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Zehnter BGL-Verbandskongress vom 13. bis 15. September in Hamburg

Grüne Branche diskutiert aktuelle politische Themen in prominenter Runde

 

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Zum Auftakt des Kongresses des Bundesverband Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau e. V. (BGL) kamen im Rahmen einer Podiumsdiskussion Vertreter der CDU, FDP, Bündnis 90/Grüne und SPD mit BGL-Präsident August Forster und Vizepräsident Carsten Henselek zusammen. Diskutiert wurden branchenrelevante Themen um die Beschäftigungs-, Sozial- und Steuerpolitik sowie die Notwendigkeit von mehr Grün in den Städten. Die übergreifende Frage lautete: Was darf der Garten- und Landschaftsbau von der Politik erwarten?

Eines stellte BGL-Präsident August Forster gleich mit der Begrüßung klar: Eine ungerechte Behandlung seines Berufstandes, auf dessen Leistung er sehr stolz sei, wäre er nicht bereit zu akzeptieren. Damit wies Forster auf die Tatsache hin, dass der Garten- und Landschaftsbau der 19 Prozent-Mehrwertsteuerregelung unterliegt, während beispielsweise Baumschulen unter die Ausnahmeregelung fallen und nur sieben Prozent in Rechnung zu stellen haben. Dadurch koste die gleiche Pflanze per se mehr, werde sie beim Landschaftsgärtner gekauft. Hierin sieht Forster einen spürbaren Wettbewerbsnachteil. Dieser wird von keinem der anwesenden Parteienvertreter bestritten; es wird aber auch kein Vorschlag zur Abhilfe in der nächsten Legislaturperiode gemacht.

Neuregelung der Vermögens- und Einkommenssteuer: Chancen und Risiken

Kontroverser ging es bei weiteren Themen wie die Wiedereinführung der Vermögenssteuer und die Erhöhung des Spitzensteuersatzes zu. Mittelständische Betriebe seien durch die Vermögenssteuer substanziell gefährdet, sagte Forster. Da diese immer anfalle, unabhängig von der Höhe der betrieblichen Einkünfte bedrohe sie die Liquidität des Mittelstands insbesondere von Grundstückseigentümern und Unternehmern erheblich. SPD Mitglied Klaus Wiesehügel (Bundesvorsitzender der IG Bauen-Agrar-Umwelt) versicherte, dass es hierzu zwar noch keine konkreten Pläne gebe, seine Partei die Substanz aber definitiv nicht besteuern werde, um den Mittelstand nicht zu gefährden. Fest stehe jedoch, dass die Vermögenssteuer wieder eingeführt werden solle, auch um Geld in die Kassen zur Verbesserung der Infrastruktur, für die Energiewende und für die Bildung zu spülen. Dies sei auch notwendig, um Arbeitsplätze – zum Beispiel im Garten- und Landschaftsbau – zu sichern, fügte Wiesehügel hinzu. Dirk Fischer, MdB, Landesgruppenvorsitzender der Hamburger CDU-Abgeordneten im Deutschen Bundestag insistierte: „Die Vermögenssteuer und auch die Erbschaftssteuer vernichten den Schwachen in der Krise.“ Er wolle mit seiner Partei, die jedwede Form der Vermögenssteuer ablehnt, „Wachstum fördern und keine Steuerorgie!“ Die Grünen und ihre Spitzenkandidatin Anja Hajduk fordern hingegen eine Vermögensabgabe, die allerdings nicht anfallen soll, wenn die Konjunktur die Abgabe nicht hergebe. „Außerdem stellen die Grünen mit einem Freibetrag von fünf Millionen sicher, dass wir 90 Prozent der Unternehmer nicht erreichen, weil wir das auch gar nicht wollen.“

Auf die Frage von Moderator Henning Krumrey, stellvertretender Chefredakteur der WirtschaftsWoche, wie die FDP zur Kalten Progression stehe – also die Höherbelastung der Steuerzahler durch die Anhebung des Grenzsteuersatzes bei Lohnerhöhungen, die zusammen mit der Inflation dem Lohnsteuerzahler weniger Kaufkraft im Portemonnaie zurücklasse, antwortet die FDP-Bundestagsabgeordnete Christel Happach-Kasan: „Ich setze auf Vernunft und die Einsicht des Bundesrates nach der Bundestagswahl, insbesondere die Arbeitnehmer zu entlasten“, so die Politikerin, deren Partei den Einkommenssteuertarif alle zwei Jahre an die Preisentwicklung anpassen möchte, um die Kalte Progression zu vermeiden. Die CDU will die Bildungspolitik und andere Herausforderungen – zum Beispiel die Stärkung der Infrastruktur ohne Steuererhöhungen in den in den Griff kriegen.“ Selbstverständlich befürwortet Klaus Wiesehügel (SPD) die Pläne seiner Partei, den Spitzensteuersatz zu erhöhen. Der BGL hingegen wendet sich eindeutig gegen Steuererhöhungen für den Mittelstand: „Jede Mehrbelastung durch Steuern und Abgaben ist Gift für die Arbeitsplätze, Gift für die Konjunktur und Gift für den Wettbewerb“, argumentierte Vizepräsident Carsten Henselek stellvertretend für die Branche.

