Die gute Wirtschaftsentwicklung hat die Einnahmen der Städte und Gemeinden stärker als erwartet wachsen lassen. Erstmals seit 2000 seien sie wieder höher als die Ausgaben, berichtete Städtetags-Präsident Christian Ude am Freitag. Auch der seit Jahren anhaltende Rückgang der Investitionen sei gestoppt worden. Stadtentwicklungsminister Wolfgang Tiefensee kündigte Gespräche über einen Investitionspakt von Bund, Ländern und Kommunen an.
Der Münchner Oberbürgermeister Ude (SPD) berichtete, die Einnahmen seien insgesamt um 4,6 Prozent gestiegen, die Steuereinnahmen allein um 11,6 Prozent auf 60,6 Milliarden Euro. Mit einem Plus von 6,3 Milliarden Euro seien die Erwartungen um mehr als fünf Milliarden Euro übertroffen worden. Motor der positiven Entwicklung sei die Gewerbesteuer mit einer Zunahme um 18,7 Prozent auf 27,8 Milliarden Euro.
Als dramatisch hoch bewertete der Städtetag die kurzfristigen Kredite, die allein bis Ende September 2005 um 3,9 auf 27,6 Milliarden Euro gestiegen seien. Finanzschwache Kommunen müssten weiterhin Kassenkredite zur Deckung laufender Ausgaben aufnehmen. Seit 2006 habe sich die Summe dieser Kredite vervierfacht.
Ude sagte, bei den Investitionen bestehe ein großer Nachhol- und Sanierungsbedarf, etwa im Straßenbau und in Schulen. Der 2006 verzeichnete Anstieg um 1,3 Prozent auf 18,8 Milliarden Euro liege allerdings auf sehr niedrigem Niveau. 1992 lagen die kommunalen Investitionen noch bei 33 Milliarden Euro. Für 2007 ist ein Anstieg um 3,7 Prozent angepeilt.
Ude sagte, München habe 2006 bei den Gewerbesteuereinnahmen einen Rekord in der Stadtgeschichte erlebt und sei in der Lage, sogar Schulden abzubauen. Auch Frankfurt und Düsseldorf können sich laut Städtetag über satte Gewerbesteuereinnahmen freuen. Eher schwach sei dagegen die Entwicklung in Städten und Regionen mit hoher Arbeitslosigkeit und schwacher Wirtschaftsleistung. Dazu zählten die neuen Bundesländer, das Ruhrgebiet, das Saarland sowie einzelne Regionen in Norddeutschland.
Tiefensee plant Investitionspakt mit Ländern und Kommunen
Besorgt äußerte sich der Städtetag über zunehmende kommunale Ausgaben für Wohnkosten der Bezieher von Arbeitslosengeld II. Allein 2006 seien diese Ausgaben um rund 14 Prozent gestiegen. Bemerkenswert sei, dass die Zahl der so genannten Bedarfsgemeinschaften gestiegen sei, in denen viele Hilfsbedürftigen zwar erwerbstätig seien, aber keinen Anspruch auf Wohngeld hätten. Dieser Strickfehler müsste beseitigt und der Wohngeldanspruch ausgeweitet werden. Insgesamt stiegen die Sozialleistungen der Kommunen 2006 um 5,3 Prozent auf 37,3 Milliarden Euro. Für dieses Jahr ist eine Steigerung um 2,9 Prozent auf 38,4 Milliarden Euro vorgesehen.
Tiefensee appellierte an die Kommunen, ihre neuen finanziellen Spielräume klug zu nutzen. Sie sollten in Schulen, Kindergärten, öffentliche Gebäude und in die kommunale Infrastruktur investieren. Der SPD-Politiker verwies auf das CO2-Gebäudesanierungskonzept, das 5,6 Milliarden Euro für verbilligte Kredite bereitstelle und damit Investitionen von 20 Milliarden Euro auslösen könne.
Tiefensee forderte eine gemeinsame Kraftanstrengung von Bund, Ländern und Gemeinden, um noch mehr zur Verbesserung der CO2-Bilanz und für das Wachstum der Bauwirtschaft zu tun. Deshalb habe er zusammen mit Vizekanzler Franz Müntefering für kommenden Donnerstag zu einem Spitzentreffen eingeladen, um Möglichkeiten für eine Investitionspakt auszuloten.