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FRIEDHOF HAMBURG-OHLSDORF Zwischen Grabstein und Grünanlage

Im Hamburger Norden erstreckt sich der größte Parkfriedhof der Welt. Wie die Bezeichnung schon vermuten lässt, erfüllt die 389 Hektar große Anlage in Ohlsdorf zwei Funktionen: Ruhestätte und Erholungsraum in einem. Daher verwundert es nicht, dass das Areal neben 140.000 Grabstätten auch 36.000 Bäume, 450 Gehölz-Arten und jede Menge Rasenfläche beherbergt. All das zu pflegen gleicht daher einer Mammutaufgabe – insbesondere, da der Friedhofsbetrieb gerade umstrukturiert und zentralisiert wird. Was es mit den aktuellen Bauplänen auf sich hat und wie die alltäglichen Projekte des Parkfriedhofs Ohlsdorf trotz Bauarbeiten vonstattengehen, hat die Bauhof-online-Redaktion vor Ort erfahren.

Lesedauer: min | Bildquelle: Tim Knott (Bauhof-online)
Von: Tim Knott

Die Baustelle liegt fast verlassen da, nur ein knallgelber Bagger hebt einsam in der Mittagssonne eine Grube aus. Erdhügel säumen den schlammig-ausgefahrenen Weg und hier und da lassen sich Rohbau-Elemente im gebauten Fundament ausmachen. „Es geht voran“, sagt Amir Norouzian, Bereichsleiter Facility-Management, zufrieden. Auf Fortschritte kommt es an, denn hier, am Standort einer ehemaligen Friedhofsgärtnerei, wird die neue, zentralisierte Werkstätte des Parkfriedhofs Ohlsdorf entstehen, für die zahlreiche Elemente geplant sind. „Dort liegt unsere Zisterne, ebenfalls haben wir hier ein Regenrückhaltebecken geplant“, erläutert Norouzian und weist mit einer Geste auf die entsprechenden Stellen im Fundament. „Außerdem wird unsere bestehende Maschinenhalle um 80 Meter erweitert.“ Große Pläne, doch bis zur Fertigstellung muss noch einiges passieren. Und während des laufenden Betriebs wird die Baustelle zur logistischen Herausforderung. „Unsere Gärtner und die Bauarbeiter müssen sich beim Maschineneinsatz immer abstimmen, da wir aktuell nur wenige Zugänge zum Gelände haben.“

Erschwerte Bedingungen für den Betrieb, doch erste Erfolge sind auch zu verzeichnen: Der Hochbau wird in drei Wochen beginnen, 2027 soll das Gebäude schließlich fertig sein. „Dann wird das ein neuer Betriebshof für mehr als 200 Mitarbeiter – eine kleine Stadt. Damit zentralisieren wir unsere technischen und gärtnerischen Werkstätten“, schließt Norouzian. Ausschlaggebend für die Umstrukturierung war die Effizienz: Die historisch gewachsenen zwölf Betriebsgebäude, über die der 148 Jahre alte Friedhof noch vor zwei Jahren verfügte, hätten nicht mehr den Anforderungen der heutigen Zeit entsprochen, viele seien auch energetisch nicht mehr sanierbar gewesen. Im Moment werden davon noch drei genutzt. Nach 2027 wird nur noch das zentralisierte Gebäude verbleiben. Doch bis dahin dauert es noch, und der Betrieb auf dem Friedhof geht parallel weiter.

Vorbereitungen für die Schnittsaison laufen

Hier liegt die Koordination in den Händen von Friedhofsleiter Nando Rujanski, und Aufgaben gibt es viele, wie er bei der Fahrt von der Baustelle berichtet: „Aktuell sind wir sehr mit dem Formschnitt an Hecken und Sträuchern beschäftigt.“ Dabei setzen die Friedhofsgärtner auf einen Geräteträger mit Heckenschere sowie handgeführte Akkugeräte. „Sonst bereiten sich meine Leute aktuell auf die Schnittsaison vor, wenn sie wieder Fällen und Gehölze roden dürfen“, fährt Rujanski fort. Für die Baumkolonne stehen zwei Steiger auf Lkw-Fahrgestell und Raupen-Fahrgestell bereit. „Unsere eigene Baumtruppe beschäftigt sich weitgehend mit Fällungen und steht nach starken Unwetter-Ereignissen als schnelle Eingreiftruppe zur Verfügung. Ansonsten arbeiten wir mit zwei externen Firmen zusammen.“ Diese übernehmen u.a. auch Baumkletter-Aufgaben.

