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Trassenbau unter Strom

Wie Bohlen & Doyen im Auftrag von Tennet die Landkabel für zwei Offshore-Netzanbindungsprojekte verlegt

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Zwei Projekte erfordern derzeit den geballten Maschinen- und Arbeitseinsatz bei Bohlen & Doyen: SylWin1 und HelWin2. Das Bauunternehmen aus Wiesmoor in Niedersachsen verlegt im Auftrag von Prysmian, einem der weltweit größten Kabelhersteller und Subunternehmer von Tennet, parallel zwei Hochspannungs-Gleichstrom-Erdkabel. SylWin1 und HelWin2 sind zwei der elf Netzanbindungsprojekte, in denen der Übertragungsnetzbetreiber Tennet Windparks in der Nordsee an das deutsche Stromnetz anschließt. Bei dem Projekt SylWin1 handelt es sich um eine 205 Kilometer lange und 864 Megawatt starke, bei dem Projekt HelWin2 um eine 130 Kilometer lange und 690 Megawatt starke Netzanbindung.

Die Bauarbeiten werden an Land zwischen Büsum und Brunsbüttel auf einer Länge von 45 Kilometern vom Fachbereich Tiefbau ausgeführt und die 17 Kilometer in der Nordsee übernimmt der Fachbereich Wasserbau des zur SAG-Gruppe gehörenden Bauunternehmens. Für beide Sektionen, die Land- sowie die Flachwasser- und Wattenmeersektion, gibt es eine jeweils recht lange Abstimmungs- und Planungsphase mit Prysmian; auch während der Ausführung ist stets Prysmian-Personal dabei.

Eigentlich sollte der Baubeginn an Land im März 2012 erfolgen. Doch es kam zu Verzögerungen – ein halbes Jahr später als geplant konnte Bohlen & Doyen erst mit den Kabel-Verlegearbeiten beginnen. Gemeinsam mit allen Beteiligten sowie dem betroffenen Landkreis wurden auch die letzten Hürden genommen – die Straßen und Wege durften ab Herbst endlich von den Baumaschinen befahren werden. Dann machte noch der lange und strenge Winter dem Bauzeitenplan einen Strich durch die Rechnung, sodass vier weitere Monate vergingen. „Trotz dieser Erschwernisse werden wir den Endtermin für das erste System in der 30. Kalenderwoche halten und können die letzten Kabel ziehen“, erklärt Bauleiter Johann Hollwedel von Bohlen & Doyen nicht ohne Stolz über das anvisierte Etappenziel.

Er selbst arbeitet seit sieben Jahren für Bohlen & Doyen – unzählige Kilometer Pipeline hat er schon verlegt. Ein Vollprofi also. Doch auch er steht sprichwörtlich unter Strom. Wie solch ein Zeitverzug noch aufgeholt werden kann, grenzt weder an ein Wunder noch an Hexerei, sondern ist das Ergebnis von optimaler Arbeitsvorbereitung, Planung, hoher Leistungsstärke, harter Arbeit, Sonderschichten und Wochenendeinsätzen, welche die 150 Mitarbeiter leisteten.

Im Einsatz sind sechs Kolonnen mit Baggern der 25- oder 30-Tonnen-Klasse. Ihnen sind weitere Baumaschinen, darunter Radlader wie ein Cat 908H und 924H zugeordnet. Fünf Cat Kettenbagger 323EL, die von Reinhold Bosl, Zeppelin Konzernkundenleiter, und Oliver Stumpf, leitender Verkaufsrepräsentant von der Zeppelin Niederlassung Westerstede, zusammen mit den Radladern geliefert wurden, verrichten entlang der Bautrasse Aushubarbeiten für den fünf Meter breiten Kabelgraben. Ausgestattet sind die neuen Bagger mit Löffeln, die ein Trapezprofil in Form des Grabens aufweisen, um schnell beim Aushub Meter zu machen.

Insbesondere bei den Baumaschinen zeigt sich, welche Dienstleistungen Bohlen & Doyen von Zeppelin sonst noch nutzt. So lieferte Zeppelin Rental und deren Mietstation Westerstede Cat Minibagger zwischen 1,8 und 8,0 Tonnen. Zu den weiteren Mietgeräten, auf die das Bauunternehmen zurückgreift, gehören Teleskopstapler und Pick-ups. Für das Bauvorhaben lieferte die Mietstation außerdem noch Equipment zur Baustelleneinrichtung, wie mobile Flutlichtanlagen mit Stromaggregat, Bauwagen, Bauzäune und eine Containeranlage, bestehend aus diversen Wohncontainern und Sanitärmodulen.

