Die Steuereinnahmen der Städte haben sich so gut entwickelt wie lange nicht mehr, der Rückgang der Investitionen ist gestoppt. Doch bleiben die Sorgen groß: Viele Gemeinden sind nicht in der Lage, ihre laufenden Ausgaben aus den Einnahmen zu bezahlen.
Vor allem die Gewerbesteuer hat den Kommunen nach langer Durststrecke die chronisch knappen Kassen gefüllt: Die Einnahmen stiegen nach den am Freitag veröffentlichten Finanzdaten des Deutschen Städtetags um 5 Mrd. Euro auf einen Rekordstand von 31 Mrd. Euro und damit stärker als erwartet. Erstmals seit sechs Jahren verzeichneten die Kommunen kein Defizit - mit 1,75 Mrd. Euro gab es bei Gesamteinnahmen von 158 Mrd. Euro sogar ein leichtes Plus. Rechnet man den Sondereffekt durch den Verkauf der städtischen Wohnungen in Dresden heraus, ergibt sich immer noch ein Plus von 750 Mio. Euro. "Unsere Einnahmen haben sich so gut entwickelt wie lange nicht mehr" sagte der Präsident des Deutschen Städtetags, der Münchner Oberbürgermeister Christian Ude.
Allerdings entwickelte sich die Einnahmesituation örtlich sehr unterschiedlich. Viele Gemeinden weisen immer noch ein Haushaltsdefizit auf und müssen ihre laufenden Ausgaben aus Kassenkrediten bestreiten. Die mussten trotz aller Sparbemühungen bis Ende September 2006 um 3,9 Mrd. Euro auf 27,6 Mrd. Euro aufgestockt werden. Seit dem Jahr 2000 hat sich die Kreditsumme damit mehr als vervierfacht. "Viele Städte sind nach wie vor nicht in der Lage, ihre laufenden Ausgaben aus den Einnahmen zu bezahlen", sagte Ude. Diese Kredite seien die schlimmsten Schulden, weil sie nicht für Zukunftsinvestitionen, sondern für die Erfüllung laufender Zahlungsverpflichtungen aufgenommen werden müssen.
Altlasten der Steuerreform
Die Verpflichtungen sind vor allem Altlasten. Die Gewerbesteuereinnahmen brachen 2002 nach einer missglückten Steuerreform ein, da es den Unternehmen erlaubt wurde, alte Verluste gegen neue Gewinne aufzurechnen. Viele Firmen nutzten die Möglichkeit, so dass die Gemeinden zum Teil sogar Geld an die Unternehmen zahlen mussten.
Ude erneuerte seine Forderung, die geplante Unternehmenssteuerreform der Bundesregierung müsse für die Städte und Gemeinden aufkommensneutral gestaltet werden. Der Referentenentwurf ließe bislang keine seriösen Berechnungen zu, da die Einzelmaßnahmen noch nicht quantifiziert seien. Der Städtetag befürchtet, dass die Gewerbesteuereinnahmen nachlassen, wenn die Gewerbesteuermesszahl für Kapitalgesellschaften im Zuge der Unternehmenssteuerreform um 30 Prozent gesenkt wird.
Problem Sozialausgaben
Vor allem die Unterbringungskosten für Langzeitarbeitslose liegen vielen Kommunen schwer auf der Tasche. Mit insgesamt 37,25 Mrd. Euro waren Soziale Leistungen nach den Personalkosten der zweitgrößte Posten in den Haushalten. Für 2007 prognostiziert der Städtetag einen weiteren Anstieg auf dann 32,25 Mrd. Euro. Dies liege unter anderem an höheren Ausgaben für die Grundsicherung im Alter, Unterstützung bei Erwerbsminderung sowie den Eingliederungshilfen für Behinderte.
Positiv wertete Ude, dass die Talfahrt bei den Investitionen gestoppt werden konnte. Die Ausgaben für Schulen, Straßen und andere kommunale Infrastrukturprojekte stieg erstmals seit Jahren wieder um 1,3 Prozent. Für 2007 erwartet der Städtetag ein deutlicheres Plus von 3,7 Prozent auf dann 19,6 Mrd. Euro. Vor 15 Jahren lagen die Investitionen bei 33 Mrd. Euro. Ude gab sich vorsichtig optimistisch: "Es geht aufwärts, nur in den Himmel wachsen die Bäume nicht." Viele Kommunen hätten erheblichen Nachhol- und Sanierungsbedarf.
Problematisch bleibt die unterschiedliche Entwicklung in Ost- und Westdeutschland: In den neuen Ländern lagen die Steuereinnahmen pro Kopf um mehr als die Hälfte unter dem der westdeutschen Kommunen. Auch bei den Investitionen haben die westdeutschen Gemeinden die Nase vorn. Hingegen wachsen die Belastungen durch Sozialausgaben stärker. Für 2007 erwartet der Städtetag allerdings einen leichten Rückgang bei den ostdeutschen Zinsverpflichtungen, während im Westen mit einer Stagnation gerechnet wird.