Das kassenmäßige Finanzierungsdefizit der öffentlichen Haushalte einschließlich Extrahaushalte – in Abgrenzung der Finanzstatistik – belief sich in den ersten drei Quartalen des Jahres 2010 auf 84,2 Milliarden Euro. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) auf der Basis vorläufiger Ergebnisse der vierteljährlichen Kassenstatistik weiter mitteilt, fiel das Defizit damit um 12,6 Milliarden Euro geringer aus als in den ersten drei Quartalen 2009. Die öffentlichen Ausgaben gingen in den ersten drei Quartalen 2010 gegenüber dem vergleichbaren Vorjahreszeitraum leicht um 0,3% auf 837,2 Milliarden Euro zurück. Die öffentlichen Einnahmen stiegen dagegen um 1,4% auf 753,1 Milliarden Euro.
Die deutschen Städte und Gemeinden befinden sich in der schwersten Finanzkrise seit Gründung der Bundesrepublik Deutschland. Zwischen Einnahmen und Ausgaben klafft ein Haushaltsloch von -11 Milliarden Euro. „Der wirtschaftliche Aufschwung kommt in den Kassen der Kommunen nicht an“, sagte der Präsident des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, Bürgermeister Roland Schäfer auf der Bilanzpressekonferenz des DStGB heute in Berlin. Von Entwarnung für die kommunalen Haushalte könne keine Rede sein. Die Krise der Kommunalfinanzen halte unvermindert an.
Maßgeblich für den Rückgang des kassenmäßigen Finanzierungsdefizits war zum einen das im Vergleich zu 2009 geringere Finanzierungsdefizit der gesetzlichen Sozialversicherung – vor allem aufgrund des gesunkenen Finanzierungsdefizits der Bundesagentur für Arbeit. Das Defizit der gesetzlichen Sozialversicherung lag in den ersten drei Quartalen 2010 bei 3,9 Milliarden Euro. Im vergleichbaren Vorjahreszeitraum hatte es bei 16,6 Milliarden Euro gelegen. Zum anderen sank im Berichtszeitraum das Finanzierungsdefizit bei den Ländern von 24,3 Milliarden Euro auf 16,7 Milliarden Euro.
Demgegenüber stieg beim Bund das kassenmäßige Finanzierungsdefizit in den ersten drei Quartalen 2010 um 5,1 Milliarden Euro auf 54,4 Milliarden Euro. Bei den Gemeinden und Gemeindeverbänden erhöhte sich das kassenmäßige Finanzierungsdefizit um 2,5 Milliarden Euro auf 9,2 Milliarden Euro.
Zu dem Anstieg bei den Einnahmen trug die leichte Steigerung der Einnahmen aus Steuern und steuerähnlichen Abgaben (+ 0,6% auf 666,7 Milliarden Euro) bei. Die aus Gebühren und Entgelten erzielten Einnahmen erhöhten sich um 7,8% auf 25,1 Milliarden Euro. Die Erlöse aus Vermögensveräußerungen stiegen beträchtlich um 77,5% auf 11,1 Milliarden Euro mit Schwerpunkten beim Bund (6,6 Milliarden Euro) durch die Einnahmen aus der Frequenzversteigerung für den drahtlosen Netzzugang zum Angebot von Telekommunikationsdiensten und bei den Gemeinden (3,4 Milliarden Euro). Rückläufig waren dagegen die Einnahmen aus wirtschaftlicher Tätigkeit (– 18,7% auf 14,4 Milliarden Euro).
Im ersten bis dritten Quartal 2010 sanken die Ausgaben für Zinsen (– 6,0% auf 50,5 Milliarden Euro). Außerdem gingen die Ausgaben für den Beteiligungserwerb zurück (– 71,7% auf 8,5 Milliarden Euro). Die Ursache hierfür lag zum einen auf Bundesebene – die Ausgaben des Finanzmarktstabilisierungsfonds reduzierten sich um 10,1 Milliarden Euro. Zum anderen wiesen die Länder im Vergleich zum Vorjahr um 9,4 Milliarden Euro geringere Ausgaben für Beteiligungen beispielsweise im Rahmen von Finanzmarktstabilisierungsmaßnahmen aus. Demgegenüber stiegen unter anderem die öffentlichen Ausgaben für soziale Leistungen (+ 0,9% auf 285,0 Milliarden Euro), Personal (+ 2,3% auf 159,9 Milliarden Euro) und Sachinvestitionen (+ 5,8% auf 25,7 Milliarden Euro). Der kräftige Zuwachs bei den Darlehensgewährungen (+ 44,6% auf 7,1 Milliarden Euro) war vor allem auf die Extrahaushalte der Länder zurückzuführen.