Die Bagger sind mit einer 3D-GPS-Steuerung von Sitech Nord ausgestattet. „Ich möchte die Steuerung nicht missen“, sagt Baggerfahrer Karsten Böhnke. Er schätzt nicht nur an der neuen Cat Baumaschine den Einsatz der 3D-GPS- Steuerung beim Bodenabtrag, sondern auch die Übersichtlichkeit der Kabine: „Ich war überrascht, welch guten Überblick der Bagger insbesondere nach hinten trotz des großen Kontergewichts erlaubt und dass der Spritverbrauch selbst bei Volllast noch top ist, wenn ich den Trapez-Löffel fülle.“ Inzwischen hat sein Cat 323EL bereits 1 300 Betriebsstunden absolviert. „Mit der 3D-GPS-Steuerung sparen wir uns das Abstecken mit Pflöcken. Wir können einen Bereich von bis zu fünf Kilometer abdecken, bei Dämmerung oder in der Nacht baggern und alle arbeiten mit den gleichen Daten“, freut sich Marco Blaha, Projektleiter bei Bohlen & Doyen, über die Vorteile des Systems.

Die Tiefe des Aushubs, der in 59 Sektionen zu rund 830 Meter unterteilt wurde, variiert. Die geforderte Mindestabdeckung liegt bei 1,20 Meter – sie kann aber bis zu 1,90 Meter betragen. Auf einer Trommel, die per Lkw mit Tiefbett geliefert wird, passt ein 840 Meter langes Kabel mit einem Durchmesser von 125 Millimetern. Aufgabe von Prysmian ist es, die Kabel miteinander zu verbinden. Das Kabel ruht auf einem Bett aus Sand mit einer Sohlenstärke von zehn Zentimetern. Das Kabel wird mit einer 30 Zentimeter dicken Sandschicht abgedeckt. Der Sand stammt aus verschiedenen Sandgruben der Region und wird mit Cat Kettenbaggern 323EL auf Dumper oder Terra Gator verladen, mit deren Hilfe dann die vorgegebene Sohlenstärke oder Abdeckschicht des Kabels hergestellt werden kann. „Was die Sandlieferung betrifft, arbeiten wir vor Ort mit Lohnunternehmen aus der Umgebung zusammen. Es wird gerne gesehen, wenn wir nicht nur unsere eigenen Arbeitskräfte und Maschinen mitbringen“, meint Hollwedel.

Die Trasse hat eine Breite von rund 20 Metern. Erst wird der Mutterboden mit Baggern wie dem Cat 323EL abgetragen. Der Mutterboden wird in Mieten zwischengelagert und die Miete wird angedrückt, um zu verhindern, dass der Boden wieder herunterrieselt oder sich bei Schlagregen zu sehr mit Wasser aufsaugt. Schließlich wird der Aushub dagegen gelehnt. Die Bodenklassen sind auf der 45 Kilometer langen Baustelle sehr unterschiedlich. Der erste Abschnitt weist bedingt durch das Wattenmeer ausschließlich sandige Böden auf. Sie werden von moorigen Böden abgelöst. Insbesondere Richtung Brunsbüttel ist der Boden stark aufgeweicht. Die Folge: ein Mehraufwand, der Zeit beansprucht.

Grundwasser tritt bereits ab 30 Zentimeter auf, sodass eine Wasserhaltung erforderlich ist. Dazu werden ein Drainagesystem gelegt und Pumpen angeschlossen, die das Wasser fördern, um so einen Fortgang der Arbeiten zu gewährleisten. Sieben Bohrgeräte in unterschiedlichen Größen sind auf der Baustelle im Einsatz. Bohrungen werden vor allem zur Kreuzung von schwierigen oder schützenswerten Oberflächen verwendet. Die Trasse kreuzt eine Vielzahl von Straßen und Gewässern, sodass das horizontale Bohrverfahren, kurz HDD genannt, häufig angewendet wird. Dabei handelt es sich um gesteuerte Horizontalbohrungen, mit deren Hilfe etwa Kabelschutzrohre unterirdisch und grabenlos verlegt werden können. Um die HDDs kümmern sich eigene Bauleiter und Poliere, die wie alle anderen den Bauzeitenplan stets im Blick behalten.

Jeden Abend finden sich alle Projektverantwortlichen ein, um den Tagesfortschritt durchzusprechen. Am Morgen wird der Auftraggeber auf den neuesten Stand gebracht. Jeder Schritt am Korridor, links und rechts entlang der Kabeltrasse, den Straßen und Wegen, wird exakt dokumentiert und festgehalten. Worauf das Baustellenteam kontinuierlich achten muss: die Baumaschinen, wie die neuen Cat Geräte, entsprechend ihrem Bodendruck einzusetzen – die Kabel müssen besonders schonend für die Umwelt verlegt werden. Weil die Arbeiten in umweltsensiblen Bereichen des Küstenschutzes erfolgen, werden bei den Baumaschinen biologisch abbaubare Öle und Schmierstoffe verwendet. „Der Naturschutz hat oberstes Gebot. Wir stehen hier mitten im Fokus. Unsere Arbeiten werden penibel kontrolliert“, weist Hollwedel hin. Bohlen & Doyen muss sich strikt an das vorgegebene Bodenschutzkonzept halten. „Wir haben einen festgelegten Korridor, in dem wir uns bewegen dürfen. Der Abstand zur Trasse ist klar geregelt“, ergänzt er.

