Spätestens 2011 ist es soweit. Dann wird bei den Europäischen Abgasbestimmungen eine neue Phase in Kraft treten. Das heisst: alle grossen Motoren (ab 130 kW/174 PS) müssen dann die Abgasnorm der Stufe IIIB erfüllen. Das Gleiche gilt ein Jahr später für die unteren PS-Klassen. Die Hersteller von Traktormotoren sind also gefordert.
Eine erste Lösung hat nun Massey Ferguson parat. Der Traktorenhersteller aus dem Hause Agco wird diesen Herbst den weltweit ersten Traktor präsentieren, der über die so genannte SCR-Technologie verfügt. Mit SCR (selective catalytic reduction) bezeichnet man die Technik der selektiven katalytischen Reduktion von Stickoxiden in Abgasen. Zum Einsatz kommt die SCR-Technik etwa bereits in Müllverbrennungsanlagen, Industrieanlagen aber auch bei Motoren. So setzen etliche LkW-Hersteller, die ab 2009 die Abgasstufe Euro 5 erfüllen müssen auf SCR. Darunter Mercedes Benz, Volvo und DAF-Trucks.
Benötigt AdBlue
Um funktionieren zu können, benötigt der SCR-Katalysator Ammoniak. Dieser Ammoniak wird nicht in reiner Form verwendet, sondern in Form einer 33%igen wässrigen Harnstofflösung mit der handelsüblichen Bezeichnung AdBlue. Das AdBlue wird vor dem SCR-Katalysator in den Abgasstrang eingespritzt. Dort wandelt sich das AdBlue in Ammoniak um und kommt zusammen mit den Abgasen in den SCR-Katalysator, der seinerseits die schädlichen Stickoxide (NOx) zu Stickstoff (N2) und Wasser (H2O) umwandelt. Das Resultat ist erstaunlich: aus dem Auspuff kommen bis zu 60 Prozent weniger Stickoxide, rund 80 Prozent weniger Russpartikel und bis zu 7 Prozent weniger Kohlendioxide.
Kein Mehrverbrauch
Ein weiterer Vorteil ist, dass mit dem SCR-Verfahren im Gegensatz zum Partikelfilter oder der externen Abgasrückführung nicht mehr Diesel verbraucht wird. Grund dafür ist: weil nur die Abgase «behandelt» werden, kann der Motor mit hohen Verbrennungstemperaturen arbeiten und somit den Wirkungsgrad voll ausnutzen. Durch die externe Abgasrückführung und die Senkung der Verbrennungstemperatur, wie sie zur Erfüllung der heute gültigen Abgasstufe IIIA oft angewandt wird, sinkt zwar der Stickoxidausstoss, durch dieses Verfahren erhöht sich aber auch der Dieselverbrauch und der Ausstoss an Russpartikeln. Mit dem SCR-Katalysator lasse sich laut Massey Ferguson rund 5 Prozent Treibstoff gegenüber den heute gängigen Systemen einsparen.
Zusätzlicher Tank
Der wesentliche Nachteil bei der Verwendung der SCR-Technologie ist die Notwendigkeit eines zusätzlichen Tanks für das Mitführen der Harnstofflösung AdBlue. Beim Traktor von MF ist dieser neben dem Dieseltank beim linken Einstieg angebracht. Der Tank, der rund 52 Liter fasst, muss bei jedem zweiten Dieseltanken mit AdBlue gefüllt werden.
Die Verfügbarkeit des ungiftigen AdBlue ist kein Problem. In der Schweiz bieten verschiedene Mineralölfirmen das Reduktionsmittel in diversen Behältern an. Bei der Migrol etwa kostet ein Liter AdBlue im 210-Liter-Fass zurzeit 95 Rappen (exkl. MwSt.). Im 1000-Liter-Gebinde (doppelwandig) kostet der Liter 77 Rappen. MF schreibt, dass 1000 Liter AdBlue zur Behandlung von 20000 Liter Diesel ausreiche.
Citius-SCR von Sisu
MF wird den SCR-Katalysator beim neuen Flaggschiff 8690 mit 272 kW (370 PS) einsetzen. Seine Premiere hat der Grossschlepper im September an der Messe Innov-Agri in Frankreich. Hersteller des 8,4-l-Motors mit Namen «Citius-SCR» ist der finnische Motorenkonzern Sisu. Zu erwarten ist, dass auch andere Traktorenhersteller auf die SCR-Technologie setzen werden.
Quelle: schweizerbauer.ch