Düsseldorf/München - Der schwedische Lkw-Konzern Scania bereitet offenbar die Übernahme des Münchener Konkurrenten MAN vor. Dabei sollen die Skandinavier auf die Unterstützung ihrer Großaktionäre Volkswagen und der Beteiligungsgesellschaft der schwedischen Industriellenfamilie Wallenberg, Investor, zählen können. Das berichtet die Wirtschaftszeitung "Dagens Industri" ohne Angabe von Quellen. Die Unternehmen wollten sich zu den Spekulationen nicht äußern. VW hält 36,4 Prozent an Scania und 29,9 Prozent an MAN. Die von den Wallenbergs kontrollierte Investor-Holding besitzt 30,6 Prozent an Scania.
Damit würde ein neuer Übernahmeversuch unter umgekehrten Vorzeichen stattfinden. Im vergangenen Jahr hatte MAN-Chef Hakan Samuelsson versucht, Scania für 10,3 Mrd. Euro zu übernehmen. Am Ende scheiterte er am Widerstand von Volkswagen und Investor. Seitdem bemühen sich die drei Konzerne um eine "einvernehmliche Lösung".
Treibende Kraft beim neuerlichen Versuch ist angeblich der VW-Aufsichtsratsvorsitzende Ferdinand Piëch, der auch das MAN-Kontrollgremium leitet. Laut der Zeitung hätten sich VW und die Wallenbergs darauf geeinigt, dass Scania MAN übernimmt. Nach der Übernahme wolle Investor seine Anteile an Scania verkaufen. Piëch will MAN und Scania nach einem erfolgreichen Zusammenschluss mit den VW-Lkw-Aktivitäten in Brasilien zusammenlegen. Dadurch entstünde ein Verbund, der etwa auf Augenhöhe mit den Branchenriesen Daimler und Volvo wäre.
Ein Investor-Sprecher wollte den Bericht nicht kommentieren, signalisierte aber erstmals Bereitschaft zur Veräußerung des Scania-Anteile: "Wir sind dazu da, den Ertrag für unsere Aktionäre zu maximieren." Er verwies darauf, dass Investor auf ähnlichem Hintergrund unlängst alle Anteile am Börsenbetreiber OMX an Nasdaq und die Dubai-Börse verkauft habe. Der Marktwert der eigenen Scania-Anteile hat sich für Investor seit dem Übernahmekampf mit MAN innerhalb von zwölf Monaten um 41 Prozent auf 14,5 Mrd. Kronen (1,6 Mrd. Euro) erhöht. In Wolfsburg wollten VW-Sprecher nicht Stellung nehmen.
Die industrielle Logik dieser Allianz ist gleichwohl unbestritten. Durch einen Zusammenschluss könnten MAN, Scania und VW Entwicklungskapazitäten zusammenlegen. MAN und Scania stehen zudem unter Zugzwang. Sollte die Allianz scheitern, müssten beide Seiten hohe Summen für Parallelentwicklungen ausgeben. So kostet etwa die Entwicklung eines Lkw-Motors rund eine halbe Mrd. Euro. Zudem wächst der Druck durch den steigenden Wettbewerb etwa von asiatischen Nutzfahrzeug-Unternehmen, die deutlich billiger produzieren.
Dem Bericht zufolge soll MAN nach einer Übernahme durch Scania nicht zerschlagen werden. Die Münchener sind derzeit, etwa bei MAN Ferrostaal, dabei, sich von Bereichen zu trennen, die nicht mehr zum Kerngeschäft gehören. Nach einer Übernahme soll Scania-Chef Leif Östling abtreten und den Platz für MAN-Chef Samuelsson freimachen. Sitz des fusionierten Konzerns wäre Södertälje in Schweden. In einem weiteren Schritt würde VW dann Scania/MAN übernehmen.