Bei einer Roadshow in Regensburg dreht sich ein Tag lang alles um die energieeffiziente Umrüstung auf LED. Zwei Städte sprechen außerdem über ihre Erfahrungen
Während der Winterzeit, wenn es wieder früher dunkel wird, gewinnt die Straßenbeleuchtung in Städten und Gemeinden noch mehr an Bedeutung. Denn gut ausgeleuchtete Gehwege und Straßen geben den Bürgern ein Gefühl von Sicherheit. Nicht umsonst sind die Straßenlaternen schon seit Jahren ein immer wiederkehrendes Thema in den Gremien. Zumal in vielen Kommunen die Leuchtmittel noch bis zu 60 Prozent aus ineffizienten Quecksilberdampflampen(HQL) bestehen, die seit April 2015 in Europa nicht mehr in den Umlauf gebracht werden dürfen. Um Energiekosten zu sparen, machen sich viele Kommunen Gedanken über eine Umrüstung auf energiesparende LED. Doch genau hier liegt der Knackpunkt: Zu viele Städte und Gemeinde haben keine Ahnung, wir sie eine solche Modernisierung ihrer Straßenbeleuchtung umsetzen können. Ganz zu schweigen von den Förder- und Finanzierungsmöglichkeiten, die es in diesem Bereich gibt. Um eine Hilfestellung durch den Fragendschungel rund um das Thema zu geben, veranstaltete die Deutsche Energie-Agentur (dena) bereits zum fünfzehnten Mal ihre „Roadshow Energieeffiziente Straßenbeleuchtung“, diesmal in Regensburg.
Um die teilnehmenden Kommunen nicht nur mit Theorie zu überhäufen, wurden auch Vertreter zweier Städte eingeladen, die gerade Mitte in ihrer Umrüstung stecken. Die Kreisstadt Dingolfing, mit rund 19.150 Einwohnern sowie einer Fläche von mehr als 44 Quadratkilometern, war eine von ihnen. Noch im Jahr 2006 bestand dort die Straßenbeleuchtung, mit knapp 4.000 Lichtpunkten, zu Dreiviertel aus HQL-Leuchten, den Rest machten Neonröhren aus, berichtete Dominik Riemer, Klimaschutzmanager der Stadtwerke Dingolfing GmbH. Die Problematik: „Die HQL-Lampen werden von Insekten umkreist“, berichtete Riemer. Zum einen waren sie dadurch recht dunkel, zum anderen lagen ständig die toten Tiere um die Leuchten herum. „Die LED-Technik befand sich zu der Zeit noch im Anfangsstadium“, berichtete Riemer. Deshalb entschied sich die Stadt Dingolfing zunächst für Natriumdampf-Hochdrucklampen. Für diese Leuchten sprach sowohl die Wirtschaftlichkeit als auch der Klimaschutz in Form einer Reduzierung der Treibhausgas-Emissionen. Die Umstellung auf LED startete dann 2012/13. „Das HQL-Leuchten-Verbot war eine zusätzliche Motivation“, erinnerte sich der Klimaschutzmanager. Doch schon der erste Schritt, die Bestandsaufnahme der Straßenbeleuchtung, war laut Riemer „eine Herausforderung“. Denn bis zu diesem Zeitpunkt war dahingehenden noch nichts für Dingolfing hinterlegt. So ließ die Stadt ab 2010 kurzer Hand Schüler in Ferienarbeit sämtliche Lichtpunkte aufnehmen. Zudem versahen die Stadtwerke alle Lichtquellen mit Nummern. Eine weitere Herausforderung stellten die bestehenden Normen da. „Die Probleme, die jeder kennt waren zu kurze Masten, zu breite Straßen und zu kurze Abstände zwischen den Lampen“, fasste Riemer zusammen. Bei der Frage nach den geeigneten Leuchten entschied sich Dingolfing schließlich für Siteco als Anbieter. „Wegen des Preis-Leistungs-Verhältnisses“, so Riemer. Doch welche Lampen sollten nun zuerst ausgewechselt werden? Die Wahl fiel auf alle alten Leuchten sowie Straßen mit vielen Lichtpunkten und einer hohen Anschlussdichte. „Irgendwo mussten wir anfangen. Das war, glaub ich, ein guter Weg“, sagte Riemer rückblickend. Rund 1.000 Lampen wurden vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) gefördert. Zeitgleich wurde ein Klimakonzept für die Stadt erstellt. Mit der Modernisierung der Straßenbeleuchtung verfolgte die Stadt Dingolfing drei Kernziele: eine Reduktion des Energieverbrauchs, eine Reduktion der Treibhausgasemission sowie den Ausbau erneuerbarer Energien. Die