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REPORTAGE Limburg an der Lahn: Bauhof mit E-Fokus

Kommunale Betriebe versuchen zurzeit, immer CO2-neutraler zu werden. Dabei sind E-Fahrzeuge von zentraler Bedeutung. In diesem Bereich haben die Experten des Bauhofs Limburg an der Lahn in den vergangenen Jahren einige Kompetenzen gesammelt. Vor Ort hat Bauhof-online erfahren, welche Schwierigkeiten bei Anschaffung sowie Betrieb der Maschinen auftreten und welche ungeahnten Vorteile ihr Einsatz bietet.

Lesedauer: min | Bildquelle: Tim Knott
Von: Tim Knott

„Wir bezahlen hier viel Lehrgeld, aber dass wir ein Risiko eingehen, war uns bewusst“, berichtet Bauhofleiter Michael Menier über die Akku-Fahrzeuge, die in Limburg an der Lahn eingesetzt werden. Schon seit 2019 sind die Kommunal-Experten mit den Maschinen unterwegs, und das aus gutem Grund, denn in der Stadt besteht eine hohe Schadstoffbelastung. Ursache dafür ist nicht etwa ein nahes Braunkohlekraftwerk mit defektem Filter, sondern vielmehr die A3 sowie einige Bundesstraßen, die durch das Stadtgebiet führen. Limburg liegt in einem Talkessel, wodurch sich die Abgase des durchfahrenden Verkehrs im Stadtgebiet sammeln. Die Folge: Ein hoher Anteil an Stickstoffoxiden und Feinstaub in der Luft. Deswegen setzen die städtischen Betriebe auf E-Mobile – und der Bauhof ist dabei keine Ausnahme.

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Diese Nutzfahrzeuge bieten zwar einige Vorteile, aber „ich glaube nicht, dass wir unseren Maschinenpark zu 100 Prozent ersetzen können“, berichtet Menier. Für bestimmte Anwendungen ist die E-Technik einfach (noch) nicht geeignet. Im Fokus der Kommunal-Experten steht aber nicht nur die Effektivität, sondern auch das Klima der Limburger Innenstadt, bestätigt Amtsleiter Heinz Weber. „Wir als Kommune müssen da schon vorangehen. Und dazu gehört es manchmal auch, die Politik zu erinnern: ‚Ihr wolltet das so, darum kosten die Maschinen etwas mehr‘.“

E-Maschinen: wenige Transporterlösungen auf dem Markt

Speziell für reine E-Transporter müsse viel Geld in die Hand genommen werden und die Auswahl sei limitiert, so Menier. „Besonders als Pritsche gibt es wenig“, berichtet der Bauhofleiter. Anstatt sich auf die Hersteller zu verlassen, setzen die Kommunal-Experten auf E-Umbauten von kleineren Unternehmen. Für den Transport innerhalb des Stadtgebietes sind die Elektro-Nutzfahrzeuge sehr gut geeignet, bei anderen Anwendungen wird es dagegen schwierig. Zwar bestehen beim Unternehmen Orten Electric Trucks derzeit Pläne für den Umbau eines Unimog auf E-Technik, Menier ist jedoch skeptisch, was die Kapazitäten betrifft. Rein als Transportfahrzeug lasse sich das Gerät sicher einsetzen. Arbeiten mit einem hohen Energiebedarf wie Kehren oder Mulchen ließen sich schwieriger realisieren, da die Batterie hierdurch zu schnell entladen wird. Auch in anderen Bereichen ist der Markt noch nicht so weit. So seien z.B. elektrisch betriebene Allrad-Fahrzeuge für den Winterdienst noch nicht vorhanden.

 

Doch abgesehen vom limitierten Angebot ist auch die Anschaffung der Fahrzeuge nicht immer ganz einfach. Hier kommt es vor allem auf die Total Cost of Ownership (TCO) an, also die totalen Kosten, die durch Eigentum, Gebrauch und Wartung entstehen. Menier ist dabei besonders vorsichtig und rechnet diese bei Herstellerangeboten immer selbst nach. „Denn manche Hersteller scheinen da selbst nicht ganz zu wissen, was los ist“, berichtet er. In der Vergangenheit sei ihm bei einer E-Maschine schon ein Standardwartungsvertrag für einen Benziner übersendet worden. Und Wartungskosten von Verbrennern sind in der Regel immer höher, als bei den Akku-Fahrzeugen. Seitdem sieht der Limburger bei Ausschreibungen genauer hin.


 

E-Maschinen werden gut angenommen

Dagegen war bei den Mitarbeitern des Bauhofes keine Überzeugungsarbeit nötig, um auf die E-Fahrzeuge umzusteigen. „Ich habe schon vor zehn Jahren gesagt, dass man mehr in diese Richtung denken soll“, berichtet Gärtner Thomas Foitzik. Er ist nun mit einem E-Sprinter Doka unterwegs und damit sehr zufrieden. „Das Fahrgefühl ist super, und ich habe jetzt keinen Stress mehr mit irgendwelcher Tankerei.“ Einziger Nachteil: „Reinspringen und losfahren ist nicht.“ Die E-Umbauten sind mit einem Bordcomputer ausgestattet, der erst hochgefahren werden muss, was circa zwei Minuten dauert. Abgesehen von den beiden E-Sprintern, verfügt der Bauhof über eine Orten E 46 Gazelle, einen Renault Kangoo E-Tech sowie zwei Streetscooter. Letztere bereiteten zurzeit die größten Sorgen, wie der Bauhofleiter berichtet. Hauptkritikpunkte sind hier die schlechte Lüftung sowie die unzureichende Heizung. Gerade im Winter würden die Scheiben ständig beschlagen.

Von schwerwiegenderen Nachteilen können die Kommunal-Experten allerdings nicht berichten. Erwartungsgemäß verringert sich die Laufzeit der Maschinen bei Kälte. „Bei einer Maschine mit einer Reichweite von 220 km bleiben dann vielleicht noch 160 übrig“, berichtet Menier. „Aber auch damit können wir leben.“ Bisher sei auch erst ein Fahrzeug auf dem Rückweg in den Bauhof aufgrund zu wenig Ladung liegengeblieben. „Mehr als ein Viertel muss schon noch im Akku sein, wenn man es mit den Maschinen aus der Stadt zurückschaffen will, aber das sind alles Lerneffekte“, erklärt der Bauhofleiter grinsend. Eine andere Eigenschaft der Fahrzeuge eignet sich allerdings sehr gut für den Einsatz im Winter: So sind die Maschinen deutlich weniger anfällig für Korrosion durch Streusalz. Denn aufgrund des fehlenden Motors befinden sich weniger Öffnungen und Teile am Boden eines E-Fahrzeugs und somit besteht auch weniger Angriffsfläche für das Salz. Bei Verbrennern sieht dies anders aus.

Erzeugt wird der benötigte Strom über PV-Anlagen, die auf den Dächern der Gebäude verteilt sind. Allerdings werden diese nicht vom Bauhof selbst betrieben, sondern von der Energieversorgung Limburg (EVL), an die die Dächer verpachtet sind. Deshalb kann der Betrieb den Strom günstiger beziehen. „Für einen Tag sind wir autark, es sei denn, es ist schlechtes Wetter“, schließt Menier.

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