Die geregelten Abläufe im Parkfriedhof werden in diesem Jahr unter anderem auch durch den Klimawandel beeinflusst. Wo die Gärtner bei Hitze normalerweise wenig mähen sowie viel wässern müssen und in Zeiten starken Regens eher gemäht und wenig gewässert wird, stehen die Betriebsabläufe aktuell auf dem Kopf: „Dieses Jahr kommt interessanterweise beides zusammen“, so der Friedhofsleiter. „Wir sind seit dem Frühjahr mit Bewässern beschäftigt, merken aber auch, es gibt einen hohen Druck beim Mähen, weil der Rasenwuchs ungewöhnlich stark ist.“


 

Standortgerechte Bepflanzung: Mittelmeer im Blick

Um den Park klimafit zu machen, achtet die Friedhofsleitung verstärkt auf eine Klimawandel-gerechte Pflanzenauswahl. Diesbezüglich wurde auch eine Anlage komplett neugestaltet und mit trockenresistenten Pflanzen versehen – der „mediterrane Garten“, wie Rujanski ihn aufgrund der südeuropäischen Vegetation nennt: „Beim Thema ‚standortgerechte Pflanzen‘ eignen sich aufgrund der veränderten Bedingungen nun mal immer mehr Gewächse aus dem Mittelmeer-Raum.“

Doch nicht nur der Boden macht Schwierigkeiten, auch die Gewässer verlanden immer mehr, denn einige der einige Gewässer des Friedhofs sind relativ flach, wie Pressesprecher Lutz Rehkopf betont: „30 cm tiefes Gewässer wärmt sich in drei Tagen durch und es kommt zu einer Hypertrophierung und Vergiftung. Wenn das entsprechende Gewässer dann noch unter Denkmalschutz steht, können wir nicht ohne weiteres ausbaggern.“ „Dabei müssen wir auch die verschiedenen Belange abwägen“, wirft Rujanski ein. „Wir haben den Denkmalschutzaspekt, immerhin ist dieser ganze Park als Schmuckanlage angelegt worden. Es muss aber auch der stärker werdende Umweltschutzaspekt beachtet werden, z.B. wenn sich bei uns seltene Arten ansiedeln. Dieser beständige Abwägungsaspekt ist eine Herausforderung bei uns in der Grünpflege.“ Flexibilität ist deswegen gefragt. So setzen die Hamburger bei den Grünflächen vermehrt auf Extensivierung und legen bewusst Insektenflächen an, also Wiesenflächen, die lediglich jährlich oder alle zwei Jahre gemäht werden. Dies hängt auch mit dem Zukunftsprojekt „Ohlsdorf 2050“ zusammen, bei dem die Bedeutung der Parkflächen der Anlage verstärkt werden soll. Da aufgrund neuer Bestattungsarten wie Urnenbeisetzungen immer weniger Fläche benötigt wird, sollen vermehrt Flächen aus der aktiven Nutzung in die Extensivierung und somit in erholsamen Naturraum umgewandelt werden.

Ein Fuhrpark im Umbruch

Doch nicht nur bei der Bepflanzung werden neue Konzepte erprobt. Auch die Dekarbonisierung ist in vollem Gange, berichtet der Friedhofsleiter. „Wir hatten jahrelang Piaggio mit Verbrennungsmotor, die laufen langsam aus und wir suchen Alternativen.“ Da einige Mitarbeiter keine Führerscheine hätten – „Die braucht man im Großraum Hamburg nicht unbedingt“, so Rujanski – sind auch Lastenräder eine Option. Für alle größeren Transporter laufen gerade Tests. „Gerade bei den kleinen Transportfahrzeugen merken wir einen großen Wandel. Bei allem, was in Richtung Baumaschinen geht, ist es eher eingeschlafen und konventionell. Natürlich wollen wir alles ersetzen, aber mal sehen, wie lange das dauert.“ Besonders das Ersetzen kleiner Geräteträger sei ein großes Problem, da es hier keine wirklichen Alternativen gebe. Und auch für Friedhofs-spezifische Geräte wie Gruftbagger gebe es noch keinen Ersatz.

