Schnell, schnittig und einiges an PS unter der Haube – dafür stehen die Fahrzeuge der ABT Sportsline GmbH. Nicht umsonst hat sich das Allgäuer Familienunternehmen einen Namen im Motorsport gemacht. Und genau solche Automobile erwartet man auch, wenn der Tuning-Experte in sein Werk nach Kempten einlädt. Doch kraftvolle und schnelle Autos sind nicht das einzige Steckenpferd der Firma. Seit 2009 forscht und entwickelt das Unternehmen unter dem Namen ABT e-Line auch in Sachen Elektromobilität, insbesondere im Bereich der Nutzfahrzeuge. Dieses Fachwissen hat sich Volkswagen zu Nutzen gemacht und bringt deshalb, zusammen mit ABT e-Line als Premiumpartner von VW, den ersten vollelektrischen e-Caddy auf den Markt. Wir haben uns den Elektro-Neuling vorab schon mal angeschaut und sind ihn natürlich Probe gefahren.
Dafür dürfen wir einen Blick in die heiligen (Werkstatt-)Hallen der ABT e-Line werfen. Inmitten von weiteren Elektrifizierungsprojekten steht der neue ABT e-Caddy. Was sofort auffällt: Auf den ersten Blick unterscheidet sich das Elektromodell so gar nicht von seinem kraftstoffbetriebenen Pendant. Nur der silber-grüne Schriftzug „ABTe“ verrät die Antriebsart des Nutzfahrzeugs. Einziger Unterschied: Statt einem Dieseleinfüllstutzen besitzt das E-Fahrzeug einen Bordladeanschluss, anstelle von Drehzahlmesser und Tankuhr an den Armaturen befinden sich dort ein Powermeter sowie eine Anzeige zum Akkuladestand. Selbst der Kühlergrill, der bei vielen E-Fahrzeugen aufgrund der veränderten Kühlanforderungen verschwindet, ist beim ABT e-Caddy erhalten geblieben.
Unterflurbatterie mit 37,3 kWh Kapazität
Angetrieben wird das E-Nutzfahrzeug von einem 200 Nm drehmomentstarken Elektromotor mit 83 kW Leistung. Das Kernstück des ABT e-Caddy befindet sich jedoch an der Unterseite: dort sitzt die Batterie mit einer Kapazität von 37,3 kWh. „Sie ist so angebracht, dass sie die Bodenfreiheit am Caddy nicht beeinflusst“, erklärt Jens Häberle (35), Leitung Produktmanagement bei ABT e-Line, und zeigt, was so alles in der Unterflurbatterie steckt: Das Innere des 1,2 mm dicken mehrfach korrosionsbeschichteten Stahlgehäuses wird von 16 wartungsfreien Modulen ausgefüllt. Über die Membran eines integrierten Ventils erfolgt der Luftausgleich in der Batterie. „Wir haben hier sehr sichere Zellen“, sagt Häberle und räumt ein, dass der Energiehaushalt in den Batterien natürlich höher sein könnte. Doch hier sei VW und ABT das Thema Sicherheit wichtiger.
„Wir machen uns aber nicht nur über die Entwicklung Gedanken, sondern auch den After-Sale-Prozess. “
(Jens Häberle, Leitung Produktmanagement ABT e-Line)
Bestellt sich ein Kunde einen ABT e-Caddy, passiert Folgendes: „Wir bekommen dann von VW einen völlig fertigen Caddy geliefert“, erklärt der 35-Jährige. Natürlich sei das Fahrzeug an gewissen Stellen schon für den Elektroumbau vorbereitet. Anschließend werde der Motor ausgebaut, der dann zur Weiterverwendung an Volkswagen zurück geht. Rund 28 Stunden Arbeitszeit braucht es schließlich noch in der Produktion der ABT e-Line, bis aus dem kraftstoffbetriebenen Nutzfahrzeug ein ABT e-Caddy wird. „Der Kunde selbst erhält deshalb auch zwei Rechnungen: eine für das Basisfahrzeug und die andere für die Elektrifizierung“, sagt Häberle. Beim Umbau werden Elektromotor, Elektronik und Unterflurbatterie so angebracht, dass der Innenraum des Caddy Maxi mit einem Ladevolumen von 4,2 Kubikmeter weiterhin flexibel genutzt werden kann.
