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Bielefeld - Rutschpartie endet vor Gericht: Warum der Winterdienst der Kommunen nicht rund um die Uhr streuen muss

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Bielefeld. Ob Blitzeis, Schnee oder Raureif: Das winterliche Wetter bringt den Straßen- und Fußgängerverkehr ins Rutschen beziehungsweise aus dem Tritt. Der Winterdienst der Städte und Gemeinden hält dann dagegen – manchmal ohne Erfolg. Kommt es zwischen Verkehrsteilnehmern und den Betreibern des Streudienstes zum Streit, entscheiden oft die Gerichte.

Eine Kommune ist zwar verpflichtet, die wichtigsten Straßenzüge bei Schnee und Eis möglichst "rutschfrei" zu halten. Doch haftet sie nicht, wenn ein Fußgänger beim Überqueren einer Straße auf einer überfrorenen Wasserlache ausrutscht und sich das Bein bricht. Das Oberlandesgericht Rostock verweigerte dem Mann das verlangte Schmerzensgeld, weil die Gemeinde zunächst die wichtigsten Fußgängerwege mit abstumpfenden Mitteln zu versehen habe. Auf der Fahrbahn müssten nur belebte, "unentbehrliche" Überwege gestreut werden. Hier hätte es auf der Straße aber nur "einzelne glatte Stellen" gegeben. Sie sämtlich auszumerzen, überspanne "die Anforderungen an das Bestehen einer Verkehrssicherungspflicht erheblich". (AZ: 5 U 10/08)

Bürger können den Streudienst nicht erzwingen: Ein Bürger, dessen Hausgrundstück über einen öffentlich zugänglichen, asphaltierten Weg erschlossen ist, kann nicht durchsetzen, dass dieser Weg von der Kommune von Eis und Schnee befreit und mit abstumpfenden Mitteln präpariert wird. Das gilt auch dann, wenn der Winterdienst der Stadt ansonsten den Streudienst im Kommunalgebiet durchführt. Dieser Dienst ist aber insbesondere auf die verkehrswichtigen und gefährlichen Stellen beschränkt. Die Einfahrt zum Anwesen des Eigentümers ist keine "wichtige Stelle". Nur wenn dort infolge der Witterung eine Gefahr für Leib und Leben bestünde, müsse auch gestreut werden; das konnte das Verwaltungsgericht Stuttgart hier jedoch nicht feststellen. (AZ: 13 K 1233/08)

Auf Brücken stets besonders achtsam fahren: Zwar besteht bei Winterglätte grundsätzlich eine Pflicht für die Kommune, die Straßen zu streuen. Jedoch ist dabei zu beachten, dass es "unmöglich ist, sämtliche Straßen völlig fehlerfrei und gefahrlos zu gestalten oder zu erhalten". Somit besteht keine Pflicht, alle Fahrbahnen bei Winterglätte rund um die Uhr zu behandeln. Erleidet ein Autofahrer um 5.40 Uhr auf einer vereisten Brücke einen Unfall mit einem Schaden an seinem Fahrzeug in Höhe von 4.350 Euro, so kann er diese Summe auch dann nicht von der Gemeinde erstattet bekommen, wenn sie diesen Straßenabschnitt (noch) nicht abgestumpft hatte, obwohl sich bereits eine Stunde vorher dort ein vergleichbarer Unfall ereignet hatte. (AZ: 5 O 791/07)

Die Kommune kann nicht zugleich auf jeder Straße sein: Die Städte und Gemeinden dürfen die Reihenfolge, in der sie im Winter einzelne Straßenzüge von Schnee und Eis befreien, selbst festlegen – vorausgesetzt, sie halten sich dabei an sachgerechte Kriterien Ist eine Straße erst für die Tour "ab halb zehn" vorgesehen (die Streupflicht beginnt um 7.00 Uhr), weil die Straße nicht so verkehrswichtig ist, so kann ein Autofahrer, der dort auf Glatteis um 9.30 Uhr einen Unfall hat, keinen Schadenersatz von der Stadt verlangen. Die Kommune hat ihre Verkehrssicherungspflicht nicht verletzt, weil sie "nicht alle Straßenzüge gleichzeitig räumen" kann. (Saarländisches Oberlandesgericht, 4 U 19/05-70)

Quelle: nw-news.de

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