nächste Etappe der Umstellung auf LED erfolgte dann 2014 – mit der gleichen Vorgehensweise. Erneut wurden rund 1.000 Lampen ersetzt. Den Auftrag bekamen diesmal die Stadtwerke Dingolfing. Ein Jahr später fand lediglich ein Austausch in sehr reduziertem Maße statt. Denn 2015 hatte das Förderprogramm ausgesetzt. So wurde in diesem Jahr die Straßenbeleuchtung vermessen sowie Daten wie Leuchttyp, Leistung oder auch Reduzierungsstufe in einem Geoinformationssystem (GIS) hinterlegt – als Grundlage für den Förderantrag 2016. Heuer sind weitere 750 Lampen fällig. „Zusätzlich gibt es erstmals einen Austausch von Leuchtmitteln“, berichtete Riemer. Frei nach dem Motto „alte Schale, neuer Kern“. Bereits jetzt machen LEDs die Hälfte der Beleuchtung in Dingolfing aus. In diesem Jahr verzeichnet die Stadt Dingolfing bereits 4.565 Lichtpunkte. Davon sind mehr als die Hälfte LEDs. Aber hat sich die Umrüstung gelohnt? „Am Anfang waren es hohe Investitionskosten“, sagte der Klimamanager. Allerdings sei der Stromverbrauch in der Zeit von 2012 bis 2015 bereits um 41 Prozent reduziert worden. Von den Bürgern gebe es sowohl positive Rückmeldungen als auch Kritik. Vor der Umrüstung kamen Beschwerden, weil die Lampen nach hinten wegstrahlten. Jetzt würden sich die Bürger unter anderem beschweren, dass es in ihrem Hof so dunkel sei und sie dort nun selbst ein Licht installieren müssten.
Beseitigung der Stromfresser in Traunstein
Auch die Stadt Traunstein in Oberbayern hatte vor rund zehn Jahren erstmals die Überlegung angestellt, ihre Straßenbeleuchtung umzurüsten. Denn schon damals war man sich sicher, dass HQL-Leuchten irgendwann nicht mehr zulässig sein werden, berichtete Gerhard Hogger, Sachgebietsleiter Straßenbau bei der Stadt Traunstein. LEDs fand man zu dieser Zeit zwar nicht schlecht, aber die Technik war einfach noch nicht so weit, erinnerte sich Hogger. So nahm die Stadt 2010 erstmals am Förderprogramm des BMUB teil. Waren es am Anfang noch 50 Prozent, die gefördert wurden, reduzierte sich dieser Anteil beim zweiten Mal auf 40 Prozent. Bei der Umrüstung war es zunächst das Anliegen der Stadt, die Stromfresser unter den Leuchten zu beseitigen. „Zuerst das Innenleben herausnehmen und dann gescheit ersetzen“, fasste Hogger noch einmal das Ziel der Traunsteiner zusammen. Die Wahl beim Leuchten-Hersteller fiel auf das Unternehmen Siteco. „Wir sind mit denen immer gut gefahren und machen es nach wie vor mit ihnen“, erzählte Hogger. Wie in Dingolfing ließen sich auch in Traunstein innerhalb von fünf Jahren bereits Einsparungen bei den Stromkosten erkennen. Mit den 5.500 Lichtpunkten im Jahr 2010 lag die Höhe der Stromkosten bei 370.459 Euro im Jahr. 2015 waren es bereits 5.700 Lichtpunkte, dagegen aber nur noch Stromkosten von jährlich 232.434 Euro. „Wir haben mehr als 100.000 Euro eingespart“, sagte Hogger. Da Traunstein seinen Strom gänzlich aus Wasserkraft bezieht, ist die CO2-Einsparung dort hinfällig. Es gibt jedoch einen weiteren positiven Effekt: „Ich habe meine Ruhe vor den Anliegern“, erzählte der Spezialtiefbauer. Denn vorher mussten die Lampen hinten abgeschirmt werden, weil sie in die Wohnungen der Bürger schienen und diese dann nicht mehr schlafen konnten. Zudem gebe es auch keine Probleme mehr mit den toten Insekten unter den Straßenlaternen. Ein Extrembeispiel in Sachen Umrüstung hatte dann noch Hélène Kralik, Export Area Manager der Cariboni Group, mit der Stadt Rom im Gepäck. Vor einem Jahr entschied man sich dort dazu, die Beleuchtung komplett auf LED umzurüsten. Insgesamt 160.000 technische Leuchten gibt es in der Hauptstadt Italiens. Bereits in zwei Jahren sollen sich die Kosten hierfür wieder amortisiert haben, so Kralik. Das sei so schnell aber nur möglich, weil die Kilowattstunde in Italien um einiges mehr kostet, als in Deutschland.
