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Sicher in die Luft gehen – was bei Höhenarbeiten beachtet werden sollte

Ob auf Dächern oder Baustellen, bei der Instandhaltung von Gebäuden oder Maschinen – Arbeiten in der Höhe sind allgegenwärtig. Manchmal handelt es sich um zeitweilige Arbeiten, meistens um längerfristige Tätigkeiten. Unabhängig vom Arbeitsauftrag und der Umgebung sind stets hohe Sicherheitsanforderungen zu erfüllen, um Schäden und Unfälle zu vermeiden. Aus der Sicht des Arbeitsschutzes besteht das größte Risiko durch das Abstürzen von Personen von hochgelegenen Arbeitsplätzen beziehungsweise Verkehrswegen.

Lesedauer: min | Bildquelle: Markus Tischendorf, Zarges, Palfinger, iStock
Von: Markus Tischendorf

Die Unfallzahlen sprechen eine eindeutige Sprache. Im „Corona-Jahr 2020“ ereigneten sich in deutschen Unternehmen 34.987 meldepflichtige Absturzunfälle – 60 davon endeten tödlich. Im Jahr 2019 lag die Gesamtanzahl der Verunfallten sogar noch höher, nämlich bei 39.654 Abstürzen und immerhin noch 56 Unfällen mit Todesfolge. Wer glaubt, schwere und tödliche Verletzungen würden nur aus großen Höhen eintreten, der irrt gewaltig. Beispielsweise enden Abstürze von Leitern zu 70 Prozent tödlich, wenn der Kopf des Verletzten in Mitleidenschaft gezogen wurde. Und die Arbeitshöhe auf Leitern ist meist deutlich geringer, als bei anderen Arbeitsmitteln. Nebenbei sei erwähnt, dass der Einsatz von Leitern durch den Arbeitgeber zu begründen ist. Sind andere, sicherere Arbeitsverfahren und Einrichtungen möglich, sollten diese Vorrang vor Leitern haben. Durch einschlägige Rechtsnormen und technische Regeln ist diese Forderung sogar gesetzlich verankert.

Heben von Personen – gesetzliche Forderungen

Für das Heben von Personen gelten besondere Bedingungen, die in verschiedenen Richtlinien und Vorschriften beschrieben sind. Vor Beginn der Höhenarbeiten muss der Arbeitgeber das Unfallrisiko bewerten und geeignete Schutzmaßnahmen planen sowie veranlassen. Das Unfallrisiko ist abhängig von der Eintrittswahrscheinlichkeit eines Absturzes und der dabei zu erwartenden Unfallschwere (z.B. leichte, mittlere oder tödliche Verletzung). Schutzmaßnahmen sind geeignet, wenn bei der Auswahl des Arbeitsverfahrens der „Stand der Technik“ eingehalten wird. So ist beispielsweise ein Seitenschutz durch Umwehrungen, Brüstungen oder Geländer dem Tragen von Persönlicher Schutzausrüstung gegen Absturz vorzuziehen. Dort, wo ein Seitenschutz nicht möglich oder sinnvoll ist, können Auffangnetze als gleichwertige Schutzmaßnahme genutzt werden. Schriftlich sind die Risikobewertung der durchzuführenden Arbeiten sowie die getroffenen Schutzmaßnahmen festzuhalten und zu dokumentieren (Gefährdungsbeurteilung). Auch bei Kontrollen und Unfallanalysen ist die Gefährdungsbeurteilung durch die Gewerbeaufsicht sowie Berufsgenossenschaft nachzuweisen.


Gesundheitliche Eignung unverzichtbar

Grundsätzlich sollte die gesundheitliche Eignung der Beschäftigten beurteilt werden, was dem Arbeitgeber in den meisten Fällen nicht oder zumindest nur bedingt möglich ist. Durch eine arbeitsmedizinische Untersuchung (z.B. nach dem berufsgenossenschaftlichen Grundsatz G 41 – Arbeiten mit Absturzgefahr) lassen sich Vorerkrankungen wie Krampfleiden, Zustände nach Herzinfarkt usw. medizinisch erkennen und beurteilen. Die Auswahlverantwortung bzgl. des Personals obliegt aber weiterhin dem Arbeitgeber. Übrigens ist es nach dem Jugendarbeitsschutzgesetz untersagt, Auszubildende unter 18 Jahren mit gefährlichen Aufgaben zu beauftragen. Hierzu zählen besonders Arbeiten mit einem Absturzrisiko.

