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Marketingleiter Matthes: Georg Wiedenmanns Tüftlergeist „ist bis heute ein integraler Bestandteil der Firmen-DNA“

Die Wiedenmann Gruppe gilt als einer der führenden Hersteller von Maschinen für Rasenpflege, Schmutzbeseitigung und Winterdienst. Rund 120 Maschinentypen umfasst das Lieferprogramm für Kommunen, Sport- und Freizeitanlagen sowie Lohndienstleister.

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Von: Michael Loskarn

Gertrud und Georg Wiedenmann haben sich bei der Firmengründung 1964 bestimmt nicht träumen lassen, dass ihre Rasenpflegemaschinen gut fünf Jahrzehnte später einmal in acht von zwölf russischen WM-Stadien ihren Dienst verrichten. Den Grundstein hierzu haben die beiden jedenfalls mit ihrem Leitsatz „nur das Beste für den Kunden“ gelegt – und selbstredend mit ihrem schwäbischen Unternehmergeist. Rund 56 Jahre danach leiten die Söhne Jürgen, Horst und Uwe ein Millionen-Unternehmen. Zu einem der führenden Maschinenhersteller weltweit im Bereich Natur- und Kunstrasen hat sich die Wiedenmann-Gruppe zwischenzeitlich gemausert. Im Gespräch mit Oliver Matthes, Leiter Vertrieb und Marketing, hat Bauhof-online.de erfahren, ob der Tüftlergeist à la Georg Wiedenmann heute noch den Unternehmensalltag prägt, warum die Kommunalsparte erst nahezu gen Null gefahren wurde, nur um sie in der jüngeren Vergangenheit wiederzubeleben, welches die umsatzstärksten Produkte sind, oder, ob sich die Auswirkungen des Coronavirus selbst im schwäbischen Rammingen bereits bemerkbar machen.

Herr Matthes, seit mehr als 55 Jahren besteht die Wiedenmann GmbH mit Sitz in Rammingen, nordöstlich von Ulm. 1964 begann alles mit der nahezu revolutionären Rasenkehrmaschine WI, bei der bereits die Hochentleerung eingebaut war. Welchen Stellenwert nimmt dieser Tüftlergeist von damals im heutigen Unternehmensalltag ein?

Oliver Matthes: Den hohen Bekanntheitsgrad und das gute Image der Marke Wiedenmann verdankt unser Unternehmen weniger einem ausgefeilten Marketingkonzept aus den Anfangszeiten als vielmehr der Hochwertigkeit, Langlebigkeit und Benutzerfreundlichkeit unserer Produkte, die seit jeher unser Markenbild geprägt haben. Insofern hat auch der Tüftlergeist, den Sie ansprechen, bis zum heutigen Tage eine große Bedeutung für uns und ist ein integraler Bestandteil unserer Firmen-DNA.

Bis Mitte der 1970er-Jahre lag der Produktionsschwerpunkt auf Rasenkehrmaschinen. Bereits 1974 kam die Schnee- und Schmutzbeseitigung hinzu, dann in den 1980er-Jahren die Gras- und Laubsauger und 1990 der Kommunallader. Weshalb hat Ihr Unternehmen in der jüngeren Vergangenheit die Produktpalette im Bereich Kommunaltechnik nahezu komplett gen Null gefahren?

Matthes: So würde ich das nicht ausdrücken wollen, denn hinter dem verringerten Engagement bei der Kommunaltechnik steckte keine strategische Absicht, sondern sie war eher der überproportional steigenden Nachfrage nach unseren Produkten im Bereich der Sportrasenpflege und -regeneration geschuldet. Daher war es folgerichtig, den Fokus stärker auf diese Wachstumsfelder auszurichten, zumal dies auch vor dem Hintergrund unserer zunehmenden Internationalisierung geboten war. Anders als in unseren Kernmärkten in der DACH-Region spielt die Kommunaltechnik vor allem in unseren außereuropäischen Märkten nämlich nur eine geringe Rolle. Dort, wo wir mit unserem Kommunalprogramm eine gute Marktstellung einnehmen, wollen wir diese unbedingt behalten und eher wieder ausbauen. Das können Sie gut daran erkennen, dass wir unser Produktangebot in der Kommunaltechnik ab diesem Jahr wieder deutlich erweitert haben.

