Zugegeben, der Ritt über den Münchner Acker macht mit dem aCar einfach nur Laune – dank Bilstein-Federung und trotz des fehlenden Lenkkraftverstärkers. Doch ruhig, Grauer, eins nach dem anderen: Das leuchtende Grün des Schmalspurfahrzeugs sticht bereits bei der Einfahrt in den Martha-Näbauer-Platz ins Auge. Was das junge Spin-off-Unternehmen der TU München dort vor seinem Showroom im Nordwesten der Bayern-Metropole präsentiert, ist ein echter Hingucker: kurze, äußerst markante Linienführung der Schnauze – die selbst bei 1,33 Meter Spurweite (von Reifenmitte zu Reifenmitte) bullig rüberkommt –, großzügig dimensioniertes Führerhaus mit Einstieg hinter der Vorderachse, satter Radstand mit knapp 2,60 Metern Länge sowie eine Pritsche auf AL-KO-Rahmen, die Platz für zwei nebeneinanderliegende Euro-Paletten bietet, versehen mit Zurrösen auf der Ladefläche sowie Aufprallschutzgitter (optional). Ganz zu schweigen vom vollelektrischen Allradantrieb. Logisch, Spaltmaßfanatiker kriegen Plaque. Dafür packt der bajuwarische Öko-Lastenesel eine Tonne im Huckepack und eine weitere gebremste hinten dran.
Bereits vor acht Jahren entsteht in einem Projekt an der Technischen Universität die Idee zum vollelektrisch angetriebenen Nutzfahrzeug. Gute vier Jahre später testen die Studenten den ersten fahrtüchtigen Pick-up-ähnlichen Prototypen in Ghana: mit hölzernem Armaturenbrett, einfachen Kippschaltern und einem Design, das am ehesten in die Kategorie Trabi passt. Attribute des EVUM-Urgefährts: einfach, robust und harten Umweltbedingungen trotzend. Die Doktoranden glauben an den Erfolg ihrer Kreation und gründen im August 2017 die EVUM Motors GmbH. Danach geht es – zumindest was die Automobilbranche betrifft – Schlag auf Schlag. Gut zwei Jahre später wird das erste Serienfahrzeug auf der IAA vorgestellt. Ende 2020 startet im eigenen Werk in Bayerbach bei Ergoldsbach die Produktion. Seit Februar dieses Jahres sind 32 Fahrzeuge auf der Straße, davon 20 im harten Arbeitsalltag in der Republik, zwei in Äthiopien sowie zwei weitere an der Elfenbeinküste.
„Alles Lowtech, nichts mit Patenten“
Bei all diesen afrikanischen Gelände-Genen verspricht die Testfahrt mit dem First Mover, kurzweilig zu werden. Recht komfortabel, weil breite Türen mit Funkzentralverriegelung, gestaltet sich der Einstieg in das knapp über vier Meter lange N1-Gefährt. Selbst neben einem gestandenen Mannsbild wie Max Schmidt, Vertriebs- und Marketing-Chef bei EVUM, fühlt sich der eher kleiner geratene Chronist in der geräumigen Fahrerkabine alles andere als eingepfercht. Bequeme Sitze mit ausreichend Seitenhalt, in der Mitte angeordnetes Armaturenbrett mit großen Schaltern, die auch mit Handschuhen bedient werden können, gestochen scharfes Display sowie hochwertig anmutendes Kunststoffinterieur vermitteln solides Wohlgefühl. Übrigens, das Cockpit wurde „symmetrisch entwickelt“, klärt Geschäftsführer und Entwickler, Sascha Koberstaedt, auf, um problemlos auch Rechtslenker produzieren zu können. Positiv fallen auch drei große Heizungsauslässe auf. Denn, sollte es mal so richtig zapfig und ungemütlich werden, sorgt eine Bio-Ethanol-Heizung von Eberspächer für Wohlfühlklima. Außerdem gibt es – in Zusammenhang mit der elektrisch beheizbaren Frontscheibe – im Winter rasch klare Sicht. Allein, es fehlt an Ablagefächern, Netzen oder Aufhängemöglichkeiten – dies soll sich jedoch in den kommenden Jahren ändern. Fehlanzeige auch in Sachen Klimaanlage: „Bei Anwendern wird das kaum thematisiert“, sagt Marketingleiter Schmidt. „Außerdem ist sie aufgrund des zu hohen Energieverbrauchs unwirtschaftlich.“