Alles im grünen Bereich? Diskussion um staatlichen Mindestlohn

Bei der anschließenden Debatte um das Für und Wider zur Tarifautonomie, betonte Henselek die Zufriedenheit der Garten- und Landschaftsgärtner mit der bisherigen Regelung. Er verstehe nicht, warum diese Autonomie der Tarifpartner ausgehöhlt werden solle. Wichtig sei, dass bei der Diskussion um Löhne weiterhin Rücksicht auf die Branche und die Region sowie die Besonderheiten des Berufsstandes genommen werde. Ein staatlicher Mindestlohn sei keine Lösung und verführe zur Willkür. Wiesehügel, der ausgewiesener Tarifexperte im GaLaBau ist, beruft sich dagegen auf Erfolge, die mit dem Mindestlohn in der Baubranche erzielt wurden. „Zu viele Leute in zu vielen Bereichen sind absolut unterbezahlt“, klagte er und ist sich in diesem Zusammenhang einig mit der Grünen-Spitzenkandidatin Anja Hajduk, die feststelle, „Mindestlöhne sollen für Leute gelten, die nicht für sich selbst verhandeln können.“ Für CDU-Urgestein Fischer ist es selbstverständlich, dass bei gleicher Leistung gleicher Lohn bezahlt werde und Stundenlöhne unter Hartz IV Niveau natürlich nicht akzeptabel seien: „Wir wollen, dass die Tarifautonomie erhalten bleibt und branchenspezifisch verhandelt wird. Für einen Branchenmindestlohn sollen sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer mit den Ministerien an einen Tisch setzen“, lautet seine Forderung.

Das richtige Rentenalter?

Die Beibehaltung der Rente mit 67 ist für die grüne Branche ein wichtiges Thema. Die SPD steht für eine abschlagsfreie Rente mit 63 und flexible Übergangsmodelle. „Angesichts des demographischen Wandels ist die FDP für die Rente mit 67, um ihre Finanzierbarkeit auch in Zukunft sicherzustellen, sonst laufe man Gefahr, dass später auf einen Beitragszahler ein Rentner komme, meint die Bundestagsabgeordnete Happach-Kasan. Und weiter: „Die beste Sozialpolitik ist die, die möglichst vielen Menschen Arbeit bringt, so dass jeder für sich sorgen kann und nicht auf staatliche Hilfe angewiesen ist.“ Ähnlicher Meinung ist der BGL, der gemeinsam mit der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) einen Paradigmenwechsel, weg von der früheren Frühverrentungspraxis hin zu einer längeren Beschäftigung Älterer befürwortet. „Die Rente mit 67 war und ist richtig. Dennoch suchen wir im GaLaBau nach Lösungen, um Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die nicht mehr ihre volle Arbeitsleistung erbringen können, zu helfen. Die Hilfe kann zum Beispiel aus einer tariflich verpflichteten Berufsunfähigkeitsversicherung bestehen. Dazu brauchen wir mit Sicherheit staatliche Unterstützung“, verlangte Henselek, der darüber hinaus bessere Absprachen zwischen Politik und Branche fordert und nichts von aufoktroyierten Bestimmungen hält.

Guter Wille allein reicht nicht: Charta „Zukunft Stadtgrün“

BGL-Präsident Forster appelliert an die Politiker, die Chancen für eine zukunftsgerechte Stadtentwicklung nicht zu verschlafen. „Die Politik muss ihre Verantwortung wahrnehmen und dafür sorgen, dass wir das Potenzial urbanen Grüns als Standortfaktor künftig optimaler ausnutzen. Wir müssen Umwelt schaffen, um den Menschen eine lebens- und liebenswerte Stadt zu schaffen.“ Mit der Forderung, dass die Städtebauförderung des Bundes dem zukünftig Rechnung tragen wird und das Engagement für urbanes Grün gezielt stärkt, beschloss Präsident August Forster die Diskussion stellvertretend für den Verband.

Moderation

Henning Krumrey, stellvertretender Chefredakteur der WirtschaftsWoche, Leiter des Hauptstadtbüros.

Teilnehmer Diskussion

August Forster, Präsident des Bundesverbandes Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau e.V.

Carsten Henselek, Vizepräsident des Bundesverbandes Garten- Landschafts und Sportplatzbau e.V.

Dirk Fischer, CDU, MdB, Landesgruppenvorsitzender der Hamburger CDU-Abgeordneten im Deutschen Bundestag

Klaus Wiesehügel, SPD, Bundesvorsitzender der IG Bauen-Agrar-Umwelt

Dr. Christel Happach-Kasan, FDP, MdB, Vorsitzende der AG Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz der FDP-Bundestagsfraktion

Anja Hajduk, Bündnis 90 /Die Grünen, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Hamburgischen Bürgerschaft



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