Partner

Kommunen wollen Google abkassieren

Hannover. „Google vermarktet ganze Städte ohne Rechtsgrundlage“, sagt Thorsten Bullerdiek vom Niedersächsischen Städte-und Gemeindebund (NSGB). Die Kamerafahrten des Internet-Konzerns über öffentliche Straßen müssten künftig von den Kommunen genehmigt werden. Auch Gebühren könnten verlangt werden, fordert der Verband. Von Kurt-Peter Christophersen

Lesedauer: min

Noch bis Ende des Jahres will Google seinen Dienst „Google Street View“ auch für Deutschland anbieten. Schon jetzt können die Nutzer in den USA und einigen europäischen Ländern Straßen und Häuser dreidimensional auf dem Bildschirm betrachten.

Im März und April fahren die Google-Wagen wieder durch niedersächsische Städte. Sie versetzen Politiker in Aufregung. So forderte Bundesverbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU), dass das Unternehmen die Erlaubnis eines jeden Bürgers holen muss, bevor dessen Haus, Auto, Grundstück oder er selbst für „Street View“ fotografiert werden.

Die Vorab-Erlaubnis wäre so aufwändig, dass das Projekt sich nicht mehr realisieren ließe, meint der Hannoveraner Rechtsinformatiker Nikolaus Forgo. NSGB-Sprecher Bullerdiek verteufelt die 3-D-Aufnahmen nicht in Bausch und Bogen: „Sie sind für die Tourismuswerbung toll“.

Da Google aber öffentliche Wege und Gebäude ebenso kommerziell verwerte wie private Wohnungen, müsse der Bundestag eine „vernünftige Rechtsgrundlage“ schaffen, fordert Bullerdiek.

Eine Sondernutzungsgebühr für die Kamerawagen, wie sie die Stadt Ratingen bei Düsseldorf beschlossen hat, hält der Kommunalexperte für problematisch. Die Google-Fahrzeuge würden wie alle anderen Autos über die Straßen rollen.

Der Niedersächsische Städtebund nennt auch andere Gründe für eine Gebühr: „Die Straßen und Plätze werden aus Steuermitteln finanziert, wer sie kommerziell verwerten will, muss dafür zahlen“, sagt Bullerdiek. So könnte eine Stadt Gebühren verlangen, wenn die Google-Fahrzeuge mehr als zehn Kilometer ihrer Straßen für Fotos nutzen.

Auch Privatleute müssten sich gegen die Google-Aufnahmen wehren können, meint Bullerdiek. Schließlich seien die Kameras auf 2,50 Meter hohen Stativen montiert. Sichtschutzzäune dürfen nach dem Baurecht nur 1,80 Meter hoch sein. Kein Hindernis für die Späher von Google.

 

Unkenntlich im Netz

Schon 19 Länder sind von Google für den Internet-Dienst „Street View“ erfasst worden. Die Nutzer können virtuell durch die Straßen spazieren und sich Häuser und Gegend angucken. Wer von vornherein ausschließen will, dass sein Haus, Auto oder er selbst auf den Fotos erscheinen, kann Widerspruch einlegen bei streetview-deutschland@google.com. Die gleiche Möglichkeit gibt es bei schon veröffentlichten Bildern. Google versichert, dass alle Gesichter und Autonummern unkenntlich gemacht werden.

[0]
Socials

AKTUELL & SCHNELL INFORMIERT