Professionelle Einsätze mit Hubarbeitsbühne

Fahrbahre Arbeitsgeräte ermöglichen das sichere Arbeiten in großen Höhen. Für professionelle Einsätze eignen sich am besten fahrbare Hubarbeitsbühnen nach DIN EN 280. Hierunter fallen verschiedene Bauarten wie Lkw-Hubarbeitsbühnen, selbstfahrende Teleskopbühnen, Anhängerbühnen und Scherenlifte. Als Ersatz für Leitern bieten immer mehr Hersteller mittlerweile Kleinstgeräte an, die nur für Innenräume und geringe Arbeitshöhen bis etwa vier Meter konzipiert und gebaut sind. Derartige Geräte kommen mit einem senkrechten Teleskopmast aus – der Korb wird teils allein durch Muskelkraft (z.B. Handkurbel, Gasdruckfedern) in die notwendige Arbeitsposition bewegt. In der schnellen Verfügbarkeit vor Ort, ohne von einer fremden Energiequelle abhängig zu sein, liegt der Hauptvorteil. Dennoch ist auch für einfache Maschinen eine Qualifizierung beziehungsweise Unterweisung des Bedieners und die regelmäßige Geräteprüfung gemäß der BetrSichV notwendig. Aus dem angehobenen Arbeitskorb aus- und überzusteigen, ist übrigens verboten. In der Praxis steigen trotzdem immer wieder Bediener in großen Höhen aus dem Korb und bringen dadurch nicht nur sich selbst, sondern auch andere Personen in Gefahr.

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Alternative – Teleskopstapler

Teleskopstapler nach DIN EN 1459 können ebenso wie Hubarbeitsbühnen für das Arbeiten in großen Höhen eingesetzt werden. Sie sind dabei aber wesentlich breiter in der Anwendung, schließlich können die Maschinen mit unterschiedlichen Anbaugeräten wie Gabelzinken, Schaufeln für Schüttgüter und Erdaushub, Kranhaken mit und ohne Seilwinde und eben auch Arbeitsbühnen verbunden werden. Wird eine Arbeitsbühne eingesetzt, muss diese zum Grundgerät passen. Allein die mechanische Befestigung an den Lastenträger des Teleskopstaplers ist nicht ausreichend. Vielmehr muss die Arbeitsbühne auch von oben her gesteuert werden können. Ein zusätzliches Bedienpult und dessen elektrische Anbindung an die Maschinensteuerung ist also notwendig.

Ausnahmsweises Heben von Personen

Nicht mehr ganz zeitgemäß, in begründeten Ausnahmen aber dennoch zulässig, ist der Einsatz von Arbeitskörben an Flurförderzeugen mit Hubmast. Diese alternative Höhenzugangstechnik wird in der DGUV-Information 208-031 näher erläutert. Anders als bei Hubarbeitsbühnen und Teleskopstaplern werden Arbeitskörbe für Gabelstapler nicht als „auswechselbare Ausrüstung“ im Sinne der Maschinenverordnung betrachtet, sie benötigen deshalb kein CE-Zeichen. Selbst von einigen Herstellern wird dieser Sachverhalt regelmäßig ignoriert. Das liegt vermutlich an der vorherrschenden Meinung, Produkte ohne CE-Kennzeichnung seien nicht sicher. Doch das stimmt nicht. Dennoch müssen auch Arbeitskörbe für Flurförderzeuge gegen Herabfallen und Herunterrutschen von den Lastzinken gesichert sein. In der Regel geschieht dies durch Aufnahmetaschen und Verriegelungen, z.B. Steckbolzen mit einem Federstecker. Weitere wichtige Ausrüstungsmerkmale sind:

  • eine mindestens ein Meter hohe Umwehrung,
  • ein zweckmäßiger Einstieg (selbstschließende Tür, nach innen aufschlagend) und
  • sowie ein Rückenschutz zur Vermeidung von Quetschverletzungen durch den Hubmast.