Seit rund zehn Jahren setzen Sie wieder auf Innovation in Sachen Problemlösung der orangen Branche: vom Snowmaster über den Ice Master bis hin zum Vario Flex Kombi-Federklappenräumschild oder zur Straßenkehrmaschine als Anbaugerät reicht die Palette. Wie kam es zu diesem Sinneswandel?

Matthes: Wie gesagt, es gab Zeiten, in denen wir unsere Innovationskraft fast ausschließlich in die Rasenprodukte gesteckt haben. Grundsätzlich ist es jedoch unser Ansinnen, in jedem Marktsegment, das wir bedienen, unserem eigenen Anspruch gerecht zu werden. Und dieser Anspruch ist es, unseren Kunden Produktlösungen an die Hand zu geben, die ihre Arbeit maximal einfach, effizient und sicher machen. Dazu braucht es kontinuierlich Innovationen, kleine und große, vor allem aber sinnvolle. Denn, nur wenn eine Neuerung dem Anwender einen zusätzlichen Nutzen bringt, hat sie bei uns auch die Chance auf eine Realisierung.

Klar im Fokus steht bei Wiedemann die Rasenpflege, die sich grob in die Geschäftsfelder Naturrasen und Kunstrasen unterteilt. Den Bereich Reinigung und Aufnahme, der die Geschäftsfelder Schmutz und Schnee sowie Gras und Laub umfasst, könnte man als Ihren Kommunalsektor betrachten. Wie verhalten sich denn die Umsatzanteile zueinander?

Matthes: Diese Frage ist nicht pauschal, sondern lediglich differenziert zu beantworten. Wie bereits ausgeführt, ist der Stellenwert der „klassischen“ Kommunaltechnik in den deutschsprachigen Ländern hoch und trägt rund ein Drittel zu unseren dortigen Umsätzen bei. Im restlichen Europa sprechen wir von einem niedrigen zweistelligen Prozentsatz, den die Kommunaltechnik ausmacht, außerhalb Europas ist der ihr Anteil nur marginal. Diese Aussagen gelten im Rahmen der Definition des „Kommunalsektors“, wie Sie sie beschrieben haben. Allerdings wird eine ursprünglich für den Sportplatz konzipierte Rasenkehrmaschine ja auch oft von Kommunen bzw. in der Kommune auch für ganz andere Zwecke (z.B. für die Reinigung von Grünflächen in öffentlichen Freibädern) eingesetzt. Ebenso können Rasenmäher sowohl der Rasenpflege als auch der Kommunaltechnik zugeordnet werden, und selbst unsere Terra-Spike-Tiefenlüfter werden vielfach von kommunalen Bauhöfen genutzt, wenn diese mit der Pflege und Regeneration von Sportrasenflächen mandatiert sind. Insofern sind die Grenzen zwischen den Segmenten also durchaus fließend, und unser alleiniges Interesse ist es letztlich, dass unser Kunde mit seinem Arbeitsergebnis zufrieden ist.­­


Exportiert wird heutzutage in mehr als 40 Länder und auf alle Kontinente, Ihre Exportrate liegt bei rund 70 Prozent. Wie verhalten sich die Umsatzanteile in Bezug auf die jeweiligen Ländermärkte?

Matthes: Unser mit Abstand wichtigster Auslandsmarkt sind die USA, der zusammen mit unserem größten Einzelmarkt Deutschland für die Hälfte unseres Umsatzes steht. Danach folgen Frankreich und das Vereinigte Königreich mit einem jeweils vergleichbar hohen Umsatzanteil. Die übrigen Umsätze verteilen sich auch in etwa gleich auf den Rest Europas und den Rest der Welt.