Deutschlandweit 220 geschulte VW-Händler für Verkauf und Service von E-Fahrzeugen
„Wir machen uns aber nicht nur über die Entwicklung Gedanken, sondern auch den After-Sale-Prozess“, berichtet der Leiter für den Bereich Produktmanagement. Deshalb gebe es in ganz Deutschland bereits 220 geschulte WV-Händler für den Verkauf und Service der E-Fahrzeuge. „Sie haben von uns das passende Werkzeug bekommen und können ohne Probleme eine Batterie ausbauen“, zeigt sich Häberle zufrieden. Bei ABT und Volkswagen Nutzfahrzeuge vertraue man aber voll und ganz auf die gute Qualität der Batterien. „Deshalb geben wir auf sie auch eine Garantie von acht Jahren bzw. 160.000 km Laufleistung“, sagt der 35-Jährige. Innerhalb von rund fünf Stunden lasse sich die Batterie mit Wechselstrom an einer 7,2-kW-Wallbox wieder vollständig aufladen. An einer Schnellladestation mit 50 kW brauche es sogar nur 45 Minuten, bis die Batterie wieder zu 80 Prozent voll ist. Für die ausgedienten Batterien gibt es anschließend ebenfalls zwei Lösungsansätze. Sie erhalten entweder ein „Second Life“ als Heimspeichersystem – an der genauen Umsetzung wird derzeit noch gearbeitet. Ansonsten werden die Akkus wieder in ihre Bestandteile zerlegt, die Module weiterverwendet und der Rest recycelt.
Und wie fährt sich der neue ABT e-Caddy? Um das herauszufinden drehen wir eine Runde durch die Kemptener Innenstadt. Wie bei einem E-Fahrzeug gewohnt, gibt auch der ABT e-Caddy beim Starten kaum einen Laut von sich. Nur durch den Blick auf die Anzeigetafel am Armaturenbrett weiß der Fahrer, ob sein Fahrzeug startklar ist. Wer es gewohnt ist, Automatikautos zu fahren, wird auch beim ABT e-Caddy keinerlei Probleme haben. Dank seiner, für Elektrofahrzeuge typischen, schnellen Beschleunigung sowie dem relativ kleinen Wendekreis, eignet sich der ABT e-Caddy bestens für Einsatzfahrten in der Stadt. Auch wenn das E-Nutzfahrzeug eine Höchstgeschwindigkeit von bis zu 120 km/h erreichen kann, ist es doch vornehmlich genau für solche innerstädtischen Kurzstrecken gedacht. Denn hier werden Geschwindigkeiten für ein besonders energiesparendes Fahren erreicht. Zudem wird durch Bremsen die Batterie wieder aufgeladen. Beides bekommt der Fahrer auf dem modifizierten Kombiinstrument angezeigt. „Je nach Ausstattung hat der ABT e-Caddy eine Reichweite von maximal 159 km mit einer Batterieladung nach WLTP. Im Stadtverkehr sind bis zu 167 km möglich“, erklärt Andreas Gottwald, Pressesprecher für Volkswagen Nutzfahrzeuge. Hinter der Abkürzung WLTP – Worldwide Harmonised Light-Duty Vehicles Test Procedure (weltweit harmonisiertes Testverfahren für leichtgewichtige Nutzfahrzeuge) – steckt ein weltweit einheitliches Testverfahren zur Bestimmung des Kraftstoffverbrauchs und der Abgasemissionen, das auf Grundlage weltweit gesammelter Realfahrdaten dabei helfen soll, auch unter Laborbedingungen eine realitätsnahe Autofahrt zu simulieren.
ABT e-Caddy derzeit nur als Leasing-Fahrzeug
Statt das Rad neu zu erfinden, hat sich VW für die Elektrifizierung seiner Nutzfahrzeuge lieber einen starken Partner mit Erfahrung gesucht, hebt Gottwald die Vorteile der Zusammenarbeit mit ABT e-Line hervor. Bereits 2013 ging eine erste Test-Reihe der ABT e-Caddys – zehn an der Zahl – an die direkten Nachbarn: die Filiale der Deutschen Post in Kempten. Ab dem ersten Quartal 2020 soll der ABT e-Caddy nun auch für alle Kunden verfügbar sein – am Anfang allerdings nur als Leasingfahrzeug.
Bilder: VWN/ABT/Stephan Lindloff (8), Bauhof-online.de (3)