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Wer haftet im Bauhof bei Rechtsverstößen?

RSA Schulungsteam zeigt anhand von Beispielen aus dem Bereich Winterdienst auf, wann die Organisationspflicht verletzt und wer dafür zur Rechenschaft gezogen wird

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Das Bürgerliche Gesetzbuch formuliert im § 823 Absatz 1 folgenden Text:
„Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.“ Die Aussage dieses Absatzes ist so umfassend formuliert, um den Schadensersatz von anderen schuldrechtlich relevanten Tatbeständen abzugrenzen, und zugleich „zeitlos“. Die Formulierungen werden nunmehr seit Inkrafttreten des BGB im Jahre 1900 bis heute auf alle möglichen Unfälle im Straßenverkehr angewendet.

Im Gegensatz dazu zeichnet der § 831 BGB den Sachverhalt der „unerlaubten Handlung“, aus der ein Schadensersatzanspruch geltend gemacht werden kann, dar. Anderslautend wird im § 831 BGB auch von der „Haftung des Verrichtungsgehilfen“, die den Dienststellenleiter / Bauhofleiter betrifft, gesprochen. Mit Verlaub ausgedrückt: Der Dienststellenleiter/Bauhofleiter muss dafür einstehen, wenn ein Mitarbeiter Mist gebaut hat. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in ständiger Rechtsprechung hieraus den Haftungsgrund des so genannten Organisationsverschuldens entwickelt.

Haftung durch Organisationsverschulden

Die Bauhofleitung ist hinsichtlich der Haftungsfolge dahingehend verpflichtet, den Betrieb so zu organisieren und zu steuern, dass Rechtsverstöße gegen Zivil-, Straf- oder Verwaltungsrecht nicht auftreten. Wird nunmehr ein Verstoß festgestellt und dieser kann der Verletzung der Organisationspflicht angelastet werden, so haftet die Bauhofleitung neben dem jeweiligen Mitarbeiter, der den Schaden unmittelbar verursacht hat (sog. Organisationsverschulden).

Um in der Verantwortungsebene Bauhofleitung sich vor diesem persönlichen Haftungsrisiko zu schützen, bedarf es einer rechtssicheren, „gerichtsfesten“ Betriebsorganisation. Haftung und Strafe setzen i.d.R. Verschulden voraus. Kann nun der Bauhofleitung ein derartiges verschulden (Organisationsverschulden) nicht nachgewiesen werden, so entfällt die Haftung und damit die Strafbarkeit. Kernpunkt ist dann der Nachweis, dass die Bauhofleitung alle erforderlichen organisatorischen Maßnahmen ergriffen hat, um Rechtsverstöße zu vermeiden. All umfassend, und damit die Säule für eine Haftungsbefreiung, ist eine detaillierte und ausgeprägte schriftliche Dokumentation. Diese muss die im Gehöft vorhanden Aufbau-, Ablauf – und Handlungsprozesse – die einen Betriebsablauf im Gehöft sowie auf der Strecke im Ganzjahreseinsatz beschreiben – abbilden.

Organisationsverschulden im Bereich Winterdienst

Die Thematik Organisationsverschulden lässt sich auch gut auf den Kernbereich des Straßenbetriebsdienstes, den Winterdienst, anwenden. Führt man sich vor Augen, dass die Rechtsprechung fixiert hat, dass es den Kommunen nicht zumutbar ist, einen Winterdienst rund um die Uhr sicherzustellen bzw. durchzuführen, so greift aber trotzdem die gesetzliche Organisationspflicht für die durchzuführenden Zeiten – in der Regel von 6 Uhr bis 20/22 Uhr an Wochentagen sowie von 8/9 Uhr Uhr bis 20/22 Uhr an den Wochenenden. Für diese, den Kommunen verpflichtenden Zeiten, verlangt die Rechtsprechung vom Verantwortlichen der jeweiligen Winterdienstorganisation eine gute und funktionierende Organisation. Eine solche Organisation muss eine reibungslose Durchführung nach den entsprechenden gesetzlichen Räum- und Streupflichten gewährleisten.

Um diesen Anforderungen der gesetzlichen Organisationspflicht zu entsprechen, sind nachfolgende Kriterien der Organisation zu erfüllen.

1. Die rechtzeitige Vorbereitung und Planung des Winterdienstes, zu dem das Aufstellen von Räum- und Streuplänen sowie die Personaleinsatzpläne zählen.

