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Bauhof Mittelbiberach setzt zum Sprung in Moderne an

Drei kommunale Experten aus Oberschwaben trotzen selbst dem Sturmtief „Petra“

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Von: Michael Loskarn

Sturmtief „Petra“ hat die ganze Nacht gewütet, als ob es kein Morgen geben darf. Kapitale Tannen versperren Straßen, Bahnlinien und Bäche – abgeknickt wie Zündhölzchen. Rinnsale mutieren zu reißenden Strömen. Wuchtig schwingt Wettergott Thor Anfang Februar über Süddeutschland seinen Hammer. Allein, in Baden-Württemberg und Bayern betreiben die Mannen der Bauhöfe Schadensbegrenzung. Auch im oberschwäbischen Örtchen Mittelbiberach. Seit 5.30 Uhr ist Bauhofmitarbeiter Uwe Schall im Einsatz: umgekippte Bäume gilt es zurechtzustutzen, um Straßen wieder befahrbar zu machen, Kanäle und Flussabläufe müssen von Schlamm, Geäst und massenhaft Laub befreit werden. Schließlich gehört es unter anderem zum Job der drei „Experten in orange“, die Hochwassergefahr der in einer Talsenke gelegenen 4.500-Seelen-Gemeinde zu bannen. Und, wenn sich der Seltenbach vom dehydrierten Rinnsal zum gurgelnden und tosenden Strom auswächst – was, wie der Name schon sagt, äußerst selten der Fall ist –, dann sind Bauhofleiter Uwe Fischer sowie seine Kollegen Uwe Schall und Manuel Egger mehr als in Alarmbereitschaft.

„Auch unser Rotbach ist ein Bächle, das im Moment zum Fluss mutiert“, schildert Bauhof-Chef Fischer. Kurzum, die Wetterkapriolen spielen den drei Männern derzeit so gar nicht in die Karten. Denn eigentlich stünden aktuell Rückschnitt, bzw. Verjüngungsschnitt an. Oder auch die Kontrolle bzw. komplette Umrüstung der Straßenbeleuchtung auf LED, Kontrolle der vier Spielplätze inklusive nötiger Ausbesserungen, Zäune oder Straßenschilder erneuern. Nicht zu vergessen „Dauerthema Friedhofspflege“, „Löcher flicken“ auf den ramponierten Gemeindestraßen oder Feldwegeunterhaltung „mit Radlader, Kipper und ordentlich Manpower“. „Gott sei Dank haben wir so einen milden Winter“, sagt Fischer, „sonst hätten wir gar keine Chance, unsere vorgeschriebenen Ruhepausen einigermaßen einzuhalten.“ Denn, selbstredend umfasst das Arbeitspensum je nach Wetterlage auch den Winterdienst. „Du bist fünf Jobs. Wir bräuchten eigentlich einen vierten Mann“, ist der 49-Jährige überzeugt.


Geräte- und Streuguthalle sind in Planung

Überzeugungsarbeit ist hierfür in erster Linie in Richtung Verwaltung nötig. Wenngleich Fischer von einem „recht guten Verhältnis“ zu Bürgermeister Florian Hänle spricht. „Wenn wir Maschinen oder Geräte brauchen, hat Hänle immer ein offenes Ohr.“ So geschehen in Sachen Platzbedarf, denn der Bauhof platzt aus allen Nähten. In den kommenden zwei Jahren werden die Geräte- sowie die Streuguthalle ausgebaut bzw. erneuert und vergrößert. Auch die Neubeschaffung „einiger ausgedienter Geräte“ laufe bereits. „Das dauert halt alles etwas“, gibt sich der Bauhofleiter geduldig. Wichtiger sind ihm dagegen Themen wie Digitalisierung, Anschaffung eines Scannersystems, um kostenstellen-adäquat verwalten zu können, oder auch der Internetanschluss. „Glasfaser ist verlegt, nur, die Telekom kommt seit einem halben Jahr nicht her“, ärgert sich Fischer. In Sachen digitaler Fortschritt seien die Gespräche mit Softwareanbietern bereits geführt worden. Dem Sprung in Richtung moderne Bauhofverwaltung – verbunden mit entsprechender Arbeitserleichterung – stehe lediglich noch die fehlende Internetanbindung im Weg.

Nichts steht dagegen in Mittelbiberach den nötigsten Gerätebeschaffungen im Weg: Ein brandneuer Zweiachs-Kipper von Sproll mit acht Kubikmeter Fassungsvermögen steht bereits seit Anfang des Jahres in der Halle. Auch der neue Salzstreuer A631 zum Anbau an den Holder C250 ist vonseiten der Verwaltung schon genehmigt, und auch die Angebote liegen schon vor. Die Wahl fiel auf ein Produkt der Firma Kugelmann aus dem Ostallgäu. Wermutstropfen: Derzeit sind die Anbaugeräte der Allgäuer dermaßen gefragt, dass die Oberschwaben ihren neuen Streuer erst im Sommer erhalten. Ach ja, und neue Werkstattschränke solle es heuer noch geben, weiß der Betriebsleiter.

„Ich erstelle zwar immer einen Wochenplan, diesen jedoch akribisch umzusetzen, ist kaum realistisch“, sagt Bauhofleiter Uwe Fischer.

