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AZUBIS FINDEN LEICHT GEMACHT Strategien für erfolgreiches Recruiting

Egal ob im öffentlichen Dienst oder im Privatsektor – Azubis finden bleibt ein Problem. Die Bewerberzahlen gehen seit Jahren nach unten, und bei den wenigen Bewerbern stellen viele Betriebsleiter mangelnde Eignungen fest. Schwierige Aussichten, dennoch gibt es zahlreiche Beispiele aus der Praxis, die zeigen, dass es mit den richtigen Maßnahmen durchaus möglich ist, Nachwuchs mit Potenzial zu finden. Welche das genau sind, hat Bauhof-online zusammengefasst.

Lesedauer: min | Bildquelle: Tim Knott (Bauhof-online)
Von: Tim Knott

„Moin. Ich habe zwei Ausbildungsplätze zu vergeben. Mich interessiert nicht, wo du herkommst, oder welche Schulbildung du hast. Ich bin immer für dich da“, so Glasermeister Sven Sterz in einem Recruiting-Video, das heute Kultstatus erreicht hat. Nachdem der Norddeutsche im YouTube-Clip spektakulär eine Glastür zertrümmerte und attraktive Ausbildungsanreize präsentierte, wurde das Video zum viralen Hit – mit der Folge, dass er von Bewerbungen geradezu überflutet wurde. Nach langer Suche gelang es Sterz, geeignete Azubis zu finden. Obwohl besagte Anekdote zum Erscheinen dieses Textes mehr als sieben Jahre alt ist, passt sie dennoch gut in die aktuelle Lage.

Denn der Azubi-Mangel hat sich nur noch verschärft. Jedes Jahr überschlagen sich Fachzeitungen, Verbände und Handwerkskammern geradezu mit Zahlen, wie viele Ausbildungsstellen unbesetzt bleiben werden. Die Gründe sind schnell erklärt: Zum einen gibt es aufgrund des demografischen Wandels immer weniger Bewerber auf dem Markt, zum anderen entscheiden sich immer weniger Schulabgänger für eine handwerkliche Ausbildung. Ein Sprecher des Verbands kommunaler Unternehmen (VKU) spricht von einer „angespannten bis kritischen Lage“ in der Auszubildendengewinnung. Und die Auswirkungen seien schon heute in Projektverzögerungen, eingeschränkten Öffnungszeiten oder verzögerten Leistungen spürbar.

Azubis finden: konkrete Handlungsschritte

Was können Betriebe also tun, um mehr Bewerber zu erhalten und die neuen Herausforderungen zu meistern? Ganz klar ist eins: So einfach wie früher wird es nicht mehr werden: „Damals waren es vor allem Kinder oder Verwandte unserer Angestellten, die bei uns eine Lehre angefangen haben, aber das ist heute schon lange nicht mehr so“, erinnert sich Norbert Ruml, Betriebsleiter des Bauhofs Ettlingen. Heute müssen Verantwortliche wesentlich proaktiver an die Azubi-Gewinnung herangehen. Dazu gibt es viele unterschiedliche Ansätze, doch Experten aus Verbänden, Handwerkskammern und Fachmagazinen scheinen sich zumindest in einem Punkt einig zu sein: Es gibt nicht „die eine Strategie“, um Azubis zu finden. Stattdessen kommt es auf eine individuelle Herangehensweise an, die aufgebaut werden muss. Unter Umständen müssen Betriebsleiter hierbei einen langen Atem beweisen, viel ausprobieren und sich nicht nur auf eine Maßnahme zur Azubi-Gewinnung verlassen. Stattdessen empfiehlt z.B. der VKU „eine frühzeitige, aktive Rekrutierung über einen breiten Kanalmix“. Potenzielle Azubis müssen über mehrere Wege angesprochen werden: 