Vor gut 20 Jahren startete Ihr „Nordamerika-Experiment“: Wie sind Sie zwischenzeitlich mit den Geschäften in Übersee zufrieden? Haben sich beispielsweise die Ende 2019 erhobenen Strafzölle der USA oder auch der Brexit auf Ihr internationales Geschäft ausgewirkt?

Matthes: Aus dem ursprünglichen „Experiment“ hat sich zwischenzeitlich ein sehr solides, profitables und weiterhin wachsendes Geschäft entwickelt, was wir mit einem gewissen Stolz zum Ausdruck bringen, denn das gelingt nicht jedem deutschen oder europäischen Hersteller über „dem großen Teich“. Glücklicherweise haben die Strafzölle bislang keinerlei negativen Einfluss auf unsere Geschäftsentwicklung in Nordamerika gehabt und auch durch den Brexit haben wir keinen wirtschaftlichen Schaden erleiden müssen. Nichtsdestotrotz ist das Management von Wiedenmann UK froh, wenn die im Verlauf des Jahres 2019 erlebten Unsicherheiten rund um den Brexit ein Ende haben und somit wieder generell ein investitionsfreundlicheres Umfeld entsteht.

Und nun der Blick auf die Produktebene: Welches sind eigentlich Ihre Cash Cows?

Matthes: Da haben wir Gott sei Dank nicht nur einzelne, sondern eine ganze Herde. Namen wollen wir da keine nennen, aber ich verrate bestimmt kein Geheimnis, wenn ich Ihnen sage, dass die Rasenkehrmaschinen, mit denen Wiedenmann ja groß geworden ist, auch heute noch eine hohe wirtschaftliche Bedeutung für uns haben.

Im vergangenen Jahr haben Sie auf der demopark mit dem Großflächenmäher Tri Cut 490 für einen Paukenschlag in pink gesorgt. Nun geht der „Mega-Mäher“ in Serie. Was hat zu dieser Entscheidung geführt, und wo sehen Sie Ihre Marktchancen in Hinblick auf die Kommunalbranche?

Matthes: Nun, leider konnte ich mich mit der pinken Farbe für das Serienprodukt nicht durchsetzen. Aber, Spaß beiseite, auf der demopark hat sie ihren Zweck überaus gut erfüllt, denn wir haben das erreicht, was wir wollten, nämlich ein Maximum an Aufmerksamkeit. Die daraus resultierenden, vielen guten Gespräche mit interessierten Kunden haben uns dann dazu bewogen, aus dem Konzeptmäher einen Prototypen und daraus einen Serienmäher zu entwickeln. Dabei bewerten wir unsere Marktchancen gerade in der Kommunalbranche als ausgesprochen gut, denn der Tri Cut 490 erlaubt dem Bauhof, der eine Vielzahl von Flächen zu bearbeiten hat, nicht nur eine sehr effiziente Flächenleistung, sondern auch einen schnellen Transport von A nach B. Vor allem Letzteres ist mit selbstfahrenden Mähern so nicht darstellbar, da sie eher für den Einsatz auf einer begrenzten Fläche ausgerichtet sind.

Wie laufen bei Ihnen Forschung und Entwicklung ab, und wie hoch sind die durchschnittlichen Entwicklungszeiten bzw. -kosten je Neuprodukt?

Matthes: Ganz vorne bei unseren Überlegungen im Bereich F&E steht immer der Kunde, der Anwender. Nur wenn wir für ihn ständig ein offenes Ohr haben und einen fortwährenden Austausch mit ihm pflegen, können wir verstehen, wo er Probleme hat, für die er Lösungen benötigt. Deshalb ist gelebte Kundennähe für uns nicht nur ein Schlagwort, sondern ein wichtiger Erfolgsfaktor und Impulsgeber für die Entwicklung von Neuprodukten. Durchschnittswerte für Entwicklungszeiten und -kosten kann ich Ihnen nicht nennen, da diese sehr stark variieren können und ein Durchschnittswert somit nicht wirklich aussagekräftig wäre. Eine komplette Neuentwicklung vom Reißbrett bis zur Markteinführung kann durchaus zwei Jahre dauern und einen sechsstelligen Betrag kosten. Aber auch eine kleine Produktverbesserung, die den Kundennutzen deutlich erhöht, kann sehr wertvoll sein. Und eine solche Verbesserung ist dank unserer kontinuierlichen Modellpflege und hausinternen Versuchsabteilung oft sehr kurzfristig umsetzbar und kostet nur kleines Geld.

