Ein Grüner ist der Schwälmer Unternehmer Carl Schmitt nicht. Doch der begeisterte Radfahrer, der für die FDP in der Kommunalpolitik aktiv war, ist Träger der renommiertesten Umweltauszeichnung Deutschlands.
Gemeinsam mit seinem langjährigen Entwicklungsleiter Jürgen Köhler hat er den mit 180 000 Euro dotierten deutschen Umweltpreis 2007 erhalten. Der 76-Jährige ist nämlich nicht nur ein mittelständischer Unternehmer, dessen Familie schon seit dem 13. Jahrhundert im nordhessischen Schwalmstadt ansässig ist. Er ist auch ein Umweltpionier, der wesentlich dazu beigetragen hat, dass die Klimakiller-Kältemittel aus den Klimaanlagen von Autos verschwinden werden. Ab 2011 sollen sie durch Kohlendioxid ersetzt werden, das ein 1300-fach geringeres Treibhauspotenzial besitzt. Die Jury attestierte Schmitt und Köhler Risikobereitschaft, Weitblick, langen Atem und wissenschaftliche Brillanz.
Vor genau 50 Jahren hat Carl Schmitt die Firma Konvekta im nordhessischen Schwalmstadt gegründet. Damals verkaufte er Kachelöfen, sattelte aber schon Ende der 60er-Jahre auf Klimaanlagen für Lebensmitteltransporte und Nutzfahrzeuge um. Doch Anfang der 80er kam die Diskussion um das vor allem durch das Kältemittel FCKW verursachte Ozonloch auf. "Wir haben uns schuldig gefühlt", sagt der 76-Jährige: "Wir gehörten ja zu denen, die die Ozonschicht zerstören."
Schon 1990 setzte Konvekta als erster europäischer Hersteller das damals neue Ersatzkältemittel HFKW ein, das die Ozonschicht nicht zerstört. Doch auch dieses Mittel belastet die Umwelt stark.
Um eine grundsätzliche Lösung zu finden, schickte er seinen Entwicklungschef für zwei Jahre an das berühmte Universität MIT im US-amerikanischen Boston. Bei der Grundlagenforschung fand Köhler heraus, dass Kohlendioxid als Kältemittel geeignet sei: "Das böse CO2, das die Umwelt schädigt, ist hier das Gute", sagt Schmitt. 1994 präsentierte Konvekta den Prototyp einer Klimaanlage mit Kohlendioxid. 1996 wurde sie erstmals in einem Stadtbus von Bad Hersfeld eingesetzt.
"Damit waren wir weltweit die ersten, die ein Fahrzeug mit dieser Technik auf die Straße gebracht haben", erzählt der heutige Aufsichtsratsvorsitzende. Aber erst vor wenigen Wochen sind die ersten Klimaanlagen in Serie gegangen. Denn es gab erhebliche Probleme mit den Kompressoren. Konvekta produziert die neuen Klimaanlagen nun für Busse, Bahnen und Nutzfahrzeuge. Für das Geschäft mit den Auto-Klimaanlagen ist das Unternehmen zu klein.
Die Entwicklungszeit von insgesamt 15 Jahren war lang. Doch Carl Schmitt war sich sicher, dass in der neuen Technik "die Zukunft steckt". Das Kältemittel ist umweltneutral, die Klimaanlage verbraucht weniger Energie, und die Handhabung ist einfach. Dagegen ist das bislang gängige Mittel für den Treibhauseffekt mitverantwortlich. Und es entweicht aus undichten Klimaanlagen, bei Unfällen und der Entsorgung von Autos in großen Dimensionen: "Der Kohlendioxid-Ausstoß von rund 2,5 Millionen Kleinwagen mit einer Jahresfahrleistung von 15 000 Kilometern könnte durch den Einsatz alternativer Kältemittel kompensiert werden", sagt der Generalsekretär des Bundesstiftung Umwelt, Fritz Brickwedde.
Freilich mussten die Hersteller erst mühsam von den neuen Klimaanlagen überzeugt werden, erzählt Schmitt. Auch die chemische Industrie, der damit ein Milliardengeschäft mit dem Kältemittel entgehe, kämpfe dagegen. Auf Symposien in ganz Europa, beim Verband der Automobilindustrie und beim Bundesumweltministerium warb der Unternehmer für die umweltschonenden Kältemittel. Ab 2011 müssen sie nun nach einem Beschluss der EU bei allen neuen Modellen eingeführt werden.
Das Preisgeld wird Schmitt aber nicht für die weitere Entwicklung der neuen Technik nutzen. Er will es in Stiftungen zur Erforschung der Schwalm und für Tsunami-Waisen stecken.
Quelle: fr-online.de