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Sinnvolle Nutzung von automatisierten externen Defibrillatoren (AED) durch Laien zur Frühdefibrillation?

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1. Einleitung
Laut einer Stellungnahme der Bundesärztekammer ist der plötzliche Herztod die häufigste außerklinische Todesursache in Deutschland.
Da die Eintreffzeit des Rettungsdienstes nicht ohne erheblichen finanziellen Aufwand verkürzt werden kann, sollen die Maßnahmen der Frühdefibrillation auch von darin ausgebildetem nichtärztlichem Personal durchführbar sein. Die Industrie trägt dieser Forderung Rechnung, indem halbautomatische externe Defibrillatoren (automated external defibrillator=AED) entwickelt wurden.
Diese Geräte verfügen über ein Analysesystem, welches das EKG des Patienten auswertet und bei Kammerflimmern und pulsloser ventriculärer Tachycardie eine Defibrillation empfiehlt. Der eigentliche Stromstoß muss durch den Anwender mittels Knopfdruck ausgelöst werden.

2. Vor- und Nachteile
Die überwiegende Mehrheit aller Patienten mit plötzlichem Herztod weisen initial ein Kammerflimmern auf. Die einzige wirksame Behandlung im Rahmen der Reanimation stellt die Defibrillation dar.
Je früher die Defibrillation erfolgt, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit des Überlebens ohne bleibende körperliche Schäden. Jede Minute ohne wirksame Reanimation reduziert die Überlebenswahrscheinlichkeit um 10%. Erfahrungsberichte aus aller Welt haben gezeigt, dass

medizinische Laien nach entsprechender Unterweisung im Rahmen der Reanimation die automatisierte externe Defibrillation sicher und erfolgreich durchführen können,
die Überlebensrate dadurch erheblich gesteigert werden kann, wenn durch entsprechendes qualifiziertes Personal die erweiterten Maßnahmen der Herz-Lungen-Wiederbelebung (Intubation, Infusion, Medikation) ergänzt wurden.

Die Defibrillation ersetzt nicht die Aufgaben des Rettungsdienstes, d. h dieser muss zeitgleich verständigt werden. Sie verkürzt die Zeitspanne zwischen Auftreten des Kammerflimmerns und der Defibrillation und erhöht dadurch die Überlebenswahrscheinlichkeit. Eine früh einsetzende Defibrillation im Rahmen medizinischer Nothilfe kann unter definierten Vorrausetzungen auch durch Nichtärzte (z.B. Ersthelfer) mit angemessenem Ausbildungszustand durchgeführt werden. 3. Rechtliche GrundlagenDie Applikation von Stromstößen ist eine invasive Maßnahme und erfüllt nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung den objektiven Tatbestand der Körperverletzung. Da der Anwender um die Wirkungen des Stromflusses weiß, begeht er die Körperverletzung sogar vorsätzlich. Straf- oder zivilrechtlich haftbar kann sich der Helfer aber allenfalls dann machen, wenn die Rettungsmaßnahme nicht gerechtfertigt ist. Entscheidender Rechtfertigungsgrund für eine solche invasive Maßnahme ist die mutmaßliche Einwilligung des zu Rettenden. Es kommt demnach darauf an, ob dieser zum Zeitpunkt der Hilfeleistung einer Defibrillation durch den Helfer zustimmen würde, wenn er hierzu noch in der Lage wäre. Selbstverständlich erwartet der Hilfsbedürftige von dem Bestqualifiziertesten gerettet zu werden. Anfangs kann dies aber auch ein medizinischer Laie sein, sofern dessen Maßnahmen nicht contraindiziert sind. Die ILCOR (International Liaison Committee on Resuscitation) hat in ihren internationalen Reanimationsrichtlinien die Evidenz der Frühdefibrillation durch Ersthelfer als gut bis sehr gut qualifiziert. Der medizinische Nutzen ist demnach nicht in Abrede zu stellen. Berücksichtigung fand dabei auch die Zumutbarkeit für Laien, Menschen zu defibrillieren. Ein AED der heutigen Generation ist einfach anzuwenden und zu warten. Die Bundesärztekammer hat in ihrer "Stellungnahme der Bundesärztekammer zur ärztlichen Verantwortung für die Aus- und Fortbildung von Nichtärzten in der Frühdefibrillation" sowie "Empfehlung der Bundesärztekammer zur Defibrillation mit automatisierten externen Defibrillatoren (AED) durch Laien" allerdings Schranken gesetzt. Ein Laie, der beispielsweise für einen herzkranken Angehörigen einen AED anschafft, ist aber nach dem Willen des Gesetzgebers nicht an diese Vorschriften gebunden.

