Sie kommen aus England und Korea, aus Malta, den Niederlanden und alle Regionen Deutschlands nach Hille. Abfallexperten interessieren sich für „eine der modernsten und zuverlässigsten MBA-Anlagen in ganz Deutschland“, so die Betreiber nicht ohne Stolz.
Zwei Jahre sind seit Inbetriebnahme der 25 Millionen Euro teuren Mechanisch-Biologischen Abfallbeseitigungsanlage (MBA) auf dem Deponiegelände Pohlsche Heide vergangen. Jetzt zogen der Geschäftsführer der Betreibergesellschaft GVoA, Burkart Schulte, der Aufsichtsratsvorsitzende Friedrich Klanke, Betriebsleiter und Prokurist Thomas Kropp sowie der Vorsitzende des Werksausschusses des Kreises, Hartmut Stickan, eine Zwischenbilanz.
„Wir sind im Wesentlichen mit der Anlage zufrieden, Mechanik und Vergärung laufen“, sagen sie einstimmig. Das Lob geht an die Lieferfirmen, allen voran die Firma Horstmann in Bad Oeynhausen, die den mechanischen Teil konzipierte und lieferte. Nicht überall sind MBA-Betreiber so zufrieden, zeigen Beispiele in Hannover oder Göttingen.
Dass die Anlage dem Lieferanten-Konsortium Horstmann, Fechtelkord & Eggersmann erst jetzt abgenommen werden konnte, habe nicht an Problemen gelegen sondern an einer Erweiterung, die sich schon bald nach Inbetriebnahme im April 2005 herausgestellt habe. Jetzt können statt der vorgesehenen und genehmigten 80 000 Tonnen Müll jährlich bis zu 100 000 Tonnen so aufbereitet und verarbeitet werden, dass die daraus abzulagernde Menge auf rund ein Drittel reduziert wird. „Die Anlage war trotz der Erweiterung immer voll ausgelastet“, deutet Schulte an, dass man an der Kapazitätsgrenze arbeitet. Jedoch seien die erforderlichen Zwischenlager zügig geräumt worden.
Das lag auch daran, dass sich die Lage auf dem Markt für so genannte Ersatzbrennstoffe (EBS) entspannt hat. Diese EBS sind im Müll enthaltene energiereiche Plastikteile, die in Kraft- und Zementwerken verfeuert werden.
Ob es daran lag, dass einer der großen Energiekonzerne, der auch im Abfallsektor reichlich vertreten ist, seine Feuerungskapazitäten zurückfuhr oder die Mengen auf dem Markt zu groß waren, die Preise für die Ersatzbrennstoffe waren gewaltig geklettert. Wobei hier unter Preise nicht der bezahlte Geldwert für den „Kauf“ gemeint ist, sondern das, was die EBS-Verbrenner von den Lieferanten, also MBA-Betreibern, verlangen.
Gutes Ende für Preispoker-Strategie
Im Entsorgungszentrum Pohlsche Heide werden rund 40 000 Tonnen dieser energiereichen Müllfraktion im mechanischen Prozess vor der Vergärung herausgefiltert und in Stücke bis zu 150 Millimeter geschreddert. 18 000 Tonnen nahm das Heizkraftwerk Energos am Mindener Hafen ab. Und der Rest? Die GVoA-Verantwortlichen setzten auf die Zeit, ließen sich ein Zwischenlager genehmigen und jetzt zahlte sich ihre Strategie aus. „Die Preise sind gesunken“, freut sich Burkart Schulte. Dazu komme, dass das Energos Werk an weiteren Mengen interessiert sei. „Die sind von unserer Qualität überzeugt“, sagen Klanke und Schulte.
Ziel: Wir wollen Vorzeigeanlage bleiben
Mit Investitionen in die Qualitätsverbesserung will man künftigen Marktschwankungen besser begegnen können. Dazu sei eine weitere Ergänzung und Optimierung der MBA mit einem Investitionsvolumen von einer Million Euro beauftragt worden. „Das rechnet sich schnell“, ist Schulte sicher. Allerdings hat man als Abnehmer weiter die Kraftwerke im Visier. Für die Zementöfen müsste das Material bis auf 30 Millimeter zerkleinert werden. „Dazu wäre der Aufwand zu groß“, so der GVoA-Geschäftsführer. Stattdessen wird jetzt auch die Verarbeitungslinie Gewerbemüll aufgerüstet.
70 Prozent der EBS-Fraktion habe man vertraglich abgesichert, 30 Prozent gehen in den Spotmarkt, ist die Marschroute bei der GVoA.
MBA läuft, Problem EBS gelöst, Kapazitäten ausgeschöpft und immer noch ein paar neue Ideen: „Wir müssen uns weiterentwickeln, denn wir wollen auch 2008 noch Vorzeigeanlage sein“, freut sich Burkart Schulte auf den Besuch weiterer Abfallexperten – ob aus München oder Malta. Der Umweltminiszer des Mittelmeer-Inselstaates und EU-Mitglieds war vor zwei Jahren schon einmal hier, hat Energios und Entsorgungszentrum besucht und sich über MBA informieren lassen. Jetzt will er auch eine solche Anlage bauen lassen.
