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CHAOS IN DER FINANZ-PLANUNG Autobahn GmbH stoppt alle Ausschreibungen

Die Autobahn GmbH des Bundes hat am 10. Juli überraschend bekannt gegeben, dass für das restliche Jahr ein „sofortiger Ausschreibungsstopp“ verhängt wird. Grund dafür seien Unsicherheiten bei der Finanzierung – was angesichts des geplanten Infrastruktur-Sondervermögens in Höhe von 1,1 Mrd. Euro überraschte. Zwischenzeitlich sollte die Finanzspritze erst mit Verabschiedung des Haushaltsgesetzes im September vollumfänglich zur Verfügung stehen. Mittlerweile wurden der GmbH weitere Sonderausgaben gewährt.

Lesedauer: min | Bildquelle: Pixabay (ashkhan2, LiMa74, Qubes Pictures), Tobias Koch
Von: David Herwede

Der Ausschreibungs-Stopp löste ein gewaltiges Medien-Echo aus, Vertreter der deutschen Bau-Industrie reagierten empört. Bild.de berichtete kurz nach der Bekanntgabe von einem „Baustopp“ und bezeichnete das angekündigte Infrastruktur-Paket als potenzielle „Luftnummer“, während Tim-Oliver Müller, Hauptgeschäftsführer des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie, von einem „verlorenen Baujahr 2025“ sprach.

Derweil gibt sich die Autobahn GmbH beschwichtigend. Man beteilige sich nicht an Spekulationen über einzelne Projekte. Vielmehr sei der sichere Betrieb der Autobahnen aktuell gewährleistet. Laufende Projekte und Vergaben würden ebenso wie Maßnahmen, die der Sicherstellung der Verkehrssicherheit dienen, fortgesetzt – und es gebe auch keinen Baustopp, heißt es in einer Stellungnahme gegenüber Bauhof-online.de.

Allerdings räumt die GmbH auch ein: „Damit dies so bleibt, müssen für die Zukunft erhebliche Investitionen getätigt werden. Jetzt kommt es darauf an, Lösungen mit der Gesellschafterin und der Politik zu finden. Vor Inkrafttreten des Bundeshaushalts hat die Autobahn GmbH keine zusätzlichen Mittel.“ Aktueller Stand: Inzwischen hat der Haushaltsausschuss des Bundestags rund 1,1 Milliarden Euro für die GmbH freigegeben. Der Ausschreibungsstopp ist damit aufgehoben.


 

BMV und BMF suchen nach Lösung

Entsprechend teilte eine Sprecherin des Bundesministeriums für Verkehr (BMV) auf Nachfrage mit: „Ein Teil der Haushaltsmittel 2025 steht nicht sofort, sondern erst mit der Verabschiedung des Haushaltsgesetzes zur Verfügung. Die Bundesregierung sucht kurzfristig nach Lösungen, um gegebenenfalls Mittel vorzeitig zur Verfügung zu stellen. Laufende Projekte und laufende Vergaben werden ebenso wie Maßnahmen, die der Sicherstellung der Verkehrssicherheit dienen, selbstverständlich fortgesetzt. Das gilt auch für Ausschreibungen für die laufende Sanierung von Brücken. Es gibt auch keinen Baustopp.“

Weiter heißt es vonseiten des BMV: „Wir sind im engen Austausch mit dem BMF, um sehr zügig für die Autobahn GmbH – über den Haushaltsausschuss – die Mittel freizugeben, um den drängendsten Bedarfen gerecht zu werden. Wir sind zuversichtlich, dass wir da sehr zeitnah zu guten Lösungen kommen. Auswirkungen auf kommunaler Ebene sind nicht zu erwarten.“ Dagegen wird das Bundesministerium der Finanzen (BMF) etwas konkreter: „Die Mittel für Investitionen können in der vorläufigen Haushaltsführung in voller Höhe für Fortsetzungsmaßnahmen nach Art. 111 Absatz 1 des Grundgesetzes genutzt werden. Im Mai dieses Jahres hatte das BMF Verpflichtungsermächtigungen von 414 Mio. Euro zur Verfügung gestellt für neue Ausschreibungen der Autobahn GmbH und 380 Mio. Euro für neue Ausschreibungen beim Neu- und Ausbau der Bundesstraßen. In beiden Fällen wurde damit in Anträge des Bundesministeriums für Verkehr in voller Höhe eingewilligt.“

