Gerade ist der erste Spatenstich für ein hochmodernes Nahwärmenetz im münsterländischen Saerbeck erfolgt. Mittelpunkt ist eine neue Heizzentrale der Grundschule, die mit nachwachsenden Rohstoffen versorgt wird. Das Netz selber zieht sich durch die gesamte Innenstadt Saerbecks. Daran angeschlossen werden neben dem Schulgebäude unter anderem ein Kindergarten und ein Pfarrheim.
Eine durchsichtige Leitstelle und ein gläserner Bürgersteig gewähren Einsicht in die Energietechnik. Bis 2030 will Saerbeck energieautark sein. Das heißt: In Saerbeck soll so viel Energie aus Sonne, Wind und Biomasse produziert werden, wie dort verbraucht wird.
Nur ein Beispiel von vielen, wie sich einzelne Gemeinden oder Landkreise mit dem Klimaschutz auseinandersetzen. 25 Bioenergie-Regionen hat das Bundeslandwirtschaftsministerium (BMELV) 2009 aus insgesamt 210 Bewerbungen gekürt. Mit dem Programm will das Ministerium die Nutzung erneuerbarer Energien forcieren, vor allem in ländlichen Räumen. Ein knappes Zehntel des deutschen Endenergieverbrauchs stammte 2008 nach Angaben des BMELV aus erneuerbaren Energiequellen bzw. -trägern. Bis 2020 soll der Anteil nach dem erklärten Willen der EU-Regierungschefs auf 20 % steigen.
Die 25 Gewinner des Titels „Bioenergie-Region“ dürfen jetzt innerhalb der kommenden drei Jahre mit jeweils bis zu 400 000 € staatlicher Unterstützung rechnen. Allerdings darf das Geld nur für den Aufbau von Netzwerken, für die Öffentlichkeitsarbeit und die Qualifizierung von Mitarbeitern eingesetzt werden. Investitionen in Anlagen müssen anders finanziert werden.
An diesem Punkt kommen Gesellschaften wie die Solar Complex AG, Singen, oder die Münchener Green City Energy GmbH ins Spiel. Beiden geht es darum, die Energieversorgung wieder stärker in die Regionen zu verlagern – und dabei vor allem auf Photovoltaik, Windkraft und Biomasse zu setzen.
Die Ansätze der Unternehmen unterscheiden sich jedoch voneinander. Green City Energy fokussiert sich seit Mitte 2008 verstärkt auf die kommunale Energieberatung. „Unser Ziel ist es, Kommunen auf dem Weg in die Energieautonomie zu begleiten“, erklärt Bereichsleiter Peter Keller. „Wenn das Versorgungsgeschäft zurück in die Städte und Landkreise kommt, bleibt auch mehr Geld und damit Kaufkraft in der Region.“
„Die Notwendigkeit eines kommunalen Energiekonzepts wächst mit den davonlaufenden Energiekosten“, gibt der Experte zu bedenken. Die Zeit sei reif für solche Konzepte: Viele öffentliche Gebäude stammten aus den 1960er und 1970er-Jahren. Nach 40 Jahren Nutzungszeit kämen sie nun in den ersten Sanierungszyklus.
Zur Finanzierung von Maßnahmen zur Energieeinsparung und zur Steigerung der Energieeffizienz gibt es Förderprogramme, aber auch die Möglichkeit des Energie-Contractings. Green City Energy hat auf diesen Feldern inzwischen einige Erfahrung vorzuweisen. „Wir beraten aber auch, wie Städte ihre Bauleitplanung verbessern können, um etwa den Bau von Windkraftanlagen zu erleichtern, oder wie Anreize für Private gesetzt werden können, in Photovoltaik oder Biogasanlagen zu investieren“, erklärt Peter Keller.
