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Monopolkommission greift Energieversorger an

Die schlechten Nachrichten für die großen deutschen Energiekonzerne reißen nicht ab. Nach der scharfen Kritik des Bundeskartellamtes hat nun auch die Monopolkommission des Bundes die führenden deutschen Energiekonzerne an den Pranger gestellt.

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Bei Strom und Gas gebe es in Deutschland keinen „funktionsfähigen Wettbewerb“, stellte das unabhängige Expertengremium in einem Sondergutachten fest. Zudem seien die Preise an der Leipziger Strombörse EEX aufgrund der Monopolsituation offensichtlich überteuert.

Der Vorsitzende der Monopolkommission, Jürgen Basedow, sagte im Gespräch mit WELT ONLINE, für die überzogenen Energietarife sei vor allem das Verfahren an der EEX verantwortlich. „Es spricht einiges dafür, dass die Großhandelspreise an der Börse über den Preisen liegen, die unter normalen Wettbewerbsbedingungen erzielt werden könnten.“ Das liege daran, dass es nur wenige Erzeuger wie E.on oder RWE gebe, die für große Angebotsmengen verantwortlich seien. Auf der anderen Seite könnten die Nachfrager die hohen Preise im Allgemeinen an ihre Kunde weitergeben, ohne dass diese daraufhin Druck machten. „Die Wechselbereitschaft der Endkunden ist dafür zu gering. Niemand wird seinen Fernseher abstellen, weil der Strom zehn Cent teurer wird.“

Für die Kunden hat das Konsequenzen. Auch wenn ein Händler versuche, die Preise abzusenken, muss er nach Ansicht von Basedow die überhöhten Großhandelspreise zahlen und dazu noch hohe Durchleitungsgebühren. Es müsse deshalb versucht werden, „auf den vorgelagerten Wertschöpfungsstufen“ zu mehr Wettbewerb zu kommen.

Der Kommissionsvorsitzende hat allerdings keine Informationen über Preisabsprachen, wie sie vom Kartellamtspräsident Bernhard Heitzer im Streit gegen die Branchenriesen E.on und RWE angeführt wurden. Stattdessen sieht Basedow „Indizien für ein Parallelverhalten“ der Versorger an der Börse. „Das bedeutet: Wenn einer sagt, ich nehme ein Kraftwerk vom Netz, ist dies ein Signal für andere Erzeuger, auch Kapazitäten vom Netz zu nehmen, um so die Großhandelspreise an der Börse zu beeinflussen.“ Dies lege eine Untersuchung nahe, auf die sich die Monopolkommission in ihrer Studie bezogen habe. „Jeder kann sich ausrechnen, wie er am meisten Geld verdienen kann, wenn er sieht, wie die anderen sich verhalten.“

Dagegen hatte Kartellamtschef Heitzer in einem Interview der „Westdeutschen Allgemeinen Zeitung“ bekräftigt, die Behörde habe im Rahmen einer Durchsuchung mit der EU-Kommission im Mai 2006 Belege für Absprachen insbesondere zwischen E.on und RWE gefunden. Die von den Stromkonzernen angekündigten Preiserhöhungen zeigten, „dass eine verschärfte Missbrauchskontrolle wohl notwendig ist“, sagte Heitzer.

Monopolkommissions-Chef Basedow sagte weiter, es gebe – anders als von den Energieversorgern behauptet – keinen internationalen Stromhandel. „Wir sehen keinen funktionierenden europäischen Strommarkt.“ Die Grenzkuppelstellen seien zu schwach ausgebaut. „Es kann kaum Im- und Export in nennenswertem Umfang stattfinden. Die Mengen werden im eigenen Land gehandelt“, sagte Basedow. Zwar gebe es einen regen Austausch zwischen Frankreich und Deutschland. Aber das sei auch nicht verwunderlich, „weil der französische Konzern EdF bei dem deutschen Versorger EnBW beteiligt ist und ein Interesse daran hat, seinen Strom über seine deutsche Tochter zu verkaufen.“ Aber Strom aus Polen und der Slowakei, der günstiger sein könnte, werde kaum ins heimische Netz eingespeist.

Basedow forderte, die Marktzutrittsschranken zu senken, um mehr Wettbewerb zu ermöglichen. Dabei gehe es auch um einen besseren Netzzugang für die neuen Anbieter. Die Monopolkommission sprach sich dafür aus, den marktbeherrschenden Versorgern zeitlich befristet zu verbieten, ihren eigenen Kraftwerkspark zu erweitern. Damit könnten Wettbewerber die Gelegenheit erhalten, eigene Kapazitäten aufzubauen.

Kritisch sieht die Monopolkommission vor allem die vielen Beteiligungen der vier großen Energieversorger E.on, RWE, EnBW und Vattenfall an den deutschen Stadtwerken. Auch die Dominanz dieser Konzerne in den Stromverteilungsnetzen sei problematisch. Eine eigentumsrechtliche Entflechtung, wie von der EU gefordert, sei aber schwierig. Deshalb empfiehlt die Kommission „mildere Eingriffe“ als die Entflechtung. Die Wirkungen des 2005 in Kraft getretenen Regulierungsrahmens durch das neue Energiewirtschaftsgesetz sollten erst abgewartet werden, bevor man zu härteren Maßnahmen greife, heißt es in dem Gutachten.

Unterdessen begrüßte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) den Vorschlag eines „Energiepaktes für Deutschland“. RWE-Chef Jürgen Großmann hatte angeregt, alle „preisrelevanten“ Kräfte an einem Tisch zu versammeln: Versorger, Verteilnetzbetreiber, Politiker und Vertreter von Stromkunden. Andere Industrievertreter, die noch an dem „Energiegipfel“ der Kanzlerin teilgenommen hatten, sollen demnach von den Gesprächen ausgeschlossen bleiben. Die aktuelle Konfrontation müsse ein Ende haben, hatte der neue RWE-Chef erklärt.

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