Was Fischer dagegen sehr wohl weiß: Ohne die breite handwerkliche Begabung seines Teams entstünden der Gemeinde zusätzlich erkleckliche Kostensummen. „Wir pflegen unseren Fuhrpark nahezu selbst.“ Auch der 1993 erbaute Gebäudekomplex – indem auch die Freiwillige Feuerwehr untergebracht ist – wirkt auf den ersten Blick noch fast wie neu. Ein Umstand, der dem umsichtigen Wirken der drei Bauhöfler geschuldet ist, die auch hier eine Vielzahl der anfallenden Arbeiten selbst erledigen. Um all diesen Aufgaben gerecht zu werden, setzen die Mittelbiberacher auch auf Schulungen. „Wir waren in dem dreiviertel Jahr, seit ich da bin, bei mehreren Schulungen“, klärt der Chef, der im Ortsteil Reute wohnt, auf. Vom Bauhofleiterkurs, über den Motorsägenkurs, RSA-Schulungen bis hin zum Hochwasserschutz inklusive Starkregenkonzept reicht der Fortbildungsreigen. Schließlich besteht die tägliche Herausforderung des Drei-Mann-Teams darin, äußerst effektiv und effizient zu arbeiten – wozu auch entsprechende Planung vonnöten ist. „Ich erstelle zwar immer einen Wochenplan, diesen jedoch akribisch umzusetzen, ist kaum realistisch.“ Vielmehr entscheide sich in der allmorgendlichen Besprechung – nach Wetterlage – welche Arbeiten letztlich erledigt werden: je nach Prioritätenlage. Lediglich 30 Prozent dessen, „was wir uns vorgenommen hatten“, werde letztlich auch umgesetzt, gibt sich Fischer kritisch. „Weil immer etwas anderes dazwischenkommt.“

Apropos dazwischenkommen: Auch der Biber sorgt beim Bauhof Mittelbiberach immer wieder aufs Neue für Arbeitseinsätze. „Am Rotbach hat er einige Bäume umgemacht. Die fischen wir dann, angekettet an die Schaufel des Radladers, wieder aus dem Wasser.“ Langeweile kommt ob der vielfältigen Aufgaben im Bauhof der oberschwäbischen Gemeinde nicht auf. Da macht es Uwe Fischer traurig, wenn er vonseiten der Bürger spürt, dass das Engagement seines Teams nur selten gewürdigt wird. „Es wäre schön, wenn alle Bauhöfler von den Bürgern mehr respektiert würden, wenn gesehen würde, was wir Bauhof-Leute leisten.“ Natürlich sei hierfür Aufklärungsarbeit nötig. „Beispielsweise bei einem Tag der offenen Tür“, plant Fischer spontan die nähere Zukunft.

Ein Großteil der Arbeiten wird von Hand erledigt

Keine Zukunftsmusik, sondern gegenwärtiger Alltag ist die Pflege von rund 23,7 km2 Gemeindefläche – darunter fallen 450 Hektar Wald. Mit Fahrzeugen, Maschinen und Geräten von Fiat, Fendt, Holder, einem Atlas-Radlader, Husqvarna, Wiedenmann, Sproll, Stoll und Stiehl rücken die Schwaben dann aus. Ein Großteil der Arbeiten wird von Hand erledigt. Teilweise vergibt Fischer auch Arbeiten an externe Firmen. Zu den Grünflächen zählt im weitesten Sinne auch ein Sportplatz mit drei Feldern, Weitsprung- sowie Kugelstoßanlage und Basketballplatz. Und, natürlich auch das „Stadtgrün“. „Wir bepflanzen unsere Inseln mit pflegeleichten Pflanzen, die wenig Wasser benötigen“, erläutert der Reuter. Beratend stehe Antje Bedugger zur Seite, die „fit in diesem Thema ist“.

Fit sind dagegen die Kommunalprofis, wenn es um interkommunale Zusammenarbeit geht: Mit den Kollegen aus Stafflangen und Biberach funktioniere das „eigentlich wie ein Zahnrad“, weiß der 57-jährige Uwe Schall, der seit 27 Jahren seinen Dienst auf dem Bauhof Mittelbiberach verrichtet. Tagaus, tagein – unterstützt durch Uwe Fischer und Manuel Egger – einerlei, ob Sturmtief Petra wütet oder nicht.

Fakten zum Bauhof Mittelbiberach:

Leitung: Uwe Fischer
Anzahl der Mitarbeiter: 3
Aufgabenbereich des Bauhofs: Stadtreinigung, Winterdienst, Straßenunterhaltung, Grün- und Waldpflege, Sportplatzpflege, Erhalt der städtischen Gebäude sowie Schulen, Werkstätten, Maßnahmen im Rahmen des Naturschutzes am Rotbach
Ausstattung des Fuhr- und Geräteparks: 1 Schlepper Fendt Vario 513; 1 Fiat Ducato Pritschenwagen, 1 Atlas Radlader; 1 Holder C250 Schmalspurfahrzeug mit diversen Anbauteilen; Winterdiensttechnik von HYDRAC und Kugelmann; Mähtechnik von Fischer und Wiedenmann; 2 Anhänger: Sproll und Auwärter; diverse Handgeräte (teilweise Akku) von Husqvarna, Stihl und Stoll
Verantwortungsbereich: ca. 1.000 km Straßennetz, rund 150 km Radwege
Bauhof-Standort: Ayestraße 81, 88441 Mittelbiberach; angrenzend an das Feuerwehrhaus
Größe der zu betreuenden Fläche: Circa 23,7 Quadratkilometer, davon rund 450 Hektar Wald

Bilder: Michael Loskarn

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