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Coronavirus: Erste Auswirkungen auf Kommunalbranche

Bauhof-online.de befragt Hersteller zur Tragweite – Messen Forst Live und IFAT gehen voraussichtlich nach Plan über die Bühne

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Von: Michael Loskarn

Mehr als 3.300* Tote weltweit, knapp 97.000* bestätigte Infektionen, hermetisch abgeriegelte Städte und Gemeinden in Norditalien, abgesagte Messen und Großveranstaltungen rund um den Erdball, Unternehmen und Schulen, die einfach ihre Pforten dicht machen: Die Auswirkungen des Coronavirus auf das alltägliche Leben nehmen beängstigende Züge an. Allein in Deutschland sind zwischenzeitlich 444* Menschen mit SARS-CoV-2 infiziert. Täglich werden es mehr. Erstmals spricht Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) dieser Tage von einer Pandemie. Zudem gelte nun in Deutschland ein Ausfuhrstopp für Schutzkleidung. Hamsterkäufe führen insbesondere bei Desinfektionsmitteln und Mundschutzmasken zu massiven Liefer-Engpässen.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron will solche Masken nun staatlich beschlagnahmen lassen, um sie dem Gesundheitssystem zur Verfügung stellen zu können. Italien – das Land mit den meisten Infizierten in Europa (3.089*; 107* Tote) – schließt aktuell alle Schulen sowie Universitäten, und Sportveranstaltungen finden unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Selbst in den USA grassiert inzwischen das Virus: Kaliforniens Gouverneur Gavin Newsom hat am Donnerstag den Notstand ausgerufen. Mit einem Impfstoff rechnen Experten – allen voran der Vorsitzende des Weltärzteverbandes Frank Ulrich Montgomery – nicht vor 2021. Derweil weist die Talfahrt einiger Börsen auf eine deutliche Beeinflussung der Weltwirtschaft durch das Coronavirus hin. Gar halbieren könnte sich nach Einschätzung der Industriestaaten-Organisation OECD das für 2020 erwartete Wachstum, sollte sich das Virus weiterhin so rasant in Asien, Europa und Nordamerika ausbreiten. Selbst der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) schlägt in seinem Quartalsbericht Alarm: Das wirtschaftliche Wachstum „droht fast zum Erliegen zu kommen“, heißt es dort.

Forst Live und IFAT sollen nach Plan über die Bühne gehen

Zwischenzeitlich berichten auch Hersteller von Kommunalmaschinen oder Anbaugeräten von ersten negativen Auswirkungen auf ihr Geschäft. Recht zurückhaltend präsentieren sich dagegen die Verantwortlichen der Messen in Offenburg und München: Klare Aussagen bezüglich eventueller Absagen von Forst Live oder IFAT sind momentan Fehlanzeige. „Die dynamische Entwicklung rund um Covid-19 (Coronavirus) macht eine tagtägliche Neueinschätzung der Lage notwendig. Wir sind in ständigem Kontakt mit den zuständigen Behörden“, lässt Stephanie Schuler, Sprecherin der MESSE MÜNCHEN GMBH, wissen. „Zum aktuellen Zeitpunkt“ gehe sie davon aus, dass die IFAT vom 04. bis 08. Mai wie geplant über die Bühne gehe. Erstaunlich ähnlich im Zungenschlag gibt sich Sandra Kircher, Geschäftsführerin der Messe Offenburg: „Momentan geht es darum, Besonnenheit zu wahren und eine dynamische Situation zu bewerten. Stand heute finden die kommenden Veranstaltungen statt.“ Will heißen, auch die Forst Live soll nach Plan veranstaltet werden, und zwar von 03. bis 05. April.

Niemand sei derzeit in der Lage, Aussagen in Sachen Messen zu treffen, ist Silvia Rollo, Marketing Managerin bei BERTI Macchine Agricole mit Sitz im italienischen Caldiero, überzeugt. Vielmehr prasselten täglich unterschiedlichste – bisweilen auch widersprüchliche – Informationen von Seiten der Behörden und Medien auf sie ein. Zwar sei BERTI aktuell weder über das eigene Personal noch über Partner oder Lieferanten durch das Virus beeinflusst, dennoch zeichneten sich aufgrund der „logistischen Restriktionen im Land“ erste Lieferengpässe ab. Insbesondere Speditions-Lkw und deren Fahrer betreffend, wirkten sich in Norditalien die Engpässe negativ aufs Geschäft aus. „Das ist schrecklich und frustrierend“, macht Rollo ihrem Unmut Luft, um stante pede nachzuschieben: „Dieses Chaos ist getrieben von sinnloser Angst, Misstrauen und Ignoranz.“ Sollte dieses „Klima der Vermutungen und Spekulationen“ nicht bald enden, werde dies ganz bestimmt den Jahresumsatz negativ beeinflussen. „Erste Anzeichen tun sich bereits auf.“