Ein eigenes Wege- und Verkehrskonzept wurde ausgearbeitet – nur ausgewiesene Wege dürfen befahren werden – es liegt in jedem Fahrzeug und in jeder Maschine aus. Freie Fahrt haben Maschinen, deren Gewichte die Vorgaben einhalten oder logischerweise unterschreiten. Ein eingeschränkter Aktionsradius folgt für Maschinen, die knapp über den Vorgaben liegen. Für die dritte Kategorie ist zwangsläufig eine Baustraße aus Baggermatten oder Stahlplatten erforderlich, um diese Geräte auf der Trasse einsetzen zu können.

Bohlen & Doyen investierte in das Logistikkonzept dieses Projektes. Ein verantwortlicher Mitarbeiter vor Ort koordiniert den Einsatz der vier Lkw, die ausschließlich für die Transporte und die Logistik auf der gesamten Baustelle zur Verfügung stehen. Mit den Stahlmatten werden vor allem die bestehenden Wege geschützt. Denn die Kabeltrommel hat eine Breite von 3,50 Meter und ist somit breiter als die eigentliche Fahrspur. Im Vorfeld der Maßnahme wurde eine Prognose zum Baustellenverkehr erstellt. „Für alle im Wege- und Verkehrskonzept enthaltenen Straßen haben wir die potenziell mögliche Belastung kalkuliert und bewertet“, erklärt Hollwedel.

Dass die Zusammenarbeit mit den zuständigen Behörden eng ausfällt, versteht sich von selbst. Treten Schäden entlang der Wegstrecke auf – etwa in Form von Abrisskanten – repariert Bohlen & Doyen diese selbst. Wegerechtler übernehmen die Vorhut und informieren die Landwirte, dass in wenigen Tagen die neuen Cat Bagger anrücken. „So sind diese darauf vorbereitet und können sich auf die Bauarbeiten auf ihren Feldern einstellen“, so Hollwedel. Auf der Baustelle sind regelmäßig Tennet-Mitarbeiter unterwegs, um zu prüfen, ob die Arbeiten den Sicherheitsanforderungen genügen und ob der Zeitplan eingehalten wird. Einmal pro Woche erstellt der Auftraggeber ein Protokoll zur Baustellenbegehung.

All das dient dazu, potenzielle Gefahren auszuschalten. Oberstes Ziel ist es: die Baustelle unfallfrei abzuwickeln. Younes Ejjat, Bauingenieur und zuständig für die Arbeitssicherheit, übernimmt die 90-minütige Unterweisung, der sich jeder Mitarbeiter und Lieferant ohne Ausnahme stellen muss, der die Baustelle betreten will. „Wir haben hier sehr erfahrene Leute, die seit über 20 Jahren auf dem Bau arbeiten und natürlich von sich behaupten, genau zu wissen, was zu tun ist. Doch leider zeigt die Praxis immer wieder, wie fatal Routine werden kann, wenn Gefahren aufgrund von alten Gewohnheiten übersehen werden“, macht er deutlich. Im Hinblick auf die Baumaschinentransporte werden Anschlagmittel und Ladungssicherheit regelmäßig überprüft. Was das Arbeiten mit den Baumaschinen betrifft, wurden klare Verhaltensregeln aufgestellt. So darf sich jeder den Baumaschinen nur von der Fahrerseite aus nähern – der Aufenthalt im toten Winkel ist untersagt. Es gilt stets Blickkontakt zum Maschinisten zu halten. Genauso wenig dürfen Personen unter Lasten hindurchlaufen. Der Baggereinsatz im Bereich der Freileitungen darf nur nach Absprache mit dem Betreiber erfolgen. Werden Arbeiten mit Erdbaumaschinen in der Nähe elektrischer Freileitungen durchgeführt, muss zwischen den elektrischen Freileitungen, der Erdbaumaschine und ihren Arbeitseinrichtungen ein von der Nennspannung der Freileitung abhängiger Sicherheitsabstand eingehalten werden, um einen Stromübertritt zu vermeiden. Dies gilt auch für den Abstand zwischen diesen Leitungen und Anbaugeräten sowie angeschlagenen Lasten. Es gibt außerdem strikte Vorgaben, was den Sicherheitsabstand zwischen Baugrube und Kabelgraben sowie die Ausführung von Baugruben und Kabelgraben betrifft. Der Umgang mit Gefahrstoffen ist eindeutig geregelt. „Sicherheitsdatenblätter müssen lückenlos vorliegen und das Personal muss unterwiesen werden“, so Ejjat.

Die komplette Baumaßnahme wird baubiologisch vor Ort begleitet. Sollte es trotz aller Vorsichtsmaßnahmen zu einem Unfall kommen, ist dem Personal bewusst, wie es sich verhalten muss. Bei Bohlen & Doyen sind 90 Prozent der Mitarbeiter Ersthelfer. Bauleiter Hollwedel ließ entlang der Bautrasse 49 Rettungspunkte und somit ein Rettungssystem für die gesamte Baustelle errichten. Geht eine Unfallmeldung ein, wissen Notarzt und Rettungswagen daher, wo genau der Unfall passiert ist, um schnelle Hilfe zu leisten. Schließlich soll nichts eine sichere Kabelverlegung gefährden.

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