Seit der Gründung im Jahr 2005 hat die GmbH eine Reihe von Projekten erfolgreich durchgeführt. Mehrere Solarparks und Biogasanlagen wurden konzipiert, finanziert, gebaut und teils auch für die Auftraggeber betrieben. Die Landkreise Kelheim und Starnberg sowie die Stadt Ansbach hat Green City Energy neben weiteren bei der Erstellung von Klimakonzepten beraten.
Eine Stärke sieht das Münchener Unternehmen darin, dass es sowohl über Expertise in der technischen Umsetzung wie auch in der Finanzierung verfügt. Seit Jahren bietet es verschiedene Anlagemöglichkeiten. Mehrere geschlossene Erneuerbare-Energie-Fonds wurden in der Vergangenheit erfolgreich platziert. Aktuell können sich Anleger am geschlossenen Fonds Solarpark Deutschland 2010 beteiligen. Die Mindestinvestition beträgt 2500 € – ohne Agio. Bei einer Laufzeit von 20 Jahren wird eine Rendite von 6,5 % p. a. erwartet. Außerdem bietet Green City an, direkt in einzelne Photovoltaik-Dachanlagen zu investieren. Der Aufwand hierfür beträgt mindestens 25 000 €.
Die Solarcomplex AG aus Singen bietet ebenfalls Direktinvestments in Photovoltaik-Anlagen an. Für 22 500 € erwirbt der Käufer ein 6-kW-Solarkraftwerk, das von Solarcomplex auf dem Dach des Erwerbers oder einer angemieteten Dachfläche errichtet wird. „Mit einem All-Inclusive-Paket werden alle Nebenkosten für Versicherung, Fernüberwachung und sämtliche Reparaturen übernommen.“ Außerdem gibt das Unternehmen eine Ertragsgarantie von 900 kWh je kW installierter Leistung. Damit sei eine Rendite von 6 % pro Jahr realistisch, heißt es. „Ob diese Rendite angesichts der sinkenden Einspeisevergütung auch in Zukunft zu erzielen ist, kann derzeit niemand absehen“, sagt Bene Müller, Vorstand der AG, die sich aus einer Bürgerbewegung heraus entwickelt hat.
Wer in Klimaschutz investieren, aber keine eigene Anlage besitzen möchte, dem bietet das Unternehmen aus der Bioenergieregion Bodensee Alternativen. „Seit Jahren können Anleger ab 1000 € Genussrechte zeichnen, die wir mit 4 % p. a. verzinsen. In Zeiten, da Bundesschatzbriefe gerade halb so viel bringen, ist das offenbar für viele ein attraktives Angebot“, kommentiert Müller die rege Nachfrage.
Auch an der AG selbst kann man Anteile erwerben. Gerade hat das Unternehmen eine Kapitalerhöhung im Umfang von 4 Mio. € erfolgreich platziert. Die Aktien sind zwar nicht an der Börse gelistet, über die Handelsplattform www.solarcomplex.de können Interessenten jedoch Anteile von verkaufswilligen Aktionären erwerben.
In den gut zehn Jahren ihres Bestehens hat die Gesellschaft einen beachtlichen Kraftwerkspark aufgebaut, der überwiegend auf Photovoltaik und Biogas sowie einen kleinen Anteil Wasserkraft setzt. Warum keine Windkraft? „Es hat sich bisher nicht ergeben. Aber aktuell sind wir auf der Suche nach geeigneten Wind-Standorten“, so Müller.
Bis 2030 will Solarcomplex erreichen, dass die Region sich weitgehend aus regenerativen Energien versorgen kann. Lassen die örtlichen Stadtwerke die neue Konkurrenz da unbehelligt? „Die Stadtwerke sind wichtige Partner. Deshalb sind wir sehr froh, dass seit 2009 die Stadtwerke Konstanz und die TWS Ravensburg mit nennenswerten Beträgen bei Solarcomplex eingestiegen sind“, erklärt der Vorstand.
Quelle: vdi-nachrichten.de