Mittlerweile ist sich die Forschung einig: Der Klimawandel ist in vollem Gange. Auch die Auswirkungen auf Mitteleuropa sind absehbar. Neben längeren Trockenphasen wird wahrscheinlich die Häufigkeit von Starkregen-Ereignissen zunehmen. Dies stellt die etablierte Stadt-Infrastruktur vor ein Problem. Bei dem hohen Grad an Flächenversiegelung in urbanen Gebieten hat das Regenwasser nur die Kanalisation, um abzufließen. Diese ist jedoch in den seltensten Fällen auf solch eine Belastung ausgelegt und es kommt zu Überschwemmungen. Eine potenzielle Lösung für dieses Problem ist das Prinzip der sogenannten Schwammstadt, die das überschüssige Wasser durch weitläufige Grünflächen aufnimmt und in den darauffolgenden Trockenphasen durch Verdunstung kontrolliert abgibt. Neben der Abwasserthematik wird so auch die Erhitzung der Städte durch die Verdunstungskälte abgemildert. Neben Wiesen und Bäumen gibt es jedoch auch eine Vielzahl an technischen Lösungen für das Schwammstadt-Prinzip. Wie es um das Konzept steht und was der Markt diesbezüglich hergibt, konnten wir auf der diesjährigen GaLaBau-Messe herausfinden.
Rigolen-Konzept: teildurchlässige und durchlässige Materialien
Ziel des Konzeptes ist es, möglichst viele unversiegelte Flächen zu schaffen. In Ergänzung zu Wiesen und Grünanlagen werden jedoch auch teildurchlässige und durchlässige Materialien benötigt, die für festen Untergrund sorgen, gleichzeitig aber immer eine Versickerungsmöglichkeit bieten. Neben entsprechenden Drain-Pflastersteinen, die Wasser durch breite, mit feinem Schotter gefüllte Fugen versickern lassen, findet sich auf der Messe auch ein Pflastersystem, das für einen höheren Wasserdurchfluss sorgen soll. „Aus unserer Überzeugung ist die flächige Versickerung, also Verkehrsflächen offen zu gestalten, die effizienteste, wirtschaftlichste und zugleich auch einfachste Möglichkeit, Wasser dezentral, also vor Ort, zurückzuhalten“, sagt René Hübner, Geschäftsführer der Herstellerfirma Hübner-Lee GmbH. Laut dem Spezialisten sei es den meisten deutschen Belägen nicht möglich, Starkregen adäquat aufzunehmen. Dagegen setzt der Hersteller auf ein Gittersystem aus recyceltem Kunststoff, in das Pflastersteine, aber auch Grünflächen eingesetzt werden können und das eine lastverteilende Funktion aufweist. Dadurch könnten GaLaBauer mit gröberen Schottergemischen arbeiten, die wiederum größere Wassermengen abfließen ließen. Der gesamte Belag fungiere als eine Rigole, die das Wasser zeitversetzt in den Untergrund versickern lässt, so der Firmen-Chef.
Neben dem Versickern ist auch das Verdunsten ein wichtiger Teil des Schwammstadt-Konzeptes. Immerhin sorgt die dadurch entstehende Kälte für ein angenehmes Mikroklima. Dafür findet sich ebenfalls eine technische Lösung, genauer gesagt ein technischer Stein, der wie eine Wiese funktionieren soll. Besonders an dem sogenannten „Klimastein“ ist der dreischichtige Aufbau. Während die ersten beiden Schichten große Mengen an Regenwasser aufnehmen und speichern, dichtet die sogenannte Kapillarschicht den Stein nach unten ab. Das Wasser wird also im Stein gespeichert und kann dort auch in hohen Mengen verdunsten. Laut Herstellerangaben entweicht hier durch eine Ein-m2-Fläche so viel Flüssigkeit, wie durch 50 Stadtbäume.
Auch Beton spielt bei der Schwammstadt eine Rolle: Denn abseits des wasserundurchlässigen Materials, das in den sogenannten „weißen Wannen“ des Tiefbaus benutzt wird, existieren auch offenporige Alternativen, die das Wasser halten, wo es fällt. Laut Herstellerangaben verfügen die Produkte über 15 bis 20 Prozent Hohlraumgehalt, sodass das Wasser vor Ort versickern kann, zumindest wenn das darunter liegende Planum geeignet ist.
Baumkonzept: von der Wahl der richtigen Begrünung
Bei der Bewältigung der Starkregen-Wassermassen spielen Bäume neben dem richtigen Bodenbelag eine untergeordnete Rolle, sind sogar eher die Nutznießer der Schwammstadt. Dennoch sind sie für die Stadtplanung als Sonnenschutz sowie als wichtiger Teil des Mikroklimas von Bedeutung. Doch nicht jeder Baum ist für die Stadt geeignet, wie Hans-Albrecht Thrun von der Baumschule Lorenz von Ehren ausführt. Denn „das städtische Klima hat nichts mit der Natur zu tun.“ Dementsprechend ist es auch nicht verwunderlich, dass Bäume aus dem Wald in Städten von Problemen geplagt sind. Probleme, die mit dem veränderten Klima, dem unzureichenden Platz für das Wurzelwerk und mangelnden Resistenzen gegenüber Streusalz sowie Wärme- und Lichtstrahlungen von Gebäuden zu tun haben. Gerade für heimische Baumarten sei die Stadt ein ungeeigneter Lebensraum. Deswegen haben sich die Experten die Aufgabe gesetzt, geeigneten Ersatz für die Stadtplanung der Zukunft zu finden. „Es wird nie den perfekten Baum geben, aber es gibt eine große Anzahl an Baumsorten, die zukunftsweisend sind“, fährt Thrun fort. Im Fokus stehen dabei vor allem Bäume aus südlicheren Klimazonen, die aufgrund ihrer warmen Herkunftsländer gut mit den kommenden, witterungsbedingten Veränderungen fertigwerden. Beispiele für solche „Migrationsbäume“ seien z.B. der Amerikanische Amberbaum, die Hopfenbuche oder der Lederhülsenbaum.