Bis zu 20 verschiedene Beleuchtungsbereiche
In zahlreichen Vorträgen informierten an diesem Tag Fachleute aus dem Bereich der Straßenbeleuchtung die Besucher. So gab Matthias Schmidt, Account Manager Öffentliche Beleuchtung bei der Philips Lighting GmbH, zunächst einen Überblick über die Planung von effizienten Lichtlösungen für den Außenbereich. Besonders wichtig hierfür seien vier Punkte: die Leuchten-Auswahl, die Anlagen- und Produktdokumentation sowie die Planung und Organisation in der Zukunft. Schon allein bei der Auswahl der Leuchten müsse jeweils der spezielle Anwendungsfall betrachtet werden, erklärte Schmidt. So würden die Breite einer Straße, die Bebauung sowie das Verkehrsaufkommen einen großen Unterschied bei der Lichterauswahl machen. „In Zeiten der LED gibt es um die 20 verschiedenen Beleuchtungsbereiche“, erklärte Schmidt und fügte hinzu: „Das ist das neue, moderne Zeitalter.“ Weitere wichtige Kriterien bei den Leuchten stellen die Faktoren Energieverbrauch, Lebenszyklus sowie Strompreis dar. Zudem sollten Kommunen bei der Anschaffung stets den Blick in die Zukunft richten: Welche Garantieleistung haben die Leuchten und welchen Service bietet der Hersteller nach der Anbringung an? „Das ist einer der Hauptbestandteile der Planung“, so Schmidt. Genauso bedeutend sei es, darauf zu achten, ob die Leuchten erweiterbar sind und zudem nachprogrammiert werden können. Hierbei biete es sich laut Schmidt an, eine Bewertungsmatrix anzulegen, um verschiedene Leuchten miteinander vergleichen zu können. Ein weiterer Punkt, den Gemeinden und Städte vorneweg abklären müssen, ist die Frage der Finanzierung und Förderung. Auch hier gebe es verschiedene Möglichkeiten, beispielsweise über die KFW-Bank, die Hausbank, aber auch den Leuchten-Hersteller. Ist die Leuchten-Auswahl erfolgt, sollten Kommunen ihren Blick auf die Produkt- sowie Anlagendokumentation richten. Hier kommt es vor allem darauf an zu vermerken, wo sich in der Kommune jeder einzelne Lichtpunkt befindet. Ebenfalls dokumentiert werden sollte, an welchen Kabeln und Schaltpunkten die Leuchten hängen. Neben Philips waren auch die Leuchtenhersteller AEC Illuminazione, Cariboni/Fivep, Lunux, Siteco (Osram), Swarco und Trilux mit Ständen vor Ort, an denen sich die Besucher während der Pausen informieren konnten.
Bei den Vertretern von Kommunen, die an diesem Tag anwesend waren, stellte sich immer wieder die Frage nach dem Vorgehen und der Unterstützung bei der Modernisierung. Johann König, zuständig für die Steuerung von Kommunen und Kooperationen sowie Leiter des Bereichs Straßenbeleuchtung, zeigte dies am Beispiel des Stromnetzbetreibers Bayernwerk. Das Unternehmen hilft Kommunen mit „maßgeschneiderten Umrüstungsangeboten“, so König. Dies geschieht in Form eines Lichtausweises. Dazu gehört unter anderem eine App, die das Bayernwerk seinen Kunden, nach der Anmeldung im eigenen Kommunalportal, freischaltet. Damit kann die Kommune ihren Bürgern zum Beispiel das GPS unterstützte Melden von defekten Straßenbeleuchtungen über das Smartphone ermöglichen. Der Lichtausweis beinhaltet aber auch einen Nachweis, in dem sämtliche Lichtpunkte einer Stadt oder Gemeinde hinsichtlich ihrer Energieeffizienz und Wirtschaftlichkeit aufgeführt sind. Auf diese Weise lässt sich eine Energiesparkarte erstellen, in der die Leuchten-Effizienz auf einer Gemeindekarte visualisiert werden kann. Zudem sind im Lichtausweis sämtliche Arbeitsaufträge einsehbar.
