Routen sind zentimetergenau wiederholbar. Praktisch soll dies vor allem eine geringere Überlappung der Arbeitsbreiten ermöglichen und so Treibstoff sowie Zeit sparen, die menschliche Arbeitskraft wird ja nach wie vor benötigt. Die zusätzlich integrierte Fernsteuerung soll zudem die Arbeitssicherheit etwa auf unbekanntem oder militärisch genutztem Gelände verbessern. Denn der Fahrer kann den Terratrac damit von außerhalb der Gefahrenzone bedienen, so als säße er selbst am Steuer. Weiterhin ist auch der bemannte Einsatz möglich.

Auch das Startup Enway hat sich der fahrerlosen Technik verschrieben, ihr Spezialgebiet sind Kehr- und Abfallsammelmaschinen. Dabei bauen auch sie keine eigenen Maschinen, ihr vollelektrisches Testfahrzeug stammt von Bucher Municipal aus der Schweiz. Enway hat zwar den ersten Prototypen einer Kehrmaschine selbst gebaut – er arbeitet nach wie vor auf dem Campus, wo auch die Firma sitzt – eigentlich sieht man sich aber als Software-Entwickler. Daher suchte man sich als Partner einen erfahrenen Fahrzeugbauer. So kann man sich auf seine Kernkompetenz – die Software zur Umgebungserkennung und Fahrzeugsteuerung – konzentrieren, denn die Kehrtechnik an sich muss man ja nicht neu erfinden, wenn es in dem Bereich schon sehr gute Maschinen gibt, auf die man aufbauen kann. Praxiseinsätze im Zentrum von Darmstadt, am Campus in Berlin und auf dem Gelände einer Recyclingfirma in Leipzig zeigten bereits ein gut funktionierendes System. Dabei will man aber bewusst keine Arbeitsplätze ersetzen, vielmehr soll die Maschine möglichst mit dem Menschen kooperieren: Während sie den großen Platz fegt, kann der dazugehörige Mitarbeiter sich um die Abfallbehälter oder die Bepflanzung kümmern. Dabei kann die Maschine dem Arbeiter auch hinterherfahren – die Kopplung mit dem Smartphone und eine Warnweste genügen – und aufnehmen, was er ihr aus schwierigen Ecken vor die Besen fegt. Vor Kurzem kündigten die Gründer an, im kommenden Jahr die ersten öffentlichen Straßen in Singapur autonom zu kehren. Im Anschluss soll die Technik international kommerzialisiert werden.

Automatisch fahrerlos fahrendes Absicherungsfahrzeug

Bereits im Straßenverkehr unterwegs ist LKW-Hersteller MAN, und zwar nicht in der ruhigen Seitenstraße, sondern auf der Autobahn: Das „automatisch fahrerlos fahrende Absicherungsfahrzeug“ kurz aFAS fährt langsam hinter Wanderbaustellen her, es folgt dabei mittels einer Car-to-Car-Kommunikation dem vorausfahrenden Fahrzeug, das für stationäre Kurzzeitarbeitsstellen, Mäharbeiten und andere bewegliche Arbeitsstellen eingesetzt wird. Bei Folgefahrzeugen komme es nach Aussage des Herstellers immer wieder zu teils dramatischen Auffahrunfällen, Mitarbeiter der Autobahnmeisterei und Straßenbauer arbeiten daher bisweilen unter hohem Risiko. Beim Einsatz des MAN aFAS ist während der Absicherungsfahrt dagegen kein Fahrer im Fahrzeug. Im Folgebetrieb orientiert sich das aFAS am Seitenstreifen einer Autobahn und folgt mit geringer Geschwindigkeit und in definiertem Abstand einer vorausliegenden, mobilen Arbeitsstelle. Bei der „Gekoppelten Fahrt“ folgt es einem vorausfahrenden Fahrzeug in sehr geringem Abstand, um etwa Beschleunigungsstreifen und Ausfahrten zu überqueren. Im Modus „Sicheres Anhalten“ wird das Fahrzeug in einer definierten Position abgestellt, um eine stationäre Arbeitsstelle zu sichern. Aktuell hat das aFAS schon über 4.000 km auf öffentlichen Straßen fehlerfrei absolviert.

Bis autonome Technik großflächig im kommunalen Umfeld zum Einsatz kommt, wird sicherlich noch einige Zeit vergehen. Bis dahin müssen viele Arbeiten weiterhin von den Mitarbeitern selbst ausgeführt werden. Eine Studie der bauma-Messe in München zeigte aber bereits, was auch die Kommunalbranche immer deutlicher zu spüren bekommt: Der Fachkräftemangel ist das größte Problem vieler Firmen. Daher werden autonome Maschinen wohl auch keine Jobs vernichten, sondern die einfachen, monotonen Arbeiten übernehmen, wodurch sich der Mensch den spezielleren und dadurch häufig auch interessanteren Tätigkeiten widmen kann. Künftig werden dann aber zweifellos weniger Arbeitskräfte für bestimmte Tätigkeiten benötigt, was aber nicht sofort insgesamt weniger Arbeitsplätze bedeutet: Durch die Roboter-Unterstützung wird die Arbeit nicht weniger, sondern einfacher und effizienter, der Mensch übernimmt dann die für ihn weniger anstrengenden oder die abwechslungsreicheren Tätigkeiten.


Bilder: Hersteller


 

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