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TECHNIKBERICHT SONDERKRAFTSTOFFE Besser sägen, länger leben

Alternativlos – in wenigen Fällen lässt sich dieses Wort so treffgenau einsetzen, wie beim Einsatz von Sonderkraftstoffen in der professionellen Kettensägen-Anwendung. Welche Vorteile die Kraftstoffe haben und warum sie sich besonders für den kommunalen Einsatz eignen, hat Bauhof-online.de herausgefunden.

Lesedauer: min | Bildquelle: Adobe Stock; Fotolia, Hercutec, Oest, Hercutec, Scharr,
Von: Tim Knott

In der beruflichen Anwendung sind Sonderkraftstoffe für Kettensägen Pflicht. Und das nicht nur in Deutschland, sondern im gesamten DACH-Bereich. Kein Wunder, denn herkömmliches Benzin, mit dem Kettensägen in den vergangenen Jahrzehnten betrieben wurden, weist ein großes Problem auf. „Aufgrund des Verbrennungsvorgangs im Zweitaktmotor kommt es zu sogenannten Spülverlusten, was bedeutet, dass sich ein nennenswerter Anteil unverbrannten Kraftstoffs im Abgas befindet“, berichtet Frauke Brieger, wissenschaftliche Mitarbeiterin der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg. Zusätzlich dazu sind Anwender aufgrund des nahen Auspuffs der Kettensäge einer hohen Abgasbelastung und somit auch dem unverbrannten Kraftstoff ausgesetzt. Verwenden Benutzer hier benzolhaltige Kraftstoffe – wie reguläres Motorenbenzin – führt dies zu einer ernstzunehmenden Gesundheitsgefährdung, da Benzol als hoch krebserregend gilt. Doch auch kurzfristigere Konsequenzen können die Folge sein: So klagten viele Forstarbeiter und sonstige Kettensägen-Anwender in der Vergangenheit über gesundheitliche Probleme, von Kopf- oder Halsschmerzen bis zu Müdigkeit oder Konzentrationsproblemen.

Heute hat sich an diesem Zustand einiges geändert. Auf der einen Seite sind Kettensägen in den vergangenen Jahren immer effizienter geworden. So haben die rechtlichen Vorgaben zur Abgasreduzierung zur Entwicklung der Spülvorlage geführt, welche die schädlichen Spülverluste reduziert. Doch nicht nur das Werkzeug, auch der Treibstoff wurde einer Generalüberholung unterzogen. So sind Sonderkraftstoffe seit Mitte der Neunzigerjahre auch im deutschsprachigen Raum verfügbar. Dabei handelt es sich um sogenanntes Alkylatbenzin, das im Gegensatz zu herkömmlichem Kraftstoff lediglich geringe Benzolwerte von weniger als 0,1 Prozent aufweist und somit deutlich anwendungsfreundlicher ist.

Alkylierung – viel Power bei weniger Schadstoffen

Erreicht werden diese Werte durch den namensgebenden Prozess der Alkylierung. Ausgangsstoff ist dabei das Flüssiggas, das bei der Rohöldestillation entsteht. Dieses wird zu sogenannten Isoparaffinen alkyliert und dadurch wieder verflüssigt. Anschließend wird das Alkylat mit anderen Stoffen zum Benzin gemixt – oder geblendet, wie der Fachmann sagt. Aufgrund der hohen Raffinierungsstufe handelt es sich beim Endprodukt um fast reines Benzin. Das fertige Alkylatprodukt wird schließlich von Herstellern bezogen und unter Beigabe von Motorenöl zum finalen Kraftstoff geblendet. Hierbei können viele Stoffe eingesetzt werden, jedoch sind synthetische oder teilsynthetische Öle am meisten vertreten. Im deutschsprachigen Raum existieren nicht viele Firmen, die Sonderkraftstoffe herstellen können. Deswegen ist es in der Branche nicht unüblich, dass diese für diverse Labels produzieren – nicht nur die firmeneigenen.


 

Hierbei stellt sich unweigerlich die Frage, welche Unterschiede zwischen den Kraftstoffen einzelner Hersteller bei Anwendung im Gerät bestehen. „Tatsächlich sind die Unterschiede da eher gering“, berichtet Motorsägen-Ausbilder Markus Rieger von der Firma Woodcommander. Da der Grundstoff – das Alkylatbenzin – in allen Produkten derselbe ist, lassen sich Mittel verschiedener Hersteller sogar theoretisch mischen und in der Kettensäge einsetzen. „Das ist zwar möglich, allerdings nicht empfehlenswert“, erklärt der Experte, denn ein Qualitäts- sowie Leistungsverlust sei hier nicht ausgeschlossen. „Stattdessen empfiehlt es sich, bei einem Produkt zu bleiben und sich mit dem zu beschäftigen.“ Bei der Suche nach einem geeigneten Sonderkraftstoff können sich Anwender an einer Vielzahl von Zertifizierungen orientieren. Neben der Deutschen DIN 51641 spielen auch die schwedische Norm SS 155461, die Schweizer Norm SN 181163 und dem Siegel des Kuratoriums für Waldarbeit und Forsttechnik e.V. (KWF) eine wichtige Rolle.

In der Anwendung bieten Sonderkraftstoffe einige Vorteile und einen nicht unbeträchtlichen Nachteil: sie sind teurer als herkömmliches Benzin. Das hängt mit der aufwendigeren Herstellung zusammen. Andererseits sind die Stoffe um einiges schonender für die Motoren der Maschinen, weil das reinere Alkylatbenzin sowie die synthetischen Kraftstoffe des Motorenöls fast rückstandslos verbrennen und es deswegen keine Ablagerungen in der Maschine gibt, die den Betrieb beeinträchtigen könnte. Ebenfalls sind die fertig gemischten Sonderkraftstoffe stabil, können also über einen längeren Zeitraum gelagert werden, ohne dass sich die Komponenten wieder entmischen. Ganz abgesehen davon ist das Alkylatbenzin nicht nur ungefährlicher für den Menschen, sondern auch die Natur und damit perfekt für den Einsatz im Forst geeignet. Übrigens: Da die Kette einer Kettensäge aufgrund der Verlustschmierung im Betrieb immer wieder kleine Ölmengen an die Umwelt abgibt, empfiehlt sich zusätzlich zum Sonderkraftstoff auch der Einsatz mit einem biologisch abbaubaren Öl. In vielen Wäldern sind diese ohnehin schon Pflicht.

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