Eine Schneepflugmeisterschaft im Spätsommer? Was bei Unbeteiligten wahrscheinlich für hochgezogene Augenbrauen sorgt, ist für Bauhofleiter Roland Sommer dagegen die einzige Option: „Wir können so eine Meisterschaft nicht im Winter veranstalten, da sind wir damit beschäftigt, die Straßen zu räumen. Abgesehen davon schaut bei Novembertemperaturen auch niemand zu.“ Anders bei dem September-Event in Marktredwitz: Mehr als 7.000 Schaulustige haben sich auf den Weg gemacht, um bei Bratwurst und Bier ihre Teams anzufeuern. Abgesehen davon sind auch einige Hersteller und Unternehmen vor Ort, sodass fast ein bisschen Messestimmung aufkommt. Neben Firmen wie Holten, Bucher Municipal oder der Autobahn GmbH des Bundes findet sich hier auch die KLMV GmbH, die die benötigten Unimogs für die Veranstaltung zur Verfügung gestellt hat. Wie bei jeder professionell organisierten Meisterschaft stehen die Geräte übrigens bis kurz vor Wettkampfbeginn unter strengem Verschluss.
Apropos Wettkampf: Sommer betont, dass dieser nicht nur Festcharakter habe, sondern auch eine gute Maßnahme sei, um bei den Schaulustigen ein Bewusstsein für die Arbeit des Winterdiensts zu schaffen: „Bei unseren Touren im Winter geht es um drei Uhr nachts los, es schneit und ständig müssen sehr enge Straße passiert werden. Das ist eine ungemeine physische und psychische Belastung für die Fahrer.“ In der Vergangenheit hätte diese Demonstration auch Wirkung gezeigt, erinnert sich der Bauhofleiter: „Nach der nordbayerischen Meisterschaft hatten wir gar keine Beschwerden von Bürgern wegen des Winterdienstes.“ Zugleich dient der Wettbewerb dazu, junge Menschen für den Beruf zu gewinnen.
Realität im Winterdienst: wenig Platz und wenig Zeit
Ein 16 Stationen umfassender Parcours soll die engen Fahrsituationen sowie die vielfältigen Herausforderungen im Winterdienst simulieren. Das Zeitlimit für das Passieren des Parcours liegt bei zehn Minuten. Und die einzelnen Stationen haben es in sich: So beginnt die Strecke mit einem Slalom zwischen Pylonen hindurch, auf denen jeweils ein Tennisball abgelegt ist. Neben möglichst engen Kurven kommt es hier auf einen geschickten Einsatz des Schneepflugs an, der immer wieder neu ausgerichtet werden muss, um nicht auszuscheren. Sobald eine der Pylonen umgeworfen wird, oder einer der Tennisbälle fällt, gibt es Punktabzug. „Im richtigen Leben wäre bei so einem Fehler wahrscheinlich der Außenspiegel von einem Auto ab“, berichtet Sommer und betont die gute Trainingsmöglichkeit für die Fahrer, die der Wettkampf darstellt. Weitere „Disziplinen“ des Parcours sind u.a. auch die Rückwärtsfahrt sowie das zielgenaue Führen des Schneepflugs, mit dem Autoreifen und Tonnen exakt verschoben werden, oder kleine Holzpoller zu Fall gebracht werden.
Verantwortlich für das Regelwerk ist der VKU-Winterdienstausschuss – und genau aus dessen Reihen setzt sich auch die achtköpfige Jury des Wettbewerbs zusammen. Sommer war bei vergangenen Meisterschaften ebenfalls für die Bewertung der Fahrer zuständig und berichtet, wie der Parcours erstellt wird: „Bei den Hindernissen gibt es bestimmte Evergreens, die immer dabei sind. Dazu denkt sich die Jury dann noch ein paar realitätsnahe Hindernisse aus, damit es spannend bleibt.“
Doch trotz vollem Einsatz des Marktredwitzer Teams hat es für die ersten drei Plätze leider nicht gereicht. Michael Wilhelmini und Lukas Kiesner aus Oberweyern (Hessen) konnten den Wettbewerb für sich entscheiden. Den zweiten Platz sicherte sich die Straßenmeisterei Bingen (Rheinland-Pfalz), Rang drei ging an die Autobahnmeisterei Emmelshausen (Rheinland-Pfalz). Die drei bestplatzierten Teams werden Deutschland bei der internationalen Schneepflug-Weltmeisterschaft vertreten, die im März 2026 im französischen Chambéry stattfindet. Mit nur einem Punkt Abstand belegte das Team aus Marktredwitz den vierten Platz. Sommer ist dennoch guter Dinge: „Das war eine super Veranstaltung und wir haben viel Lob bekommen. Und in eineinhalb Jahren geht es wieder mit der bayerischen Meisterschaft los. Da werden wir auf jeden Fall wieder antreten.“