Eine Kennzeichnung am Arbeitskorb gibt Auskunft über das Eigengewicht und die maximal zulässige Zuladung. Auch eine Kurz-Bedienungsanleitung sollte vom Hersteller mitgeliefert werden.

Während der gelegentliche Einsatz eines Gabelstaplers mit Arbeitskorb durchaus sinnvoll sein kann, wird diese Methode bei umfangreichen Höhenarbeiten schnell unwirtschaftlich. Denn es ist immer eine zweite Person erforderlich, die den Arbeitskorb vom Fahrersitz aus steuert. Der Staplerfahrer darf während des Einsatzes seinen Arbeitsplatz nicht verlassen. Lediglich zur Feinpositionierung ist das Fahren mit angehobenem Korb erlaubt, zum Fahren selbst muss der Korb abgesenkt werden.

Personenbeförderung mit Kranen

Eine weitere Alternative zur Durchführung von Höhenarbeiten ist das Heben von Beschäftigten mit Personenaufnahmemitteln, die mithilfe von Kranen bewegt werden. Personenaufnahmemittel für Krane können Arbeitskörbe und Personenförderkörbe sein, wobei letzte nur für den Personentransport genutzt werden. Für das Arbeiten sind Arbeitskörbe einzusetzen, die mit Anschlagmitteln sicher am Kranhaken zu befestigen sind. Wie beim Einsatz von Flurförderzeugen mit Arbeitskörben wird auch bei Kranen mit Arbeitskörben das Heben von Personen nur „ausnahmsweise“ geduldet. Für Kommissionierarbeiten, Inventuren sowie planbare Wartungs- und Instandsetzungsarbeiten sind diese Arbeitsverfahren nicht zulässig, wie der TRBS 2121 Teil 4 „Gefährdungen durch Absturz – Ausnahmsweise Heben von Beschäftigten mit hierfür nicht vorgesehenen Arbeitsmitteln“ zu entnehmen ist. Das Heben von Personen mit Kranen ist der zuständigen Berufsgenossenschaft mindestens zwei Wochen vorher schriftlich anzuzeigen. Spontane Einsätze sind deshalb schon wegen formaler Anforderungen gar nicht möglich. Mindestens dreimal so groß wie das Gesamtgewicht des Personenaufnahmemittels sollte die Tragfähigkeit des Krans sein. Bei Auslegerkranen mit veränderlicher Tragfähigkeit gilt dies natürlich für jede Arbeitsposition. Sofern diese Forderung nicht erfüllt ist, muss die Tragfähigkeit durch einen Einzelnachweis (z.B. Sachverständigengutachten) vom Arbeitgeber nachgewiesen werden.

Auf den Punkt gebracht

Höhenarbeiten sind gefährlich, wie die aktuellen Unfallzahlen beweisen. Jährlich verunglücken in Deutschland mehrere Tausend Personen bei der Arbeit durch Absturz, einige davon sogar tödlich. Um Störungen im Betriebsalltag sowie Unfälle und Leid zu verhindern, ist eine vorausschauende und sorgfältige Arbeitsvorbereitung erforderlich. Die Auswahl geeigneter Arbeitsmittel – wie Hubarbeitsbühnen oder Arbeitsgeräte mit Personenkörben – trägt wesentlich zur Sicherheit bei. Das allein reicht aber nicht, denn schließlich müssen die Beschäftigten angemessen qualifiziert sowie gesundheitlich in der Lage dazu sein. Arbeitgeber haben die Möglichkeit, die genannten Sicherheitsaspekte im Rahmen der gesetzlich geforderten Gefährdungsbeurteilung zu berücksichtigen und den Arbeitsschutz im eigenen Interesse zu verbessern.

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