  • Schulkooperationen haben dabei einen besonders wirksamen Effekt, um das eigene Unternehmen präsent zu machen und gleichzeitig Schülerpraktikanten zu gewinnen. Der VKU empfiehlt hier „eine Art ‚Shortlist‘ mit besonders geeigneten Schülerpraktikanten“, die durch die Schule ermittelt werden. Diese könnten anschließend einen vereinfachten Bewerbungsprozess durchlaufen.
  • Auf Vereinfachungen in der Bewerbung kommt es auch an anderer Stelle an. Schritt-für-Schritt-Anleitungen oder das Verzichten auf ein Anschreiben können auch hilfreich dabei sein, Azubis zu finden.
  • Ebenfalls bietet ein niedrigschwelliger Erstkontakt Vorteile: Wenn Interessierte vor einer Bewerbung über das Telefon oder Social Media in einem lockeren Erstgespräch Kontakt aufnehmen können, kann man ihnen viele Ängste nehmen.
  • Überraschend: Stellenausschreibungen in der Zeitung sind immer noch sinnvoll. Damit lässt sich zwar nicht die junge Generation erreichen, aber dafür ihre Eltern. So gaben in einer aktuellen Studie 46 Prozent der befragten Azubis an, von der Familie oder Freunden von ihrem Lehrberuf erfahren zu haben.
  • Hier spielt der nächste Punkt eine wichtige Rolle: die Mund-zu-Mund-Propaganda. Ein wichtiger Multiplikator, um Azubis zu finden, bleiben die eigenen Mitarbeiter. Um diesen auszubauen, könnten Betriebe Belohnungssysteme einführen, sodass Mitarbeiter von jedem vermittelten Azubi profitieren.
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Ein wichtiger Baustein: Social Media

Neben den bisherigen Maßnahmen muss ein weiterer Bereich auch bespielt werden: Social Media. Zahlreiche Heranwachsende verbringen viel Zeit auf Instagram und TikTok, dementsprechend können die Plattformen zu einem wichtigen Werkzeug zur Anwerbung werden. Gleichzeitig sollte dem Ganzen jedoch kein Alleinstellungsanspruch beigemessen werden, wie Lukas Lehmann betont. Der Marketingexperte ist für die Kommunikation des GaLaBau-Unternehmens Kreye GmbH & Co. KG zuständig und mahnt, sich nicht allein auf Social Media zu verlassen: „Das wird von Vielen gerne als die ‚Wunderpille des Marketings‘ oder Recruitings betrachtet. Influencer oder Agenturen verstärken gelegentlich diese Erwartungshaltung. In der Praxis beobachte ich das aber ganz anders.“ Vielmehr ist die Social-Media-Präsenz ein weiterer Baustein der größeren Rekrutierungs-Strategie. „Es geht darum, Präsenz auf mehreren Wegen herzustellen, damit der Name des eigenen Unternehmens im Gespräch bleibt und wahrgenommen wird. Ein ‚Grundrauschen‘ durch kontinuierliche Maßnahmen ist dabei unerlässlich.“ Aussagekräftiges Video- und Fotomaterial auf den entsprechenden Plattformen ist eine der geeigneten Maßnahmen, um dieses „Grundrauschen“ zu erzeugen. Dadurch wird der Betriebsalltag authentisch vermittelt, sodass Interessierte online einen Eindruck gewinnen.

Beispiele für Content-Ideen, um Azubis zu finden:

  • Den Arbeitsalltag der Auszubildenden zeigen – „Ein Tag auf dem Bauhof“
  • Live-Einblicke in Baustellen oder ähnliche Projekte
  • Interaktive Formate wie FAQs oder Rundgänge durchs Unternehmen

Das bedeutet allerdings nicht, dass Betriebsleiter dabei viele Kosten einplanen müssen. Authentizität komme hier vor Perfektion, so Lehmann: „Nicht immer sind Hochglanzfotos oder Hochglanzfilme das geeignete Mittel der Wahl oder führen zum gewünschten Erfolg. Wichtig ist vielmehr, dass der eigene Betrieb echt und ehrlich dargestellt wird und somit auch im „Social Proof“ (also der vertrauenswürdigen Darstellung, Anm. d. Red.) überzeugt. Dazu braucht es nicht immer viel. Man kann mittlerweile super mit dem Smartphone Fotos schießen oder Videos machen. Der Zwecke heiligt hier die Mittel. Allerdings haben auch professionelle Produktionen nach wie vor Relevanz, solange sie sinnvoll eingesetzt werden. Insbesondere verbessert ein ausgewogener Mix das Return-on-Investment.“


