Die Unfallzahlen sprechen eine eindeutige Sprache. Im „Corona-Jahr 2020“ ereigneten sich in deutschen Unternehmen 34.987 meldepflichtige Absturzunfälle – 60 davon endeten tödlich. Im Jahr 2019 lag die Gesamtanzahl der Verunfallten sogar noch höher, nämlich bei 39.654 Abstürzen und immerhin noch 56 Unfällen mit Todesfolge. Wer glaubt, schwere und tödliche Verletzungen würden nur aus großen Höhen eintreten, der irrt gewaltig. Beispielsweise enden Abstürze von Leitern zu 70 Prozent tödlich, wenn der Kopf des Verletzten in Mitleidenschaft gezogen wurde. Und die Arbeitshöhe auf Leitern ist meist deutlich geringer, als bei anderen Arbeitsmitteln. Nebenbei sei erwähnt, dass der Einsatz von Leitern durch den Arbeitgeber zu begründen ist. Sind andere, sicherere Arbeitsverfahren und Einrichtungen möglich, sollten diese Vorrang vor Leitern haben. Durch einschlägige Rechtsnormen und technische Regeln ist diese Forderung sogar gesetzlich verankert.
Heben von Personen – gesetzliche Forderungen
Für das Heben von Personen gelten besondere Bedingungen, die in verschiedenen Richtlinien und Vorschriften beschrieben sind. Vor Beginn der Höhenarbeiten muss der Arbeitgeber das Unfallrisiko bewerten und geeignete Schutzmaßnahmen planen sowie veranlassen. Das Unfallrisiko ist abhängig von der Eintrittswahrscheinlichkeit eines Absturzes und der dabei zu erwartenden Unfallschwere (z.B. leichte, mittlere oder tödliche Verletzung). Schutzmaßnahmen sind geeignet, wenn bei der Auswahl des Arbeitsverfahrens der „Stand der Technik“ eingehalten wird. So ist beispielsweise ein Seitenschutz durch Umwehrungen, Brüstungen oder Geländer dem Tragen von Persönlicher Schutzausrüstung gegen Absturz vorzuziehen. Dort, wo ein Seitenschutz nicht möglich oder sinnvoll ist, können Auffangnetze als gleichwertige Schutzmaßnahme genutzt werden. Schriftlich sind die Risikobewertung der durchzuführenden Arbeiten sowie die getroffenen Schutzmaßnahmen festzuhalten und zu dokumentieren (Gefährdungsbeurteilung). Auch bei Kontrollen und Unfallanalysen ist die Gefährdungsbeurteilung durch die Gewerbeaufsicht sowie Berufsgenossenschaft nachzuweisen.
Gesundheitliche Eignung unverzichtbar
Grundsätzlich sollte die gesundheitliche Eignung der Beschäftigten beurteilt werden, was dem Arbeitgeber in den meisten Fällen nicht oder zumindest nur bedingt möglich ist. Durch eine arbeitsmedizinische Untersuchung (z.B. nach dem berufsgenossenschaftlichen Grundsatz G 41 – Arbeiten mit Absturzgefahr) lassen sich Vorerkrankungen wie Krampfleiden, Zustände nach Herzinfarkt usw. medizinisch erkennen und beurteilen. Die Auswahlverantwortung bzgl. des Personals obliegt aber weiterhin dem Arbeitgeber. Übrigens ist es nach dem Jugendarbeitsschutzgesetz untersagt, Auszubildende unter 18 Jahren mit gefährlichen Aufgaben zu beauftragen. Hierzu zählen besonders Arbeiten mit einem Absturzrisiko.
Professionelle Einsätze mit Hubarbeitsbühne
Fahrbahre Arbeitsgeräte ermöglichen das sichere Arbeiten in großen Höhen. Für professionelle Einsätze eignen sich am besten fahrbare Hubarbeitsbühnen nach DIN EN 280. Hierunter fallen verschiedene Bauarten wie Lkw-Hubarbeitsbühnen, selbstfahrende Teleskopbühnen, Anhängerbühnen und Scherenlifte. Als Ersatz für Leitern bieten immer mehr Hersteller mittlerweile Kleinstgeräte an, die nur für Innenräume und geringe Arbeitshöhen bis etwa vier Meter konzipiert und gebaut sind. Derartige Geräte kommen mit einem senkrechten Teleskopmast aus – der Korb wird teils allein durch Muskelkraft (z.B. Handkurbel, Gasdruckfedern) in die notwendige Arbeitsposition bewegt. In der schnellen Verfügbarkeit vor Ort, ohne von einer fremden Energiequelle abhängig zu sein, liegt der Hauptvorteil. Dennoch ist auch für einfache Maschinen eine Qualifizierung beziehungsweise Unterweisung des Bedieners und die regelmäßige Geräteprüfung gemäß der BetrSichV notwendig. Aus dem angehobenen Arbeitskorb aus- und überzusteigen, ist übrigens verboten. In der Praxis steigen trotzdem immer wieder Bediener in großen Höhen aus dem Korb und bringen dadurch nicht nur sich selbst, sondern auch andere Personen in Gefahr.