Drei Kollegen aus Krisenregion bleiben Messe fern

Nur minimale Anzeichen nimmt dagegen momentan Gerhard Grosar wahr, der als Deutschland-Repräsentant für die italienische Firma Ing.O.Fiorentini S.p.A. tätig ist. Noch am Dienstag dieser Woche sagt der Kommunalfachmann: „Wir spüren nichts, außer, dass drei Kollegen, die aus einem als gefährdet eingestuften Bereich in Norditalien kommen, nicht zur Messe LogiMAT nach Stuttgart kommen.“ Keine zwei Tage später ist dann klar: Aufgrund einer behördlichen Anordnung ist die Messe abgesagt. In einem erneuten Gespräch am späten Donnerstagvormittag bezeichnet Grosar die Entscheidung der Behörden als „vernünftig“. Und, obwohl seine Firma bereits Geld für die Messe ausgegeben hat, steht für ihn fest: „Gesundheit geht über Kommerz.“ Dennoch geht der Fiorentini-Mann davon aus, dass sich die Corona-Hysterie mittelfristig beruhige. Als positiv denkender Mensch sei er auch davon überzeugt, dass die IFAT stattfindet. „Wer jedoch viel China-Geschäft macht, der wird das deutlich spüren“, ist sich Grosar sicher.

Deutlich mehr Beeinträchtigung durch das Coronavirus verspürt dagegen René Birkefeld von Energreen s.r.l. mit Sitz in Cagnano, Italien. „Der Transport ist momentan sehr zeitaufwendig.“ Aufgrund der Sperrzonen im Raum Venedig müssten die Lkw Umwege fahren. Zu Lieferengpässen werde es bei Energreen nicht kommen, denn „wir sind gewappnet“. Bezüglich Forst Live ist sich der Vertriebsverantwortliche sicher: „Die wird gecancelt.“ So lange niemand wisse, „wie aggressiv das Virus wirklich ist“, seien eine Absage bzw. eine Verschiebung eine „gute Entscheidung“.

Lieferzeiten verlängern sich um vier bis sechs Wochen

„Es wird zu Problemen und Engpässen kommen“, ist Bernd Boßmann, Geschäftsführer der Kersten Arealmaschinen GmbH, überzeugt. Lieferzeiten verlängerten sich seiner Einschätzung nach um etwa vier bis sechs Wochen. „Denn, so lange stehen schon Produktionsstraßen in China still.“ Aufgrund des Seewegs wirke sich dies jedoch vier Monate verzögert auf den europäischen Markt aus. Kersten beziehe beispielsweise Honda-Motoren aus Asien, Getriebe aus Italien sowie Kunststoffgranulate aus China – bis in sechs Wochen werde es in diesen Bereichen zu Engpässen kommen. Auch Grundstoffe seien dann schwerer verfügbar, schätzt Boßmann die Lage ein. Und, beispielsweise Rohlinge für Kettenräder würden heutzutage lediglich noch in Asien und den USA hergestellt. Lieferengpässe seien somit vorprogrammiert.

Von Lieferverzögerungen berichtet derweil Wendy Franken, Marketing Managerin der Shibaura Europe BV. „Unser Lieferant aus China hat einen Lieferverzug von zwei Wochen angekündigt.“ Dieser Zeitraum könne sich jedoch noch verlängern, zeigte sich Franken unsicher. Generell sei zum jetzigen Zeitpunkt jedoch niemand in der Lage, verlässliche Aussagen zu treffen.

„Es werden keine Hände mehr geschüttelt. Als erstes kommt die Frage, ob man zuletzt in einem der Risikoländer war“,
ist Ulrich Menken, Geschäftsführer von Weber Bürstensysteme, aufgefallen.

Zwar gebe es aktuell keine Einflüsse aufgrund SARS-CoV-2 auf das Geschäft, berichtet Ulrich Menken, Geschäftsführer der Weber Bürstensysteme GmbH. Dennoch: „Ich rechne damit, dass sich Drahtborsten verknappen und es zu Schwierigkeiten in der Lieferkette kommen wird. Denn das Vormaterial kommt aus China.“ Auch was den Kundenumgang betrifft, sei eine „gewisse Hysterie“ zu beobachten. „Es werden keine Hände mehr geschüttelt. Als erstes kommt die Frage, ob man zuletzt in einem der Risikoländer war“, ist Menken aufgefallen. Sorgen bereite ihm die etwaige Absage der IFAT: Unter Umständen werde das Thema von den Verantwortlichen bewusst „kleingehalten“. Allein, je früher eine Absage erfolge, desto besser. Schließlich könne dann ein geeigneter Ersatztermin gefunden werden: „Jetzt bin ich noch flexibel.“ Eine kurzfristige Absage wäre dagegen „äußerst ärgerlich“. Allgemein betrachtet, rechnet der Weber-Chef mit einer „leichten Abkühlung der Konjunktur“ aufgrund des Coronavirus, das weltweit bereits mehr als 3.300 Menschen das Leben gekostet hat. Positiv: Immerhin 53.610 der knapp 97.000 Infizierten sind bereits wieder gesundet.

*Datenquellen zu SARS-CoV-2-Fallzahlen: Johns Hopkins University, Baltimore, USA; Robert Koch-Institut, Berlin; letzte Aktualisierung: Donnerstagabend, 05.03.2020, bei Redaktionsschluss

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