Nach mehr als einer Woche Streik bei den BVG zerrt der Ausstand auch an den Nerven der BVG-Mitarbeiter: "Die Leute stehen jetzt bei Wind und Regen draußen. Sie haben trotz des Streikgeldes Einkommenseinbußen. Das ist eine große Belastung", sagte ver.di-Sprecher Andreas Splanemann. "Es gibt den Wunsch, das zu beenden." Voraussetzung seien aber Fortschritte bei den Tarifgesprächen, die um 16 Uhr beginnen sollen. Die Gespräche könnten die ganze Nacht über andauern, ergänzte Splanemann.
Nach einer Woche Streik könne auch die Stimmung in Berlin kippen, sagte der Sprecher. "Da sind die Leute dann eher sauer, als dass sie noch Verständnis haben." Gegenwind bekommt die Gewerkschaft auch vom Handel, der um sein Ostergeschäft fürchtet. Kaufhäuser an U-Bahnlinien klagten bereits jetzt über gewaltige Einbußen, sagte Splanemann. Auch Reinigungsbetriebe, die sonst für die BVG arbeiten, äußerten Unmut.
Der Berlin-Trend der Berliner Morgenpost und der RBB-Abendschau hatte am Wochenende noch ergeben, dass die Berliner den Streik mehrheitlich aktzeptieren. 57 Prozent äußerten in der Umfrage von Infratest dimap Verständnis für den Ausstand. 41 Prozent sagten, sie hätten kein Verständnis für den Arbeitskampf der mehr als 12.000 BVG-Beschäftigten. Nur jeder Dritte hielt es jedoch für angemessen, dass die Altbeschäftigten der BVG trotz einer im Bundesdurchschnitt bereits überdurchschnittlichen Bezahlung noch einmal Zuschläge von acht Prozent fordern. Mit 63 Prozent erachtete eine breite Mehrheit der Befragten eine solche Lohnerhöhung als unangemessen.
Beide Verhandlungs-Seiten wollen nun ausloten, ob es eine Grundlage für neue Tarifverhandlungen bei der BVG gibt. "Die Lösungsmöglichkeit in diesem Konflikt hängt derzeit am seidenen Faden", so ver.di. Bei dem Gespräch am Mittwoch waren den Angaben zufolge viele Details zur Sprache gekommen; es wurde auch über die Höhe von Lohnerhöhungen gesprochen. Beide Seiten haben aber Stillschweigen vereinbart.
Ver.di hat jetzt Hunderte neue Mitglieder
Bis Tarifverhandlungen aufgenommen werden, soll der BVG-Streik nach jetziger Planung unvermindert weitergehen. Turnusgemäß tagt am Freitag die große ver.di-Tarifkommission. Sie wird die Gesprächsergebnisse bewerten und über die Fortsetzung des Streiks beschließen.
Eine Seite aber hat von dem Streik auf jeden Fall profitiert: Ver.di hat zahlreiche neue Mitglieder unter den BVG-Beschäftigten gewinnen können. Es gebe zugleich einige Austritte empörter Mitglieder aus anderen Bereichen der Gewerkschaft wie dem Handel und dem Reinigungsgewerbe, sagte Splanemann. Diese hätten durch den Arbeitskampf zum Teil große Einbußen zu verzeichnen. "Ein solcher Streik führt immer zu heftigen Mitgliederbewegungen", sagte Splanemann.
Seit dem Streik seien Hunderte BVG-Beschäftigte neu bei Ver.di eingetreten. "Es gab rund zehn Prozent Zuwachs bei der BVG. Diese große Zahl hat uns überrasch", sagte Splanemann. Es sei dabei um Solidarität mit den Kollegen gegangen. Doch auch finanzielle Aspekte wie das Streikgeld, Schutz und Absicherung spielten eine Rolle. Viele neue Mitglieder hätten rückwirkend Beiträge bezahlt. Zu viele Illusionen über die neuen Mitglieder gibt es bei Ver.di aber nicht. Nach einem Tarifabschluss träten auch viele wieder aus der Gewerkschaft aus. "Die Hälfte bleibt erhalten", schätzt Splanemann.
Doch gingen in den vergangenen Tagen bei Ver.di auch wütende Anrufe empörter Gewerkschaftsmitglieder ein, die nicht im Bereich Verkehr arbeiten, sagte Splanemann. "Die Leute nehmen den Streik dann zum Anlass, um zu sagen, dass es ihnen nun reicht." Das sei ärgerlich, aber damit sei zu rechnen gewesen.
Die Dienstleistungsgewerkschaft fordert für alle rund 12.000 Mitarbeiter bis zu zwölf Prozent mehr Geld. Die Arbeitgeber boten aber zunächst nur für die seit 2005 neu eingestellten Mitarbeiter mehr Lohn, für die – besser bezahlten – Altbeschäftigten nur eine geringe Erhöhung.
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