Unter „bestimmten Voraussetzungen“ sei die Einleitung neuer Finanzierungs-Maßnahmen möglich, so das BMF. „Diese Voraussetzungen definiert die Verfassung in Artikel 112. So müssen die Maßnahmen insbesondere unvorhergesehen sein. Das ist der Fall, wenn man sie nicht beim Aufstellen des Bundeshaushalts berücksichtigen konnte. Sie müssen außerdem die Beeinträchtigung schwerwiegender Staatsinteressen abwenden.“

Kritik auch vonseiten der Meistereien

Neben der Bau-Industrie reagierten auch diverse Autobahnmeistereien verunsichert auf die Bekanntgabe. In einer Stellungnahme vom 11. Juli fordert die Fachgewerkschaft der Straßen- und Verkehrsbeschäftigten (VDStra) eine sofortige Freigabe neuer Finanz-Mittel. Wer Ausschreibungen blockiert, blockiere auch „Sicherheit, Modernisierung und klimafeste Infrastruktur“. Hermann-Josef Siebigteroth, Bundesvorsitzender der VDStra, hierzu: „Auf die Autobahnmeistereien kann es sich negativ auswirken, wenn Sanierungsmaßnahmen erst mal auf Eis liegen und bis dahin weiter notdürftig repariert werden muss. Hoffen wir, dass hierfür ausreichend Mittel zur Verfügung stehen.“

Auf die Stellungnahmen der Ministerien entgegnet er: „Ja – Maßnahmen, die rechtlich nicht mehr rückabzuwickeln sind, laufen weiter. Aber ansonsten wurden alle fertigen Planungsmaßnahmen und Ausschreibungsunterlagen gestoppt. Ohne die Mittelfreigabe und ohne eine Finanzierungs-Zusage des Bundes kann die Autobahn GmbH gar keine weiteren Baumaßnahmen freigeben. Und diese Freigabe scheint ja nicht möglich zu sein, da der Haushalt vor September nicht verabschiedet wird. Es ist für mich vollkommen unverständlich, wie hier verfahren wird.“

Im Übrigen geht auch Siebigteroth nicht davon aus, dass kommunale Bauhöfe vom Ausschreibungs-Stopp betroffen sind. „Anders hingegen könnte es bei den jeweiligen Straßenbauverwaltungen der Länder aussehen, da diese als Auftragsverwalter für den Bund die Bundesstraßen planen, bauen, betreiben und erhalten.“

Zum Hintergrund

Weil das Bundesverfassungsgericht vor zwei Jahren die Umplanung eines Sondervermögens über 60 Milliarden Euro für verfassungswidrig erklärt hatte, kamen auch die Haushaltsplanungen für die Folgejahre ins Wanken. Nach den vergangenen Bundestagswahlen fand deshalb die neue Regierung keine parlamentarische Mehrheit für ihren Haushaltsentwurf 2025, weshalb seit Beginn des Jahres eine „vorläufige Haushaltsführung“ greift. Am 24. Juni beschloss die Bundesregierung einen neuen Haushaltsentwurf im Kabinett.

Auf der Internetseite der Regierung heißt es: „Der Regierungsentwurf zum Bundeshaushalt 2025 befindet sich mit der Zuleitung an Bundestag und Bundesrat nun im parlamentarischen Verfahren. […] Ende September sollen nach aktuellem Stand Bundestag und Bundesrat endgültig den Haushalt 2025 verabschieden. Anschließend wird das Gesetz zum Haushalt an den Bundespräsidenten zur Unterzeichnung geleitet. Ist diese erfolgt, wird es im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Diese Veröffentlichung wird auch Verkündung genannt, mit der die vorläufige Haushaltsführung endet.“

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