4. Vorraussetzungen
Vorraussetzung für die Anwendung eines automatisierten Defibrillators durch Laien ist die Ausbildung gemäß des Medizinproduktegesetzes (MPG) und der Medizinprodukte-Betreiberverordnung (MPBetreibV), um die Rechtwidrigkeit der Körperverletzung zu rechtfertigen und den Bestimmungen des MPG in Verbindung mit der MPBetreibV, denen diese Geräte unterliegen, zu entsprechen.
Die Ausbildung der Ersthelfer muss neben den Maßnahmen der kardiopulmonalen Reanimation, auch die Gewähr für eine sachgerechte Handhabung des Defibrillators bieten. Der Betreiber muss gemäß den o.g. Gesetzen durch den Hersteller des Gerätes oder durch eine vom Betreiber beauftragte Person in die sachgerechte Handhabung des automatisierten Defibrillators eingewiesen sein, und es muss ein Gerätebeauftragter, der eine regelmäßige Funktionskontrolle der Geräte durchführt, benannt werden. Laut der o.g. Gesetzgebung hat eine technische Unterweisung durch den Hersteller bzw. seinen Beauftragten zu erfolgen. Der so eingewiesene Mitarbeiter sollte dann als Gerätebeauftragter benannt werden.

Die sachgerechte Anwendung eines AED´s wird im Verbund mit der Herz-Lungen-Wiederbelebung unterrichtet. Je nach Qualifikation der Teilnehmer in der Durchführung der Wiederbelebungsmaßnahmen erfolgt die Aus- und Fortbildung zur Anwendung der Frühdefibrillation in Lehrgängen mit unterschiedlicher Zeitdauer von 2 bis zu 8 Unterrichtsstunden. Die Kosten für die Grundausbildung variieren je nach Anbieter zwischen 20 und 80 Euro. Eine Auflistung aller Anbieter können Sie auf der Website der Björn Steiger Stiftung unter der Initiative "Kampf dem Herztod" im Ausbildungsportal nachlesen: www.kampfdemherztod.de


Die Landesunfallkasse kann die Ausbildungskosten leider nicht bezuschussen. Nach Stellungnahme der Bundesärztekammer vom 26.02.2002 zur ärztlichen Verantwortung für die Aus- und Fortbildung von Laien in der Frühdefibrillation muss die Aus- und Fortbildung von Ersthelfern unter ärztlicher Leitung erfolgen. Der ärztliche Ausbilder muss die Fachkunde im Rettungsdienst besitzen und über eine mindestens dreijährige regelmäßige Einsatzerfahrung im Notarztdienst verfügen.

Mittlerweile wurde dies geändert und es heißt:
Geeignet sind Ärzte mit dem Fachkundeausweis Rettungsmedizin, der Zusatzbezeichnung Rettungsmedizin oder einer vergleichbaren Qualifikation. Ferner müssen die Ärzte eingehende Kenntnisse über die Empfehlungen des Deutschen Beirates für erste Hilfe und Wiederbelebung bei der Bundesärztekammer zur ersten Hilfe besitzen. Der ärztliche Sachverstand ist zur Sicherstellung aktueller medizinischer Standards in die Entwicklung und Fortschreibung der Ausbildungsprogramme sowie Ausbildungsunterlagen (Leitfäden und korrespondierende Medien) verantwortlich eingebunden.
Die Björn Steiger Stiftung fördert den Kauf von AED-Geräten mit einem Herstellerrabatt.

5. Fazit
Die LUK hält den Einsatz von AED's für sinnvoll. Dabei müssen jedoch folgende Bedingungen eingehalten sein:
Verkürzung der Zeitspanne zwischen dem Auftreten des Kammerflimmerns und der Defibrillation
Aus- und Fortbildung der Ersthelfer in Frühdefibrillation entsprechend den "Gemeinsamen Grundsätzen" der Bundesarbeitsgemeinschaft Erste Hilfe
Bei jedem Einsatz des AED ist zeitgleich der Rettungsdienst zu informieren
Die ärztliche Fachaufsicht ist sicherzustellen und ein Schulungsprogramm zu implementieren
Regelmäßige Überprüfung der ordnungsgemäßen Funktionsfähigkeit des Gerätes
Analyse jeder Anwendung des AED im Rahmen eines Qualitätsmanagementprogramms unter fachärztlicher Aufsicht

Dr.med. Christiane Bicker, Landesunfallkasse NRW

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