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Das teure Feuerwehr-Auto

Viele Jahre haben Bayerns Kommunen wohl zu viel für die Einsatzfahrzeuge bezahlt. Vier Hersteller wurden bestraft. Jetzt soll ein Gutachter prüfen, ob Schadenersatz möglich ist.

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Was hält die Menschen in Bayern zusammen? Klischeehalber drei Einrichtungen: Kirche, Schützenverein und Feuerwehr. Vielerorts ist die Realität gar nicht so weit davon entfernt. Beispiel Feuerwehr. Ende 2009 gab es im Freistaat 7708 freiwillige Wehren mit sage und schreibe 325000 Aktiven. Die Einweihung eines neuen Fahrzeuges gleicht einem Feiertag – auch wenn die Gemeinde für die Anschaffung tief in die Tasche greifen muss.

Zu tief, hat das Bundeskartellamt in zwei Verfahren festgestellt und vier Hersteller von Feuerwehrfahrzeugen zu einem Bußgeld in Höhe von insgesamt 38 Millionen Euro verurteilt (wir berichteten). Das betrifft Iveco Magirus in Ulm, Albert Ziegler (Giengen an der Brenz) sowie Schlingmann und Rosenbauer. Sie sollen zumindest zwischen 2001 und 2009 ihre Preise abgesprochen haben. Die Unternehmen decken rund 90 Prozent des bayerischen Marktes ab, sodass mit einer hohen Zahl an betroffenen Kommunen gerechnet wird. Die Frage ist nur: Wenn diese tatsächlich zu viel bezahlt haben – Experten sprechen von zehn bis 15 Prozent –, wie bekommen sie dann ihr Geld zurück?

Beim Bayerischen Gemeindetag hofft man, in dieser Frage nun einen wichtigen Schritt vorangekommen zu sein. Die am Kartell beteiligten Firmen und die kommunalen Spitzenverbände in Deutschland haben sich darauf verständigt, einen neutralen Gutachter einzusetzen, der von den Unternehmen bezahlt wird. Damit wird eine zentrale Forderung der Kommunalverbände erfüllt. Bei dem Sachverständigen handelt es sich um den Hamburger Wirtschaftsberater Professor Rainer P. Lademann. Er soll untersuchen, ob und in welcher Höhe den Kommunen ein Schaden entstanden ist – und vor allem, ob ein Mechanismus entwickelt werden kann, nach dem, etwa durch eine Fondslösung, das Geld verteilt wird. Bei den Kommunen hofft man auf „etliche Millionen Euro“. Mit einem Ergebnis wird Anfang November gerechnet.

In einer gemeinsamen Erklärung, die unserer Zeitung vorliegt, betonen beide Seiten, an einer „einvernehmlichen Regelung interessiert“ zu sein und „jahrelange Prozesse vermeiden“ zu wollen. Deshalb pochen die Firmen auch nicht auf eine Verjährung, wenn die Kommunen im Gegenzug vorerst auf Klagen verzichten. Weiter heißt es in der Erklärung: „Die am Kartellverfahren beteiligten Unternehmen bekennen sich zum Grundsatz der Selbstreinigung und sind bereit, diese durch eine unabhängige Stelle zertifizieren zu lassen.“

Wilfried Schober vom Bayerischen Gemeindetag spricht von einer „extrem komplexen Sache“. Er fordert vor allem Klarheit – „egal in welche Richtung“. Sicher ist für ihn: Sollte es nicht möglich sein, einen gerechten Verteilungsschlüssel zu finden, „dann müssten wir damit leben“. Sicher sei aber auch: „Wenn der Gutachter der Meinung ist, dass den Kommunen gar kein Schaden entstanden ist, dann ziehen wir eine Musterklage in Erwägung.“

Diese Drohkulisse hat der Verband bereits vor Monaten aufgebaut. Eine Klage würde bedeuten, dass man unter anderem mit zwei bayerischen Musterfällen vor Gericht ziehen würde – mit der Stadt Erding und der Gemeinde Waidhofen (Kreis Neuburg-Schrobenhausen). Dort will man zunächst das Gutachten abwarten. Dann, sagt Alexander Kahn von der Verwaltungsgemeinschaft Schrobenhausen, werde sich der Gemeinderat damit beschäftigen.

Quelle: AZ / Andreas Frei

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