Doch auch auf der Verbrennerseite bestehen Probleme. So würden die Ausfallzeiten mancher Maschinen immer größer, weil Reparaturen länger dauerten. „Das hängt auf der einen Seite immer noch mit Lieferschwierigkeiten von Ersatzteilen zusammen. Auf der anderen Seite haben die Firmen, die bei uns die Wartungen durchführen, Personalprobleme. Dadurch werden die Wartezeiten immer länger.“ Eine Lösung ist hier fürs Erste nicht in Sicht.

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In Luft und Erde: die Schädlinge des Friedhofs

Egal ob Friedhof oder Bauhof: vom Eichenprozessionsspinner bleibt keiner verschont. Bei der Bekämpfung der lästigen Insekten setzen die Friedhofsgärtner entweder auf Sprühkleber oder auf das Absaugen der Nester. „Wir haben in der Vergangenheit auch Versuche mit Bioziden gestartet, also mit Nematoden und Bakterium. Beides mit mittelmäßigem Erfolg.“ Grund: eine Behandlung muss immer während des laufenden Friedhofbetriebs stattfinden. „Und das ist hier nicht wie bei Straßenbegleitgrün, dass wir eben mal absperren können“, so Rujanski. Außerdem müssen Nematoden nachts ausgebracht werden. Auf einem Friedhof, wo nicht alle Bäume gleich gut ausgeleuchtet sind, wird das schnell zum Problem. Auch ein Flugzeugeinsatz wie in der Forstwirtschaft sei nicht denkbar. Eine Lösung könnte die Abstimmung mit den angrenzenden Bezirken sein. „Das Problem hört ja nicht an der Friedhofsgrenze auf. Hier müssen wir gemeinsam schauen, wie wir uns aufstellen, denn der Befallsdruck wird immer mehr.“ Auch der Staudenknöterich breitet sich stark auf dem Friedhof aus, was oftmals die geplante Bepflanzung unterdrückt. Hier setzen die Hamburger auf Monitoring, um die befallenen Bereiche schnell zu identifizieren. Anschließend werden die Pflanzen gerodet und die Wurzeln samt entsprechender Erde entsorgt, um eine Weiterverbreitung zu verhindern. Laut Friedhofsleitung funktioniere dieses Vorgehen jedoch nur bedingt.

Die Angestellten des Parkfriedhofs Hamburg-Ohlsdorf stehen also vor vielen Aufgaben, und die Herausforderungen werden vorerst nicht geringer werden. Neben den zahlreichen Projekten ist das Jahr 2027 fest im Blick. Dann gibt es nicht nur den Neubau zu feiern – denn ganz nebenbei wird der Friedhof auch 150 Jahre alt.

 

Fakten zum Friedhof Hamburg-Ohlsdorf:

Leitung: Nando Rujanski (Bereichsleiter Friedhöfe)

Anzahl der Mitarbeiter: 269 (werden jedoch auch auf anderen Standorten der Hamburger Friedhöfe -AöR- eingesetzt)

Aufgabenbereiche: Grünflächenpflege, Grabpflege, Hecken- und Baumpflege, laufendes Instandhaltungs- und Pflegeprogramm: Wege, Straßen, Treppen und sonstige Einbauten

Ausstattung des Fuhrparks: 19 x E-Pritschen Fahrzeuge, 13 x Piaggio-Nutzfahrzeuge, 3 x VW Caddy, 2 x Transporter (VW, Ford), 5 x Lkw mit diversen Aufbauten (Container, Ladekran, Hebebühne),6 x Lkw bis 7,5 t. mit diversen Aufbauten (Presscontainer, Ladekran, Pritsche), 3 x Doppelkabine Pritsche, 1 x Kehrmaschine, 6 x Radlader Kramer 5035, 3 x Radlader Volvo 110, L45G und Caterpillar 906H2; 1 x Hebebühne mit Anhänger (Teupen Leo 35 T), 1 x Siebanlage (Doppstadt), 1 x Zerkleinerer Axtor 4510 (Schredder, Buschhacker), 3 x Traktoren, 26 x Kfz-Anhänger, 7 x Aufsitzrasenmäher, 2 x Mobilbagger (Atlas 160 W-blue, Terex TW85), 5 x Gruftbagger,1x Kettenbagger klein (1,9 Tonnen), 5 x Muldenkipper, 1 x Bauwagen, 22 x Lastenräder (Musketier); 3 x Einachsschlepper Agri

Größe der zu betreuenden Fläche: 389 Hektar

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