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München: "Unsere Kosten explodieren"

Oberbürgermeister Christian Ude: Die Koalition muss den Kommunen helfen - vor allem den armen

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Der Bedarf an städtischen Investitionen wird in den kommenden Jahren gewaltig zunehmen. Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) rechnet damit, dass München statt wie bisher etwa 500 Millionen Euro pro Jahr das Doppelte, also eine Milliarde Euro, ausgeben müsse. Er fordert Hilfe vom Bund für die Städte, vor allem für die ärmeren unter ihnen.

Es gibt Städte, deren Sorgen andere Kommunen gerne hätten. Halle, Magdeburg, Wuppertal würden sich glücklich schätzen, wenn sie sich mit Problemen wie dem Umbau des Lenbachhauses durch den Stararchitekten Norman Foster beschäftigen müssten oder anderen Projekten, für die München sehr viel Geld ausgeben will. "Wir haben ein echtes, oft übersehenes Problem", sagt Oberbürgermeister Christian Ude (SPD), der auch Präsident des Deutschen Städtetages ist - "nämlich eine tief gespaltene Landschaft bei den deutschen Kommunen". Auf "mindestens 20 Prozent" schätzt Ude den Anteil der armen Schlucker, "denen wir unsere Solidarität nicht verweigern dürfen".

Wenn der Staat via Konjunkturpaket helfe, werde das Geld dort am dringendsten benötigt - etwa dadurch, dass man klamme Kommunen davon befreie, zu staatlichen Zuschüssen einen Eigenanteil beisteuern zu müssen, denn oft sei in den Rathäusern nicht einmal dafür das Geld da. Das Konjunkturprogramm soll auf Wunsch der SPD auch einen "Deutschlandfonds" für kommunale Investitionen enthalten. Das Deutsche Institut für Urbanistik (Berlin) schätzt den Investitionsstau in den Städten auf 75 Milliarden Euro.

München hat freilich seine eigenen Sorgen. Einen Investitionsstau wie in den armen Kommunen, wo Straßen, Schulen, Kindergärten oft seit vielen Jahren auf dringend benötigte Sanierungen warten, gibt es zwar in kleinerem Umfang durchaus auch in München (siehe Beitrag oben), das wirkliche Problem heißt hier laut Ude aber vor allem: "Bedarfsexplosion". Will sagen: Zwar ist die öffentliche Infrastruktur gut, doch die kommunalen Aufgaben wachsen so dramatisch, dass die Stadt jährlich doppelt so viel wie bisher investieren müsste, um mitzukommen - nämlich statt wie bisher 500 bis 600 Millionen Euro mindestens eine Milliarde pro Jahr.

Neben den großen Kostenpunkten Sanierung des Lenbachhauses (50 Millionen Euro), des Deutschen Theaters (70 Millionen) und der alten Großmarkthallen (100 Millionen) hat Ude vor allem der Ausbau der Kindertagesstätten und der Mittagsbetreuung und -speisung an den Schulen sowie die bessere Wärmedämmung von Häusern im Blick. Bei fast zwei Drittel des Münchner Häuserbestands, vor allem vielen Bauten aus den ersten Jahrzehnten nach dem Krieg, sei eine solche, Energie einsparende Sanierung nötig. Die dafür vom Bund für das gesamte Land vorgesehenen 300 Millionen Euro reichten "nicht im mindesten" aus, nicht bundesweit und auch nicht in München, erklärte der OB: Die Nachfrage sei so groß, dass das Programm bereits jetzt mehr als "elffach überzeichnet" sei, Bauherren also bereits elf Mal mehr Fördermittel beantragt hätten als vorhanden seien.

Von den zwischen den Bundesparteien noch strittigen Steuerentlastungen hält Ude wenig: "Das nutzt der Wirtschaft kaum, treibt die öffentlichen Haushalte aber weiter in die Verschuldung - Ergebnis: Der Staat inklusive der Kommunen hat noch weniger Handlungsmöglichkeiten." Als Oberbürgermeister hat Christian Ude aber noch eigene Wünsche an den Bund - "dass dieser seine eigenen Investitionen in München nicht länger aufschiebt, sondern endlich Gas gibt". Dies gelte vor allem für die zweite S-Bahn-Röhre und den neuen Hauptbahnhof, der nach Udes Vorstellungen vor den Olympischen Winterspielen 2018, um die sich München bewirbt, fertig sein sollte.

Quelle: sueddeutsche.de

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