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Feinstaub:

Verordnung geht vielen Kommunen zu weit

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Weil Fahrverbote auch für Benzin-Fahrzeuge gelten sollen, wollen zahlreiche Städte zunächst keine Umweltzonen einführen. Dieselfahrzeuge gelten als die Hauptquellen für den gesundheitsschädlichen Feinstaub. Die neue Verordnung des Bundesumweltministeriums halten die Kommunen für übertrieben.Flächendeckende Fahrverbote für alte Autos in Innenstädten drohen sich zu verzögern. Denn vielen Kommunen geht eine Feinstaub-Verordnung des Bundesumweltministeriums zu weit. Sie würde auch Fahrzeuge aus den Stadtzentren verbannen, die kaum Feinstaub verursachten, so die Kritik. "So macht das keinen Sinn, das versteht kein Betroffener", sagt Folkert Kiepe, Beigeordneter für Stadtentwicklung und Verkehr beim Deutschen Städtetag. Zum offiziellen Starttermin der Verordnung am 1. März werde keine Stadt ein Fahrverbot einführen, schätzt Kiepe.

Dieselfahrzeuge gelten als eine der größten Feinstaub-Quellen. Um die Belastung unter die EU-Grenzwerte zu drücken, sollen die betroffenen Städte "Umweltzonen" einrichten. Dort dürfen nur noch Autos fahren, die eine Plakette an der Windschutzscheibe als feinstaubarm ausweisen. Wer eine Plakette bekommt, legt die "Kennzeichnungsverordnung" des Bundesumweltministeriums fest - doch diese Verordnung geht Kommunen wie Automobilverbänden zu weit. Sie verweigert nicht nur 1,1 Mio. rußenden Alt-Dieseln die Plakette, sondern auch 5,6 Mio. Benzinern mit Katalysatoren der ersten Generation. "Kein Mensch versteht, warum diese Autos unter das Fahrverbot fallen", sagt ADAC-Sprecher Andreas Hölzel. "Benziner verursachen kaum Feinstaub."

Der Städtetag hat das Umweltministerium aufgefordert, die Verordnung nachzubessern. Offiziell sieht das Ministerium keinen Handlungsbedarf. Aus Regierungskreisen war aber zu hören, man sei bereit, den Kommunen entgegen zu kommen. Man habe sich nach EU-Abgasnormen gerichtet und nur deshalb nicht zwischen Diesel und Benzinern unterschieden, um die Verordnung zu vereinfachen. "Das ist keine umweltpolitische Frage", hieß es.

Die neuerlichen Debatten drohen allerdings die Einführung der ersten Umweltzonen weiter zu verzögern. Am Freitag kündigte zwar Berlin offiziell eine Umweltzone an: Ab Januar 2008 dürfen Autos ohne Plakette nicht mehr innerhalb des S-Bahn-Rings der Hauptstadt fahren. In anderen Großstädten, wo die Umweltzonen bereits dieses Jahr gelten sollten, prüft man dagegen eine Verschiebung. So ist keineswegs sicher, dass Stuttgart wie geplant ab 1. Juli 2007 rußende Fahrzeuge aus dem Stadtgebiet verbannt: "Hinter den Starttermin würde ich ein Fragezeichen setzen", sagt Bernd Eichenauer, Leiter der örtlichen Straßenverkehrsbehörde. Die Stadt habe mit etwa 18 000 ausgesperrten Autos gerechnet - nun seien 54 000 betroffen, das heißt jedes sechste Stuttgarter Auto. Auch München denkt über eine Verschiebung der ab Oktober geplanten Zone nach.

Dem ADAC wäre es am liebsten, wenn die Fahrverbote gar nicht kämen. Wer innerhalb einer Umweltzone wohne und ein altes Auto habe, werde "quasi enteignet", kritisiert Hölzel. Der Autoclub setzt auf mehr Partikelfilter bei Dieselfahrzeugen. Außerdem verursache der Verkehr nur ein Drittel des Feinstaubs, sagt Hölzel, der Rest stamme aus Fabrikschloten oder Wohnhauskaminen.

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