 

Azubis finden: die richtige Ansprache

Doch egal ob auf Social Media oder im echten Leben: Beim Recruiting kommt es auch auf die richtige Ansprache der Bewerber an. „Die sollte authentisch sein“, erläutert Franziska Menth, Marketing-Referentin beim Bundesverband GaLaBau: „Wenn sich das Unternehmen verstellen muss, merkt das der junge Mensch in der Regel sehr schnell.“ Der VKU schlägt diesbezüglich vor, betriebseigene Auszubildende als Botschafter einzusetzen: „Junge Menschen lassen sich am besten von echten Azubis erreichen, ob auf Messen oder in Schulen. Die Gespräche sind nahbar und authentisch, die Hemmschwelle deutlich niedriger als beim Kontakt mit Ausbildern oder Recruitern.“

Ebenfalls lohnt es sich, den Sinn der eigenen Arbeit gut zu kommunizieren, denn zahlreiche Studien haben ergeben, dass viele Heranwachsende auf der Suche nach einer sinnvollen Tätigkeit sind. Hier können besonders Handwerksbetriebe und Bauhöfe punkten.

Schwache Bewerber zusätzlich fördern

Abgesehen vom Bewerberschwund gibt es jedoch ein weiteres Problem: Die Qualität der Bewerber hat nachgelassen. „Man muss da über vieles hinwegsehen – auch über schulische Leistungen“, berichtet Betriebsleiter Ruml. Markus Diersing, GaLaBau-Ausbilder bei der Stadt Osnabrück, hat ähnliche Erfahrungen gemacht: „Früher hatten wir alle fünf Jahre einen Lehrling, der sich noch nicht gefunden hat. Heute ist das mehr geworden.“ Obwohl diese Entwicklung nicht besonders erfreulich ist, gibt es Möglichkeiten, die ungeeigneten Bewerber mit Begleitung oder Förderung an den Arbeitsalltag heranzuführen. Unter Umständen müssen dafür nicht einmal Betriebsmittel verwendet werden. Z.B. bietet die Agentur für Arbeit eine assistierte Ausbildung an, bei der Auszubildende die zusätzliche Unterstützung bekommen, die sie brauchen, um die Lehre erfolgreich abzuschließen.

Doch abgesehen von schulischen Herausforderungen gibt es noch andere Probleme, die den Azubis zu schaffen machen, wie Diersing ausführt: „Wir sehen bei manchen Auszubildenden mittlerweile auch psychische Probleme, besonders seit Corona.“ Eine besonders große Herausforderung für die Ausbilder. „Denen werden dann manchmal sehr schwierige Informationen anvertraut, von Depressionen bis zu Schlimmerem.“ Diersings Forderung: In Zukunft müssten Ausbilder auch für solche Fälle geschult werden. „Wir sollten so nicht nur Ausbilder, sondern auch Mentor fürs Leben der Auszubildenden werden.“ Was auf den ersten Blick nach viel klingt, ist jedoch ein wichtiger Punkt, um das Wohlbefinden der Azubis sicherzustellen. Darauf kommt es spätestens dann an, wenn die Ausbildung vorbei ist, und die Chance einer Übernahme im Raum steht. Denn wenn sie sich gut aufgehoben fühlen, werden junge Arbeitskräfte eher bleiben. 

Möglichkeiten für kommunale Betriebe

Die Maßnahmen für die Azubigewinnung sind klar, doch für Kommunalbetriebe wie Bauhöfe bleibt der Fall schwierig. Zu oft haben die Verantwortlichen hier nicht die Fäden in der Hand, wenn es um die Rekrutierung geht. „Im Kommunalen ist so etwas einfach schwierig“, berichtet Diersing. „Man muss viele Leute haben, die mitziehen.“ In seiner eigenen Stadt sei der Bauhof im Azubimarketing einfach zu klein abgebildet. Hier kommt es auf eine gute Vernetzung zwischen Personalamt und Bauhof an, um die genannten Maßnahmen umzusetzen. Doch dass Betriebe sich anpassen müssen, ist klar. Denn Azubis finden sich nicht von allein und die demografischen Entwicklungen werden sich in den kommenden Jahren nicht in Luft auflösen.

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