Knackpunkt Betreiber-Verträge
Ein weiterer wichtiger Punkt, den Kommunen vor einer Umrüstung beachten müssen, sind die gesetzlichen Richtlinien. Stefan Graf, Direktor des Bayerischen Gemeindetags, stellte hierbei die Frage in den Raum, welche bestehenden gesetzlichen Beleuchtungsstandards es überhaupt gebe. Kommunen hätten hier sehr viel Spielraum, so die Antwort von Graf. Beispielsweise hätten Beleuchtungsnormen keine Verbindlichkeit, da es keinen gesetzlichen Verweis auf „allgemein anerkannte Regeln der Technik gebe“, erklärte er. Zudem dürften die abgeschafften Quecksilberlampen zwar nicht mehr produziert, aber durchaus noch weiterhin, wenn in den Kommunen vorhanden, eingesetzt werden. Ein Knackpunkt in Sachen Straßenbeleuchtung seien allerdings sogenannte Betreiber-Verträge. Hier beauftragen Gemeinden in einem „Straßenbeleuchtungsvertrag“ Dienstleister – in den meisten Fällen sind das dieselben, mit denen die Kommune die Stromkonzessionsverträge abgeschlossen hat – mit Betrieb und Wartung der Anlagen. Dafür wird an den Dienstleister eine Kostenpauschale je Brennstelle bezahlt. Allerdings entscheidet die Kommune über das wie der Beleuchtung, also unter anderem über die Brennstunden und Lampenabschaltung. Soll die Straßenbeleuchtung nun geändert, erneuert oder auch erweitert werden, entscheidet das die Gemeinde ebenfalls selbst – auch im Hinblick darauf, wen sie für die Arbeiten beauftragt. In der Regel liegt das Anlageneigentum jedoch beim Dienstleister – ausgenommen von Leuchtmittel und Starter. Deshalb stellt sich hier die Frage, in wieweit das Betreibermodell die Kommune einschränkt? Bei der Auswahl der Leuchte oder des Leuchtmittels ist die Gemeinde in der Regel nicht verpflichtet, die Produkte aus dem Leuchten-Katalog des Dienstleisters zu bestellen. Allerdings ist es häufig so, dass der Dienstleister gewisse Standards, was die Produkte angeht, verlangt. „Also keine chinesischen Billigprodukte“, erläuterte Graf, sondern Produkte mit einer gewissen Schutzklasse sowie Zertifizierungen. Dasselbe gelte auch für die Monteurauswahl: Qualifiziert muss er sein. In der Regel gebe es für die Kommune aber auch immer die Möglichkeit, ihre Lichtpunkte wieder selbst zu erwerben. Besonders bei der Überlegung, eine Bundesförderung in Anspruch zu nehmen, sei die Eigentumsfrage sehr wichtig. Denn beispielsweise bei einer Förderung über die Klimaschutzrichtlinie des Bundes- das nächste Antragsfenster ist hier vom 1.1. bis 31.3. 17 – sei es zum einen Bedingung, dass die betroffenen Teile der Beleuchtungsanlage im Eigentum der Kommune sind und auch noch für mindestens fünf Jahre bleiben. Zum anderen muss das Vergaberecht eingehalten werden. Erfolgt mit der Umrüstung der Straßenleuchten eine CO2-Einsparung von mindestens 70 Prozent, wird dies dann mit 20 Prozent gefördert – bei mindestens 80 Prozent mit 25 Prozent.
Simon Seichte, Lichtmanagement Außenbeleuchtung der Siteco Beleuchtungstechnik GmbH, warf dann noch einen Blick in die Zukunft. Das wichtigste Stichwort hierbei: „Smart City“. So soll es in den kommenden Jahren vermehrt nicht mehr nur um eine Modernisierung der Straßenbeleuchtung gehen, sondern um intelligente Steuerungssysteme in den Gemeinden. Die Beleuchtung an Gefahrenstellen wie Fußgängerüberwegen soll dann beispielsweise so gesteuert werden, dass sie bereits früher einschaltet und auch die automatisierte Fehlermeldung ins Büro sei denkbar.
Text/Bilder: Jessica Gsell – Redaktion Bauhof-online.de