Vertrauen der Bürger in die lokale Demokratie in großer Gefahr
Die deutschen Städte und Gemeinden befinden sich in der schwersten Finanzkrise seit Gründung der Bundesrepublik Deutschland. Zwischen Einnahmen und Ausgaben klafft ein Haushaltsloch von -11 Milliarden Euro. „Der wirtschaftliche Aufschwung kommt in den Kassen der Kommunen nicht an“, sagte der Präsident des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, Bürgermeister Roland Schäfer auf der Bilanzpressekonferenz des DStGB heute in Berlin. Von Entwarnung für die kommunalen Haushalte könne keine Rede sein. Die Krise der Kommunalfinanzen halte unvermindert an.
„Allein die Sozialausgaben belasten die kommunalen Haushalte in diesem Jahr mit über 41 Milliarden Euro“, stellte Schäfer fest. Vor zehn Jahren waren es noch 26 Milliarden Euro. Diese Entwicklung drängt die Kommunen an den Rand ihrer Leistungsfähigkeit. „Die Gemeindefinanzkommission muss zügig ein Entlastungskonzept vorlegen“, forderte Schäfer. Die vom Bundesfinanzminister geäußerte Bereitschaft des Bundes, die Kosten der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung von gegenwärtig 3,9 Milliarden Euro pro Jahr vollständig zu übernehmen, sei ein positives Signal. “Die Entlastungswirkung muss aber bereits 2011 einsetzen“, betonte Schäfer und wies zugleich darauf hin, dass dies nicht ausreiche. Der Bund müsse sich auch an den Kosten der Unterkunft und den Aufwendungen für die Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung, die zusammen über 20 Milliarden Euro pro Jahr betragen, stärker beteiligen.
Zufriedenstellend entwickelt sich auf der Einnahmenseite die Gewerbesteuer. Nach einem Einbruch um gut -20 Prozent im Jahr 2009 erwartet der DStGB bereits in 2010 wieder einen leichten Zuwachs bei den Gewerbesteuereinnahmen. Das zeige, dass diese wachstumsdynamische Steuer nicht abgeschafft, sondern durch Einbeziehung der freien Berufe gestärkt werden müsse. Schäfer warnte zudem vor einer Schwächung der Gewerbesteuer: „Eine Abschaffung von Hinzurechnungen wird auf nachhaltigen Widerstand der Städte und Gemeinden stoßen.“ Die Zusage des Bundesfinanzministers, dass die Gewerbesteuer erhalten und nicht geschwächt wird, müsse weiter gelten.
Aufgrund der dramatischen Finanzlage der Städte und Gemeinden ist das Vertrauen der Bürger in die lokale Demokratie in großer Gefahr. „Die Handlungs- und Funktionsfähigkeit der örtlichen Demokratie steht auf dem Spiel“, stellte Schäfer fest. Nach einer im Auftrag des DStGB durchgeführten Forsa-Umfrage ist das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in Deutschland in die kommunale Politikebene deutlich größer als das Vertrauen zur Bundes- bzw. Landesregierung. Dieses Vertrauen dürfe aber nicht länger aufs Spiel gesetzt werden. Dazu gelte es die Kommunen ihren Aufgaben angemessen finanziell auszustatten.
Nach der Forsa-Umfrage ist die große Mehrheit der Bundesbürger nämlich 77 Prozent der Meinung, dass die Steuermehreinnahmen zur Verbesserung der Finanzsituation von Städten und Gemeinden verwendet werden sollten.
Für Steuersenkungen spricht sich nur eine Minderheit von 18 Prozent aus.
Selbst von den FDP-Anhängern plädiert nur eine Minderheit von 20 Prozent dafür, die Steuermehreinnahmen für Steuersenkungen zu verwenden. „Wir erwarten, dass durch die Regierungsparteien jetzt endlich ein Ruck geht, die Kommunen schnell und nachhaltig zu entlasten“, sagte Schäfer abschließend.
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