Nach glaubhaften Schätzungen setzte die Wiedenmann GmbH im vergangenen Jahr 98 Millionen Euro um. Auf welchem Niveau bewegt sich der Investitionsanteil – bezogen auf den Jahresumsatz?

Matthes: Sie werden Verständnis dafür haben, dass ich keine Geschäftszahlen kommentieren möchte, aber gehen Sie davon aus, dass wir rund ein Zehntel unseres Jahresumsatzes regelmäßig in die Entwicklung von neuen Produkten investieren. Dazu kommen punktuelle Investitionen in die Bereiche Fertigungstechnologie, Gebäude und vor allem auch in unseren wichtigsten Asset, in unsere Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen.

Was wird die Zukunft der Wiedenmann GmbH bringen, bzw. wie sehen die kurz- und mittelfristigen Unternehmensziele aus?

Matthes: Natürlich beschäftigen wir uns nicht nur mit den Themen, die speziell in den Branchensegmenten diskutiert werden, in denen wir unterwegs sind, sondern auch mit den allgemeinen, globalen Megatrends. Dort sehen wir insbesondere in den Gebieten „Konnektivität“, „E-Mobilität“, „Gesundheit“ und „Ökologie“ Impulse und Anforderungen, die relevant für die weitere Entwicklung unseres Unternehmens und unserer Produkte sind. So haben wir kurzfristig mit unserem gezogenen Core Recycler eine innovative Maschine am Start, die Maßstäbe im Bereich der Nachhaltigkeit setzt, da sie u.a. ein Recycling von bis zu 80 Prozent der aus aufgenommenen Erdkegeln gewonnenen Mineralstoffe ermöglicht. Langfristig wollen wir weitere Produkte in Verbindung mit den genannten Trends auf den Markt bringen und somit unser Unternehmen auch langfristig auf Wachstumskurs halten, ökonomisch und ökologisch ausgewogen.

OECD und BDI schlagen Alarm und sprechen von massiven Auswirkungen des Coronavirus auf die Weltwirtschaft bzw. die deutsche Wirtschaft. Sind Sie bei Wiedenmann in irgendeiner Form durch das Virus beeinflusst? Wird es sich aus Ihrer Sicht auf die Kommunalbranche bzw. auf Ihr ureigenes Business negativ auswirken?

Matthes: Sehr gerne würde ich diese Frage verneinen, aber realistisch gesehen wird das Coronavirus definitiv negative Auswirkungen auf unser Geschäft und die Kommunalbranche haben. Es werden hie und da Mitarbeiter persönlich betroffen sein, es wird weniger bis keine Vorführveranstaltungen mehr geben, und es werden in den Kommunen vermutlich andere Themen als Neuanschaffungen für den Maschinenpark im Vordergrund stehen. Lassen Sie uns bei allen berechtigten, wirtschaftlichen Interessen gemeinsam hoffen, dass vor allem die Gesundheit möglichst vieler Menschen von dem Virus nicht in Mitleidenschaft gezogen werden möge.

Fakten zu Wiedenmann:

  • Anzahl der Mitarbeiter: ca. 245
  • Geschäftsführer: Jürgen Wiedenmann, Uwe Wiedenmann, Horst Wiedenmann
  • Sitz: Rammingen bei Ulm (Hauptsitz); Niederlassungen in Beled, Ungarn sowie Savannah, USA
  • Gründungsjahr: 1964
  • Produktionsflächen: Deutschland ca. 24.000 m2; Ungarn ca. 11.000 m2

Interview: mil – Redaktion Bauhof-online.de

Bilder: Wiedenmann

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