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TECHNIKBERICHT KI Tourenplanung leicht gemacht

Egal ob Winterdienst, Grünschnitt oder Straßenkehren – die Mitarbeiter kommunaler Betriebe und Bauhöfe sind viel unterwegs. Um Zeit zu sparen und vor allem die Dienstpläne der Angestellten einzuhalten, kommt es hierbei auf die optimale Route an. Und das meist für mehrere Fahrzeuge, die zeitgleich unterwegs sind. Wechselnde Wetterbedingungen und Veränderungen im städtischen Umfeld machen es schwer, immer die beste Route für jeden Mitarbeiter zu erstellen. Überstunden sowie erhöhte Kosten sind die Folge. KI-Programme sollen hier Abhilfe schaffen. Doch wie kann die neue Software die Belegschaft unterstützen und was muss bei der Implementierung beachtet werden?

Lesedauer: min | Bildquelle: Tim Knott; Pexels/Markusspiske; Pixabay/Andreas Aux;
Von: Tim Knott

Bauhofleiter kennen das Problem: Wenn der Winterdienst beginnt, müssen bei der Tourenplanung zahlreiche Dinge miteinander in Einklang gebracht werden: Wer kann welches Fahrzeug fahren? Welche Route ist wann am besten befahrbar? Und wie müssen die Fahrzeuge geleitet werden, um in möglichst wenig Zeit möglichst viel Strecke zu räumen und zu streuen? Der entsprechende Fachbegriff aus der Mathematik ist das „Vehicle Routing Problem“, das die Schwierigkeit beschreibt, zahlreiche Aufgaben möglichst effektiv mit mehreren Fahrzeugen zu absolvieren, ohne dabei die eigenen Ressourcen zu überziehen. Mit reiner Mathematik lässt sich bei der Tourenplanung also schon einiges erreichen. Das Problem daran ist nur, dass bei dieser Herangehensweise keine dynamischen Elemente in die Planung mit einbezogen werden, die den Tourenverlauf beeinflussen können, wie das Wetter oder das aktuelle Verkehrsaufkommen. Das schafft nur der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI).

„KI erleichtert den täglichen Einsatz dadurch, dass wir mittlerweile sehr gut prognostizieren können, was auf einer Tour anfallen wird und wo welcher Bedarf bestehen wird“, berichtet Dustin Feld, Geschäftsführer der adiutaByte GmbH. Das Spin-Off des Fraunhofer-Instituts hat sich auf die Kombination von mathematischer Optimierung und Künstlicher Intelligenz spezialisiert. Dadurch lassen sich laut Unternehmen flexiblere Pläne erstellen, in denen Behinderungen durch Baustellen oder Staus in der Stadt antizipiert werden und die Route so angelegt ist, dass Mitarbeiter schnell und vor allem effizient zu ihren Zielen kommen.

Optimierung braucht Daten

Dafür benötigen die Programme jedoch einiges an Daten. Diese lassen sich zum einen bei öffentlich zugänglichen Schnittstellen, wie dem Deutschen Wetterdienst oder Verkehrsflussnetzen erlangen. Der andere Teil kommt aus dem Bestands- oder Tourensystem des Bauhofs. „Im schlimmsten Fall steht das alles auf Zetteln, aber auch das können wir digitalisieren“, berichtet Feld.

So könnte die KI schon aus Wiegedaten wie den benötigten Streugutmengen oder dem transportierten Grünschnitt einer Saison erste Prognosen für kommende Touren errechnen. Auch die vergangenen Wetterdaten und die bisher gefahrenen Routen sind hilfreich für den Algorithmus. Doch selbst wenn keine Datenmengen zur Verfügung stehen, sei es möglich, die KI von Tour zu Tour anzulernen. „Denn manchmal ist es besser, mit einer guten Prognose zu arbeiten als mit nichts“, fasst der KI-Experte zusammen.

Ist erstmal eine solide Datengrundlage gesammelt, sei es für die KI möglich, z.B. die Menge des zu erwartenden Grünschnitts oder im Winterdienst die Menge des Streusalzes einzuschätzen, die für einen Einsatz gebraucht wird. Auch Straßenkehrer wüssten so genau, welche Routen sie aufgrund von verstärkter Verschmutzung mehrmals fahren müssten und welche nicht. Ebenfalls lassen sich mit der künstlichen Intelligenz Wettermodelle erstellen, die für den Winterdienst von Vorteil sind. Ein weiterer Vorteil des KI-Einsatzes: Das Wissen über die Planung einer Region geht bei einem Mitarbeiterwechsel nicht mehr verloren, sondern verbleibt im System.

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Der Algorithmus: mathematische Suche bei intelligenter Optimierung

„Man kann sich nicht vorstellen, wie viele Möglichkeiten es für einen einfachen Anwendungsfall gibt“, berichtet Feld. „Wenn ich nur 60 Aufgaben mit zehn Fahrzeugen verplanen wollen würde, hätte ich mehr Tourmöglichkeiten, als wir Elementarteilchen im Universum haben.“ Der Algorithmus ist deswegen darauf programmiert, die ressourceneffizienteste Route herauszusuchen.

„Mathematik hat die charmante Eigenschaft, dass wir durch diese Modelle sehr schnell wissen, wo wir suchen müssen“, erklärt er weiter. So lasse sich rasch eine geeignete Route finden und unter Hinzunahme der KI-Prognosen optimieren. Ein großer Fokus liege dabei auch auf der Einhaltung der Dienstpläne. „Natürlich müssen die Touren effizient sein, aber es hilft auch nichts, wenn ich die Vorgaben meiner Mitarbeiter reiße.“

Stolperfalle Datenschutz

Doch bei allen Vorteilen bleibt jedoch die Frage nach dem Datenschutz. Ganz wichtig hierbei: die Pseudonymisierung. Innerhalb des Algorithmus werden Personenangaben zu numerischen Werten verschlüsselt, die nur mit einer Übersetzungstabelle wieder entschlüsselt werden können. „Der Algorithmus kriegt niemals mit, welche Person irgendwas gemacht hat“, betont Feld. Doch wie sieht es aus, wenn die Anwender das KI-Programm auf privaten Smartphones nutzen? Dabei ist das Abfließen von Daten nicht ausgeschlossen. „Das ist für mich ein No-Go“, betont Feld. „Es ist aber auch datenschutztechnisch absolut klar, dass Geschäftsdaten nicht auf private Smartphones gehören.“

Ebenso energisch ist der Experte, wenn es um die Kompetenzen einer KI geht, einzelne Personen im Betrieb zu ersetzen: „Was KI niemals können wird, ist ein Team führen, mit den Mitarbeitern interagieren und eine Truppe zusammenhalten.“ Deswegen sei es auch so wichtig, bei der Implementierung Mitarbeiter und Betriebsrat mitzunehmen. Denn ohne den Willen der Mitarbeiter wird bei der KI-Implementierung gar nichts passieren. Spannende Aussichten also, bleibt nur abzuwarten, wie offen die Betriebe für die KI-Lösungen sind.

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