2. Fahrzeuge und erforderliche Winterdienstgeräte sind bereits nach Abschluss einer Winterperiode soweit technisch wieder vorzubereiten, damit sie ohne großen Aufwand für den kommenden Winterdienst einsatzbereit sind. Für die bereitgestellten Streuer ist rechtzeitig vor dem ersten Einsatz die verbindlich durchzuführende Justierung der Streueinheit durch Fachpersonal (Werkstatt Bauhof) durchzuführen. Sollten Neufahrzeuge zum Einsatz kommen, sollten diese, sofern nicht Streu- und Räumeinheit ebenfalls neu beschaffen wurde, zusammengeführt werden, um auch ein reibungsloses Funktionieren der Geräte mit dem Trägerfahrzeug sicherzustellen. Diese Tätigkeiten sind gerade dann wichtig, wenn Unternehmerfahrzeuge eingesetzt werden und das vorgesehene Fahrzeug des Unternehmers nicht das Gleiche wie im Vorwinter ist.

3. Die rechtzeitige Einlagerung der Streustoffe ist ein weiterer wesentlicher Bestandteil der rechtssicheren Organisation. In den allgemeinen Empfehlungen zum Winterdienst in den Winterdienstmerkblättern wird ausgesagt, dass vor Winterbeginn eine 100% Lagerung in den Streustofflagerhallen bzw. Silos vorhanden sein soll. Nachdem die Erfahrungen der letzten Winter gezeigt haben, dass die Salzindustrie dem Grundsatz „just in time“ nicht ausreichend erfüllend nachkommen kann, müssen die Bauhöfe ausreichende Selbstvorsorge treffen. In Bezug auf die Erfahrungen der letzten Winter werden Mindestlagermengen empfohlen:

Mindestlagermenge: 3,5 t/km Salzstreunetz, (zweispurige Straßen)

Klassifizierte Außerortsstraßen: (Bundes-, Landes-, Kreisstraßen), Mindestmenge 5,0 t/km (zweispurige Straße)

Überregional erforderliche Gesamtlagerkapazität: 7,0 t/km (Bewertungskilometer)

4. Es ist sicherzustellen, dass bei kritischen Wetterlagen eine nächtliche Kontrolle von Wetter und Fahrbahnzustand durchgeführt wird – Bereitschaftsplan Melder/Späher.

5. Sicherstellung, dass Personal rechtzeitig in der Nacht bei notwendig werdendem Winterdiensteinsatz zum Einsatz kommt und damit rechtzeitig vor einsetzendem Berufsverkehr geräumt oder gestreut wird.   

6. Gewährleistung des Winterdiensteinsatzes über den ganzen Tag hinweg, mit effektiver Einsatzleitung und -steuerung, sowie laufender Kontrolle des Wetters und Fahrbahnzuständen – Einsatzplan Winterdienstverantwortlicher

7. Um den Wintersdienst fachgerecht durchzuführen, ist eine adäquate Ausrüstung und geschultes Personal Voraussetzung.

8. Überwachung und Kontrolle beauftragter Unternehmen und der Anlieger hinsichtlich der Durchführung des Winterdienstes.

9. Letztendlich muss eine rechtssichere und gerichtsfeste Dokumentation aller der vorgenannten Punkte erfüllt werden. Diese bezieht sich auf Straßen, Wege, Plätze und Anlagen (Treppen), die im Zuständigkeitsbereich des WD-Leitenden sind. Darüber hinaus sind Einzelfallentscheidungen und Festlegungen (z.B. Umbesetzung einer Räumstrecke), die sich durch eine kurzfristig entstehende Situation (Ausfall eines Fahrzeuges wegen technischen Defekts) ergeben haben, ebenfalls zu dokumentieren.

Ein Organisationsverschulden liegt vor, wenn nicht durch eine sachgerechte Organisation des Winterdienstes gewährleistet ist, dass die Räum- und Streupflicht ordnungsgemäß erfüllt werden kann.
(OLG Hamm, Urteil vom  13.09.2002 9U 49/02)

Abschließend sei noch zu erwähnen, dass eine Dokumentation des Winterdienstes von entscheidender Bedeutung für eine mögliche Haftung ist. Der beste Winterdienst ist rechtlich leider nichts wert, wenn er nicht ausreichend dokumentiert ist.

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