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STADT | LAND | STRASSE 31 | NUFAM: Abwärtstrend auf dem Nutzfahrzeugmarkt

Die Nutzfahrzeugbranche steckt in der Krise. In ganz Europa sind die Zulassungszahlen zurzeit rückläufig. Um ein paar Einblicke in die Gründe für diese Entwicklung zu gewinnen, hat sich die Bauhof-online-Redaktion auf die Nutzfahrzeugmesse NUFAM in Karlsruhe begeben. Dort gab es allerdings eine große Überraschung, denn von Krisenstimmung war die ganze Veranstaltung sehr weit entfernt. Mehr dazu hört ihr jetzt:

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Von: Tim Knott

Volle Parkplätze, jede Menge Interessierte auf den Gängen und volle Messestände – die Veranstalter der NUFAM können sich über geringes Interesse wirklich nicht beklagen. Im Laufe des Events suchen rund 24.000 Besucher die Karlsruher Messehallen auf. Damit verbucht die Messe zwar keinen neuen Rekord, kann aber an die Zahlen der vergangenen Nutzfahrzeugmesse anknüpfen. Umso interessanter, denn die wirtschaftliche Situation der Branche ist gerade nicht gut. Ende Juli hat die Lobbyorganisation European Automobile Manufacturers’ Association (ACEA) die Nutzfahrzeug-Zulassungszahlen für das erste Halbjahr 2025 herausgegeben, und die waren ernüchternd. Die Zulassungen von Transportern fielen um 13,2 Prozent, bei Lkw sogar um 15,4 Prozent. Und seitdem sind die Neuzulassungen EU-weit nur weiter nach unten gegangen.

Trotz dieser Entwicklungen ist der rege Zuspruch für PR-Manager Matthias Jundt von der Messe Karlsruhe keine Überraschung. Gerade in Zeiten der Krise brauchten Hersteller eine Plattform wie die NUFAM, berichtet er:

Die Branche hat große Herausforderungen wirtschaftlicher Natur. Die Branche muss sich eigentlich nicht neu entdecken oder neu entwickeln, aber die Branche muss sich wandeln. Die Branche ist aber sehr motiviert und die Branche weiß, dass sie sich zeigen muss und nutzt die NUFAM. Die Messe hat sich in den vergangenen Jahren so entwickelt, dass eigentlich alle Namen und Hersteller herkommen und sich zeigen wollen.

Allerdings räumt Jundt ein, dass die Messeleitung dieses Jahr eine deutliche Zurückhaltung unter den Herstellerbuchungen bemerkt habe. Die Aussteller würden eine Teilnahme deutlich stärker als früher abwägen. Verständlich, denn die wirtschaftliche Situation hinterlässt Spuren. Einige Messeaussteller wollen sich zu diesem Thema nicht offiziell äußern, berichten von Kunden, die aufgrund der schwierigen Situation jede Investition sehr vorsichtig prüfen oder schlicht um die eigene wirtschaftliche Existenz fürchten. Doch hier und da sind einige Aussteller zum Gespräch bereit. Einer davon ist Nissan-Produktmanager Bernhard Hohns. Neben der Vorsicht der Kunden sieht er auch noch einen anderen Grund für den Zulassungsrückgang:

In den letzten Jahren, in denen die Lieferzeiten so lang gewesen sind, haben natürlich viele Kunden Fahrzeuge vordisponiert. Fahrzeuge bestellt, die Auftragseingänge im Rahmen der Halbleiterkrise ‘23, ‘24 waren sehr gut. Die wirtschaftliche Lage hat aber nicht nachgezogen. Das heißt, wir haben viele Kunden, die haben Fahrzeuge für ihr eigenes Unternehmenswachstum disponiert, vorbestellt, mit entsprechend langen Lieferzeiten geplant. Die Autos kommen jetzt. Teilweise ist der Bedarf aber für die bestellten Fahrzeuge in den Unternehmen gar nicht da, weil sich der Bauunternehmer nicht so entwickelt hat, wie vorgestellt. Das heißt, die Autos, die vor anderthalb, zweieinhalb Jahren bestellt worden sind, wurden jetzt ausgeliefert. Natürlich hat dieser Kunde jetzt bei kürzeren Lieferzeiten nicht die Notwendigkeit, sofort wieder ein Auto zu bestellen.

Allerdings gibt es auch gute Nachrichten. So steige die Nachfrage nach elektrifizierten Fahrzeugen im Kommunalbereich, so Hohns. Diese Steigerung findet sich auch im ACEA-Bericht. Doch es bleibt die Frage: Warum steigt die Nachfrage nur so schleppend? Gerade für den kommunalen Bereich sind E-Autos die ideale Wahl. Einen Erklärungsansatz bietet Marc Oliver Schoeck, Prokurist des E-Transporter-Herstellers TYN-e:

Der Hintergrund ist der, dass sehr viele Anbieter am Anfang in den Markt gedrängt sind, die nur Autos verkaufen wollten. Der Verkauf des Autos ist aber nicht das Entscheidende. Unsere Nutzer brauchen zuverlässige Fahrzeuge, wenn mal ein Unfall passiert. Die brauchen eine Ersatzteilversorgung, die brauchen ein Händlernetz, wo sie die Fahrzeuge kaufen und warten lassen können, etc. Dieser ganze Apparat, der hinten mit dran hängt und den haben unsere Vorgänger, die sich in dem Markt versucht haben, nicht ernst genommen. Das ist aber der eigentliche Faktor für die Zufriedenheit des Kunden. Es ist nicht der Kauf des Fahrzeugs, auch noch nicht mal der Preis, sondern was passiert danach, wenn ich dieses Auto habe. Da ist viel Erde verbrannt worden und die versuchen wir jetzt eben wieder zu begrünen und neu sprießen zu lassen.

Daneben sind es bekannte Probleme, wie die noch ausbaufähige Ladesäulensituation und unklare Förderungsmöglichkeiten, die für den schleppenden Zuwachs im E-Nutzfahrzeug-Bereich verantwortlich sind. Für Nutzfahrzeuge im Allgemeinen bleibt die schwierige Marktsituation vermutlich noch ein bisschen erhalten, doch die Mehrzahl der Hersteller ist zuversichtlich, dass diese „Wachstumsdelle“ bald vorbei ist und die Verkäufe wieder anziehen werden.

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